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Nachricht vom 04.09.2010    

650 Jahre städtische Rechte in Liebenscheid

An diesem Wochenende feiert der kleine Ort Liebenscheid im Hohen Westerwald seine 650-jährige Stadtgeschichte. Am Freitagabend begann die offizielle Feier mit zahlreichen Grußworten und einem Festvortrag von Wolfgang Gerz. Am Samstag und Sonntag geht die Feier mit einer Ausstellung und einem Historischen Markt weiter.

Ortsbürgermeister Hans Dieter Widerstein freute sich, dass so viele Zuschauer in die Liebenscheider Mehrzweckhalle gekommen waren. Fotos: Julia Tielmann

Liebenscheid. Der kleine Ort Liebenscheid hoch oben im Hohen Westerwald soll eine Stadt sein? Darüber wundern sich derzeit viele Westerwälder, zählt die Gemeinde doch nur rund 1000 Einwohner. Dennoch ist es wahr: Dem Ort Liebenscheid und seinem Nachbarort Weißenberg wurden im Jahr 1360 die Stadtrechte verliehen. Das ist nun 650 Jahre her – Grund für eine gebührende Feier. Das ganze Wochenende feiern die Liebenscheider ihre Stadtgeschichte.

Am Freitagabend stand der offizielle Beginn der Feierlichkeiten auf dem Programm. Wolfgang Gerz, der auch die Ortschronik zum Jubiläum geschrieben hat, hielt einen Festvortrag zur Stadtgeschichte Liebenscheids. Gegründet wurde die Gemeinde vermutlich bereits zwischen dem 5. und 9. Jahrhundert, erstmals erwähnt wurde sie allerdings erst im Jahr 1341. Kaiser Karl IV. verlieh Liebenscheid und Weißenberg schließlich im Jahr 1360 die städtischen Rechte und räumte den beiden Gemeinden damit die gleichen Privilegien wie der Stadt Wetzlar ein. Liebenscheid zählte damals rund 300 Einwohner. Dass sich Liebenscheid nicht zu einer Großstadt entwickelt habe, hänge mit den Herrschern, aber auch mit der politischen und geografischen Lage der jungen Stadt zusammen. Gerz berichtete, dass die Grafen äußerst verschwenderisch mit finanziellen Mitteln umgegangen seien. Der kurzen Blütezeit des Ortes folgte ein rasanter Niedergang. Im Laufe der Jahrhunderte erlebten die Liebenscheider Bürger viel Elend. Kriege und Hungersnöte zogen einher. Den Dreißigjährigen Krieg (1618 bis 1648) hatten lediglich elf Liebenscheider Familien überlebt. Auf Grund der großen Armut und des Hungers wanderten ab Ende des 18. Jahrhunderts einige Familien nach Amerika aus. Seit 1816 gehörte der Ort zum Herzogtum Nassau, nach der Reichseinigung im Jahr 1871 zum Königreich Preußen. Im Ersten sowie im Zweiten Weltkrieg verloren die Liebenscheider zahlreiche Mitbürger. Ab den 50er Jahren veränderte sich der Ort vollkommen. Wirtschaftlicher Wohlstand zog ins Land. War Liebenscheid bis dahin fast ausschließlich von Landwirtschaft geprägt, zogen nun zunehmend die Bürger in die Nachbarstädte, um dort Geld zu verdienen. Die Viehwirtschaft wurde langsam abgeschafft. Der Weg zu einer modernen Gemeinde war geebnet und er kam für manche schneller als gewünscht. „Generationen unserer Vorfahren haben von unserem Leben geträumt“, schloss Gerz seinen teils sehr gesellschaftskritischen Vortrag. „Die ‚gute alte Zeit‘ gibt es nicht. Daher sollten wir sie uns keinesfalls zurückwünschen.“ Im Gegenteil, man solle aus der Vergangenheit Lehren für die Zukunft ziehen.



Neben den Worten zur Stadtgeschichte überbrachten auch Persönlichkeiten aus Politik und Kirche Glückwünsche an die Gemeinde. Landrat Achim Schwickert überreichte Ortsbürgermeister Hans Dieter Widerstein einen Scheck. Verbandsbürgermeister Werner Daum erzählte einige Anekdoten und auch die beiden Kirchenvertreter Liebenscheids beglückwünschten die Gemeinde. Schirmherr der Feierlichkeiten ist Joachim Fuhrländer, Vorstandsvorsitzender der Fuhrländer AG. Umrahmt wurden die kurzen Reden mit Musikstücken des Team Wolfs und der örtlichen Chöre. Nach einem Gedicht auf Lejwerschder Platt sang der mit hunderten Besuchern gefüllte Festsaal „Westerwald wie bist du schön“.

Am Samstag und Sonntag gehen die Feierlichkeiten mit der Eröffnung der Ausstellung „Liebenscheid in seiner Geschichte“ im Dorfgemeinschaftshaus weiter. Am Samstag gibt es um 18 Uhr einen Festgottesdienst in der evangelischen Kirche. Um 19 Uhr kann man mit dem Nachtwächter durch die alte Stadt wandern und dabei Interessantes erfahren. Der Sonntag geht mit einem Historischen Markt rund um die Kirche los. Handwerker und Händler werden ihr Können präsentieren. Am Sonntag kann natürlich auch die Ausstellung zur Stadtgeschichte besucht werden. Für musikalische Unterhaltung und das leibliche Wohl ist bestens gesorgt. Auch die Ortschronik „1360 – 2010. 650 Jahre Stadtrechte Liebenscheid“, die Wolfgang Gerz verfasste, kann für einen Umkostenbeitrag von 6 Euro erworben werden. (jut)


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