Werbung

Nachricht vom 19.08.2020    

Landgericht: Gewerbliche Nutzung von Wohneinheiten im horizontalen Gewerbe?

Darf in einer zu Wohnzwecken genutzten Wohnungseigentumsanlage dem horizontalen Gewerbe nachgegangen werden? Diese Frage hatte die 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz zu entscheiden.

Symbolfoto

Koblenz. Zum Sachverhalt: Die Klägerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft einer Wohnanlage in Bahnhofsnähe, in der sich 45 Wohneinheiten und elf Gewerbeeinheiten befinden. Nach der Gemeinschaftsordnung dieser Wohnanlage ist in der Wohnanlage die Nutzung der besagten Wohneinheiten nur zu Wohnzwecken gestattet. Ihre Nutzung zum Zwecke der Ausübung eines Gewerbes darf nur mit schriftlicher Zustimmung des Verwalters erfolgen. Diese Zustimmung darf der Verwalter nach der Gemeinschafts-ordnung nur aus wichtigem Grund verweigern.

Die Beklagte ist die Sondereigentümerin zweier Wohneinheiten. In einer der beiden Wohneinheiten, einer Drei-Zimmer-Wohnung, wird unstreitig der Wohnungsprostitution nachgegangen. Diese wird im Internet beworben. Hierbei wird auch das konkrete „Appartement“ angegeben. Eine Zustimmung des Verwalters zur Prostitutionsausübung in der Wohnung liegt nicht vor.

Erstinstanzlich hatte das Amtsgericht der Beklagten die Nutzung des Sondereigentums zur Ausübung der Prostitution untersagt. Hiergegen legte diese Berufung ein, da es sich um eine „diskrete“ Prostitutionsausübung handele, die in Bahnhofsnähe zulässig sei.

Die Entscheidung:
Die 2. Zivilkammer hat die Berufung für offensichtlich unbegründet erachtet und zurückgewiesen.

Sie erkennt zwar an, dass nach § 13 Abs. 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) jeder Wohnungseigentümer mit der in seinem Sondereigentum stehenden Wohnung nach Belieben verfahren kann, allerdings ist dieser uneingeschränkten Nutzung durch § 14 Nr. 1 WEG eine Grenze gesetzt. Nach dieser Vorschrift ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von seinem Sondereigentum nur so Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem anderen Wohnungseigentümer über das beim Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil entsteht.



Einen solchen Nachteil sieht die Kammer bei einer Nutzung einer Wohneinheit für die Ausübung der Prostitution hier. Deshalb ist eine solche nicht genehmigte Nutzung in dieser Wohnanlage zu unterlassen. Auch ist der Verwalter nach Ansicht der Kammer nicht verpflichtet, eine Zustimmung zu der Nutzung zu erteilen. Ein wichtiger Grund zur Verweigerung der Zustimmung durch den Verwalter liegt hier - so die Kammer - vor, da die Ausübung der Prostitution eine unzumutbare Beeinträchtigung anderer Hausbewohner befürchten lässt. Es handelt sich um eine offen im Internet mit ausdrücklicher Nennung der Adresse beworbene Prostitutionsausübung.

Diese sieht die Kammer auch anders als die Beklagte nicht als diskret an. Vielmehr sind der spärliche Bekleidungsstil der Prostituierten und deren Verhalten wie auch der regelmäßige Verkehr von wechselnden Freiern in der Wohnanlage offen sichtbar. Außerdem berichteten Zeugen erstinstanzlich davon, dass schon im Haus befindliche Freier bei ihnen an der Wohnungstür klopften und nach den Prostituierten fragten. Dies ist - so die Kammer - eine Belastung für die Hausgemeinschaft, schadet dem Ansehen der Wohnanlage, mindert daher den Wert der Sondereigentumseinheiten und erschwert deren Vermietung. Dies ordnet die 2. Zivilkammer in der Gesamtschau als nicht hinzunehmenden Nachteil für die anderen Eigentümer und Bewohner der Wohnanlage ein.

Landgericht Koblenz – 2 S 53/19 WEG – Beschluss vom 17.06.2020 (rechtskräftig)



Anmeldung zum WW-Kurier Newsletter


Mit unserem kostenlosen Newsletter erhalten Sie täglich einen Überblick über die aktuellen Nachrichten aus dem Westerwaldkreis.

» zur Anmeldung



Aktuelle Artikel aus der Region


Erfolge für Westerwälder Schüler beim Wettbewerb "Mathematik ohne Grenzen"

Neuwied/Montabaur. Schüler des Werner-Heisenberg-Gymnasiums Neuwied erzielten große Erfolge beim Teamwettbewerb "Mathematik ...

Westerwälder Rezepte: Pikantes Geschnetzeltes mit fruchtiger Soße

Dierdorf. Wer das Essen nicht so scharf mag, gibt weniger Currypaste dazu.
Zutaten für 2 Portionen:
250 Gramm Geschnetzeltes
1 ...

Kindliche Kopfverletzungen: Trostpflaster oder Krankenhaus?

Siegen. Denn: Pro Jahr kommen in Deutschland bei circa fünf Millionen Unfällen Kinder zu Schaden. Die meisten dieser Unfälle ...

2. Aktualisierung: Brand in der Friedrich-Schweitzer-Schule in Westerburg

Westerburg. Feuerwehren im Großeinsatz: Um exakt 14.18 Uhr alarmierte die Leitstelle die Feuerwehren aus Westerburg, Gershasen, ...

Ginsterblütenwanderung rund um das Kloster Marienthal

Marienthal. Während der Wanderung umsäumen Blüten in gelber Farbenpracht die vielen urigen Pfade, die auf dieser Tour bewandert ...

Zugverkehr beeinträchtigt - Verspätungen und Ausfälle möglich

Region. Am 14. Mai um 15.30 Uhr begannen Reparaturarbeiten an der Bahnstrecke zwischen Porz (Rhein), Schladern (Sieg) und ...

Weitere Artikel


Trickdiebstahl durch unbekannten Mann

Montabaur. Auf dem Parkplatz eines Baumarktes im Gewerbegebiet "Alter Galgen" wurde ein 53-jähriger Kunde durch einen bislang ...

Neuer Rückerother Pfarrer vertraut auf Gottes Wege

Rückeroth. Als Jugendlicher kann er es sich freilich noch nicht vorstellen, irgendwann einmal im Auftrag des Herrn unterwegs ...

Persönliche Notfallvorsorge – planen Sie rechtzeitig voraus………

Rennerod. Die Liste möglicher Szenarien ist lang und zeigt im Wesentlichen auf, dass man sich mit Bedacht darauf vorbereiten ...

Konstruktive Gespräche in Selters

Selters. In diesem Zusammenhang fand jüngst ein ebenso intensives wie konstruktives Gespräch mit Vertretern des Verwaltungsrates, ...

Westerwälder Rezepte: Mirabellen-Quarktorte mit Streuseln

Zurzeit reifen Mirabellen. Gut gekühlt, schmeckt die Mirabellen-Quarktorte mit Streuseln fruchtig-fein.

Zutaten:
800 ...

Sport-Inklusionslotsen: Damit jeder Mensch Sport ausüben kann

Altenkirchen. Sie sind Ansprechpartner für Menschen mit und ohne Behinderungen, für Vereine und Verbände sowie für Institutionen ...

Werbung