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Nachricht vom 25.12.2019    

Buchtipp: „Ich lerne nur das, was mir Spaß macht!“ von Roland Leonhardt

Von Helmi Tischler-Venter

Das titelgebende Zitat des deutschen Physikers Albert Einstein täuscht: Albert war ein guter Schüler, nicht der Sitzenbleiber, der sich als Genie entpuppte. Allerdings war er von schwierigem Charakter und seiner Hauslehrerin gegenüber sehr aggressiv und jähzornig. Aber er spielte erst, wenn alle Hausaufgaben erledigt waren, dadurch war er Klassenbester und galt als Streber. Um den schwierigen Schüler los zu werden, wurde ihm bestätigt, dass er ein ganz hervorragender Schüler sei und Einstein verließ das Münchener Gymnasium. Sein Abitur machte er später in der Schweiz.

Buchtitel. Foto: Verlag

Dierdorf/Oppenheim. Roland Leonhardt recherchierte die Schulkarrieren berühmter Menschen. Der jüngste Prominente ist der 1982 in China geborene Pianist Lang Lang, ein „Klaviervirtuose mit Kriegerseele“, dessen Interesse an der westlichen Kultur mit den beiden Comic-Figuren Tom und Jerry begann. Zeitgenosse ist außerdem Martin Schulz, der einst beschloss, eine Mathematikaufgabe einfach nicht zu lösen. Später hielt er sich an die Ratschläge seiner Vorbilder Willy Brandt und des Aachener Buchhändlers, bei dem er seine Ausbildung machte. Jürgen von der Lippe war ein beliebter Schüler mit Dachschaden und dem verstärkten Wunsch nach Selbstdarstellung. Gerhard Schröder war in der Volksschule ein guter Schüler mit Durchsetzungswillen und Siegermentalität. Er machte eine Ausbildung zum Kaufmann, hatte jedoch das Ziel eines höheren Bildungsabschlusses immer vor Augen. Er kämpfte sich durch bis zum Jura-Studium, dabei untermauerte er seine Klausurarbeiten durch gute Argumente. Da es ihn in die Politik zog, engagierte Schröder sich in der Partei und brachte es bis zum Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland.

Die übrigen Prominenten sind alle mehr oder weniger lange verstorben: vom kürzlich verstorbenen Karl Lagerfeld bis zu Alfred Krupp, der von 1812 bis 1887 lebte. Der kanadische Pianist und Komponist Glenn Gould spielte, gefördert von seiner Mutter, lieber Beethoven als Baseball. Sein Leben lang blieb er ein Außenseiter. Die Schulzeit des großen Schriftstellers Thomas Bernhard war aus seiner Sicht ein einziges Desaster. Hildegard Knef wurde sogar von ihrer NSDAP-strammen Lehrerin gedemütigt.

In Großbritannien fand der kleine Peter Ustinov die Preparatory School vergnüglich, wurstelte sich anschließend durch die ungeliebten Fächer Physik, Chemie und Mathematik am Gymnasium, bis er an der Schauspielschule aufblühte. Die französische Sängerin Edith Piaf war das Kind eines Zirkuskünstlers, der mit seinem Wohnwagen von Ort zu Ort zog. Edith wuchs bei einer Tante in deren einschlägigem Etablissement auf. Die Musik aus dem mechanischen Klavier dieses Hauses beeinflusste wohl Piafs Musik. Da Schule nicht ihr Ding war, zog sie singend durch die Straßen von Paris. Aus dem Kind, das quasi auf er Straße lebte, das weder eine richtige Familie kannte, noch über eine gründliche Schulbildung verfügte, wurde der beliebte und bewunderte Spatz von Paris.



Die unterschiedlich verlaufenen Schulkarrieren sind oft der Herkunft geschuldet. Die späteren Karrieren strafen häufig die Einschätzungen von Eltern und Lehrern Lüge. Dem Manager Berthold Beitz testierte ein Lehrer „im Ganzen genügend“. Der Schüler blieb in der Obersekunda sitzen und schaffte trotzdem das Abitur. Nach seiner Bankkaufmannsausbildung wurde er Top-Manager des Krupp-Konzerns.

Die Chefredakteurin und Herausgeberin der „Zeit“, Marion Gräfin Dönhoff, der irische Schriftsteller und Dramatiker Samuel Beckett, die Kabarettistin, Autorin und Schauspielerin Erika Mann und der Dramatiker und Dichter Bertolt Brecht gehören ebenso zu den Portraitierten wie die Schriftsteller Erich Kästner, Carl Zuckmayer Hans Fallada und Kurt Tucholsky.

Carl Brandt, der nach der Schule zum erfolgreichen Zwiebackbäcker avancierte, die ebenso kreative und entschlossene Modedesignerin Coco Chanel und die Hausfrau und Erfinderin Melitta Bentz sind Beispiele für Erfolg durch die Verbindung von Erfindergeist und praktischem Geschick.

Die Geistesarbeiter sind im vorliegenden Band in der Mehrheit: Franz Kafka, Stefan Zweig, Alfred Döblin, Robert Walser, Hermann Hesse, Rainer Maria Rilke, Thomas Mann, Else Lasker-Schüler, Herrmann Löns und Gerhart Hauptmann zum Beispiel hatten alle in oder mit der Schule Probleme. Insgesamt sind 50 Persönlichkeiten in kurzen Geschichten beschrieben.

Der Autor stellt in seinem Vorwort fest: „Schnell wird klar: Schule ist zwar kein Zuckerschlecken – damals wie heute -, aber auch die schlechten Noten müssen kein dauerhaftes Unglück sein. Bildung ist nicht nur eindimensional und eingleisig als Wissensbildung zu sehen. Nicht nur ein guter Notendurchschnitt und eine gute Hochschulbildung zeichnen einen Menschen aus. Zu einer ausgereiften Persönlichkeit gehören auch Empathie und soziale Verantwortung, Der Volksmund nennt das Herzensbildung; in seiner modernen Übersetzung als „emotionale Intelligenz“ ist diese heute mehr denn je gefragt.“ Das kann nicht oft genug bewusst gemacht werden. Insofern ist das Buch nicht nur unterhaltsam sondern auch bildsam.

Die Schülergeschichten berühmter Menschens ind im Nünnerich-Asmus Verlag & Media in Oppenheim erschienen, ISBN 978-3-96176-079-4. htv



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