Nister-Projekt "INTASAQUA": Offizieller Start in Stein-Wingert
Von Helmi Tischler-Venter
Die Bewilligung des Projektes „Integrativer Artenschutz aquatischer Verantwortungsarten in der Nister (INTASAQUA)" ist kürzlich vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) beim Landkreis Altenkirchen eingegangen. Zusammen mit den Kooperationspartnern, dem Westerwaldkreis, den anliegenden Verbandsgemeinden, der Universität Koblenz und der Arge Nister wurden die Projektmodule am 25. November auf Einladung der betreuenden Kreisverwaltung Altenkirchen in Stein-Wingert vorgestellt.
Stein-Wingert. Eine Besonderheit ist die grenzübergreifende Zusammenarbeit vieler unterschiedlicher Gruppierungen zum Nutzen der Nister. Landrat Dr. Peter Enders wies darauf hin, dass beim Artenschutz an Vögel und Säugetiere gedacht, aber der Artenschutz im Wasser oft vergessen wird.
Projektleiterin Christiane Schuler von der Unteren Wasserbehörde des Kreises, erläuterte „die Umsetzung eines lebensraumbezogenen und integrativen Ansatzes für den Gewässer- und Habitatschutz. Solch ein Ansatz zielt auf die Erhaltung und Entwicklung gesamter Lebensräume sowie deren Lebensgemeinschaften und nicht allein auf den Schutz einer einzelnen Art. So werden die häufig getrennt betrachteten Schutzansätze ‚Biotopschutz‘ und ‚Artenschutz‘ verbunden. Es werden auf diese Weise zahlreiche Arten einbezogen, deren Bestände direkt und indirekt gefördert werden. Durch die Beteiligung der Gewässerbewirtschafter, Nutzer, Anlieger und Wissenschaftler an der Konzeption und Umsetzung sollen Effektivität und Akzeptanz sichergestellt werden.“ Regional ziele das Vorhaben – neben einer kurzfristigen Stabilisierung der Verantwortungsarten und der streng geschützten Arten wie Flussperlmuschel, Bachmuschel, Barbe oder Nase – auf eine nachhaltige Verbesserung der gesamten Lebensraumqualität zur Erhaltung der hohen Artenvielfalt in der Nister ab. Der Schutz der Flussperlmuschelpopulation hat dabei sogar bundesweite Bedeutung: Da es sich um den letzten Bestand des Rheinclusters handelt, würde ein Aussterben dieser Population zu einer deutlichen Reduktion des deutschen Arten-Genpools führen.“
Ein umfassendes Sanierungskonzept sieht neben einer intensiven Öffentlichkeitsbeteiligung und einer wissenschaftlichen Begleituntersuchung die Entwicklung des direkten Gewässerumlandes vor. Des weiteren sollen gewässerinterne Strukturen verbessert werden und alte Wiesengräben zur Schaffung weiterer Lebensräume wieder geöffnet werden. Anders als bei klassischen Renaturierungsprojekten geht es hier nicht um die Verbesserung der Gewässerstruktur allein, sondern um eine ganzheitliche Steigerung der Lebensraumqualität. Die beinhaltet insbesondere die Sauerstoffversorgung des Gewässerbodens, da dieser von vielen Arten zur Aufzucht der Jungtiere benötigt wird.
„Regelmäßig endet der Naturschutz an der Gewässeroberfläche. Der Gedanke, dass die Fließgewässer die Lebensadern im Naturhaushalt sind, ist zum größten Teil verloren gegangen. Das gilt auch für das Wissen um die Arten, die darin leben und leben müssen, weil durch sie die Selbstreinigungskraft des Gewässers erhalten bleibt“, erläuterte Manfred Fetthauer von der Arge Nister.
Im nächsten Jahr soll die wissenschaftliche Begleituntersuchung durch die Universität Koblenz/Landau und die Technische Universität München beginnen. Bis September 2022 wird das Projekt INTASAQUA mit einem Finanzvolumen von 1,2 Millionen Euro nun durchgeführt. Das Bundesamt für Naturschutz trägt zwei Drittel der Kosten. „Die Durchführung dieses Projektes ist nur durch eine enge Kooperation zwischen dem Landkreis Altenkirchen, dem Westerwaldkreis, der Universität Koblenz, der Arge Nister, der SGD Nord sowie einem breiten Netzwerk von Nister-Interessierten möglich“, unterstrich der Altenkirchener Landrat Dr. Peter Enders.
PD Dr. Carola Winkelmann von der Universität Koblenz Landau betonte noch einmal die Bedeutung der vom Aussterben bedrohten Flussperlmuschel, die in der an der Fuchskaute entspringenden Nister genetisch isoliert vorkommt. Auch eine Restpopulation der stark gefährdeten Bachmuschel muss geschützt und zur Fortpflanzung gebracht werden. Gefährdungsursachen sind Verstopfung des Bachbetts und zunehmendes Veralgen von Kiesbänken und Brutstätten. Am Oberlauf ist eine strukturelle Degradation durch Viehzucht bis an die Ränder und unbefriedigende Gewässerqualität zu verzeichnen.
Projektgebiet ist das gesamte Maßnahmengebiet im Einzugsbereich der Nister. Durch Umlandentwicklung mittels Flächenkäufe, Bepflanzungen und Nutzungsänderungen sollen Feinsedimenteinlagerungen verringert und relativ breite Korridore geschaffen werden.
Die Bevölkerung soll in die Maßnahmen einbezogen werden, damit eine breite Akzeptanz dem Fluss zugutekommt. Gedacht ist an Kooperation mit Kindergärten und Schulen sowie ortsansässigen Ornithologen. Die Kommunalpolitiker waren sich einig, dass ohne ehrenamtliche Mitarbeiter wie Manfred Fetthauer das Projekt keinen Bestand hätte. In Stein-Wingert ist die Fischlebensgemeinschaft positiv, weil die Arge Nister Schutzmaßnahmen ergriffen hat. Der Blick von der Nisterbrücke zeigte zwischen den sauerstofffördernden Wehren mit Fischtreppen große Populationen von Barben und Nasen sowie einige algenfreie Lachslaichplätze.
Fetthauer hoffte, dass durch die Förderung der Nister, die „von allem noch etwas hat“, auch andere Gewässer profitieren können. Die Bedeutung der Gewässer müsste wieder mehr hervorgehoben werden, denn Wasser ist die Grundlage allen Lebens. Das Ziel sei, dass bis 2022 der Westerwald in die Wasserrahmenrichtlinie hinkriegt und das an der Nister erworbene Wissen auf Wied und Sieg ausgeweitet wird. htv
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