Werbung

Nachricht vom 27.08.2019    

Religion und Politik unter dem Grundgesetz

Im Rahmen der Aktionsreihe des Evangelischen Dekanats Westerwald „Unser Grundgesetz: 70 Jahre unantastbar“ hat der evangelische Theologe und Publizist Dr. Martin Schuck aus Speyer, im Karl-Herbert-Haus in Westerburg, über das Verhältnis zwischen Staat und Kirche gesprochen.

Dr. Martin Schuck spricht im Karl-Herbert-Haus über die Herleitung des gegenwärtigen Staat-Kirche-Verständnisses und dessen Zukunft. Fotos: Sabine Hammann-Gonschorek

Westerburg. Schuck erläuterte, dass die Entwicklung zu unserem heutigen Grundgesetz schon vor rund hundert Jahren, zum Ende des deutschen Kaiserreichs begann. Ab dann gab es keine Staatskirche mehr und für den Staat deshalb auch kein, mit der Kirche in Verbindung stehendes, Staatsziel. Dennoch griff der säkuläre Staat, trotz seiner grundlegenden Trennung von Religion und Politik, auf vorhandene Traditionen zurück, was beispielsweise die Sonntagsruhe deutlich mache, sagte Schuck.

Das führte zu einer Sinnkrise des säkulären Staates, mit der sich der Verfassungsrechtler Ernst-Wolfgang Bockenförde beschäftigte. Der Katholik Bockenförde versuchte die Legitimation des säkulären Staates neu zu denken, indem er den Staat in die göttliche Seinsordnung integrieren wollte, wie Dr. Schuck ausführte. Im Klartext heiße das, das der säkuläre Staat eine spezifische Form des christlichen Staates sei, der nicht direkt das Christentum zu Paragraphen des Staatsrechts macht, sondern sittliche Werte. Damit gemeint sei ein irgendwie gearteter Gemeinschaftsgeist, der der modernen Individualität entgegenwirke, erläuterte Dr. Schuck.

In einer Gesellschaft, die sich vollkommen unter dem Dach des Staates begreife und nach Regelung durch den Staat rufe, werde die Stellung der Kirchen dennoch immer stärker in Frage gestellt, sagte Schuck. Für die Kirchen ergebe sich eine nicht leicht zu lösende Aufgabe für die Zukunft. Sie müssten ihre gegenwärtige staatskirchenrechtliche Stellung konstruktiv nutzen, um in Zukunft, etwa in Fragen des konfessionellen Religionsunterrichtes, der theologischen Ausbildung an den Universitäten, der Diakonie als staatlichen Wohlfahrtsverband oder anderen in Zusammenarbeit mit dem Staat zu leistenden Aufgaben, neue Wege zu gehen.




Stellenanzeige

img



Im Anschluss an den Vortrag stellten die interessierten Zuhörer zahlreiche Nachfragen zum Entstehen von Säkularität unter verschiedenen religiösen Staatsformen, dem Zusammenhang von evangelischem Glauben und dem Sittlichkeitsbegriff, dem Freiheitsgedanken im modernen Staat und dem Einfluss der Meinungsäußerung im Internet.

In seiner Reihe zum Grundgesetz lädt das Dekanat zu Veranstaltungen ein, die fragen, wie wichtig die Verfassung nach sieben Jahrzehnten noch ist und was die bleibenden Werte in einer sich wandelnden Gesellschaft sind. Im Rahmen der Aktionsreihe hat im Karl-Herbert-Haus auch ein Filmabend stattgefunden, der sich mit Elisabeth Selbert, einer der Mütter des Grundgesetzes, auseinandersetzt. Dem Engagement von Elisabeth Selbert ist es in großen Teilen zu verdanken, dass die Gleichberechtigung von Mann und Frau in der gegenwärtigen Form in der Verfassung verankert wurde.

Mit einem Gottesdienst am 8. September um 10 Uhr in der Schlosskirche in Westerburg schließt die Reihe des Evangelischen Dekanats zum Grundgesetz. Er wird von Dekan Dr. Axel Wengenroth geleitet, der zum Verhältnis von Kirche, Staat und moderner Gesellschaft sprechen wird. (shg)


Lokales: Westerburg & Umgebung
Feedback: Hinweise an die Redaktion

.: Neu bei Instagram :. => @kuriere_news

Weitere Bilder (für eine größere Ansicht klicken Sie bitte auf eines der Bilder):
   

Anmeldung zum WW-Kurier Newsletter


Mit unserem kostenlosen Newsletter erhalten Sie täglich einen Überblick über die aktuellen Nachrichten aus dem Westerwaldkreis.

» zur Anmeldung



Aktuelle Artikel aus Region


Neuer Facharzt für Orthopädie im Westerwald: Dr. Julian Doll verstärkt das MVZ-Team

Das Medizinische Versorgungszentrum Westerwald (MVZ) bekommt Verstärkung: Ab dem 1. November 2025 wird ...

Integration mit Schere und Kamm in Koblenz: Sharvan Hamikos Weg zum Friseursalon-Besitzer

Sharvan Hamiko floh im Alter von 16 Jahren aus Syrien nach Deutschland, ohne Deutschkenntnisse und mit ...

Zuhause ist, wo Heu duftet: Suna und Sandra suchen ihren Hof

Wenn die Tierpfleger das Katzenhaus betreten, hören sie manchmal nur das leise Tippen kleiner Pfoten. ...

Wiesensee erwacht 2027 wieder - Café Seewies bleibt

Seit fast drei Jahren ist der Wiesensee bei Westerburg bereits ohne Wasser. Davon betroffen sind auch ...

Vogelgrippe-Verdacht im Westerwaldkreis: Maßnahmen und Empfehlungen

Im Westerwaldkreis wurden mehrere tote Kraniche entdeckt, die möglicherweise an der Vogelgrippe erkrankt ...

Freiwillige Feuerwehr Hof wurde stolze 100 Jahre alt

Ein besonderes Jubiläum konnte die Freiwillige Feuerwehr Hof feiern. Die Wehr besteht seit 100 Jahren. ...

Weitere Artikel


Bogensport im Westerwald: „Nock a Block“ in Hachenburg

Abwechslungsreiches Bogenschießen: Das ist das Motto der Westerwaldliga. Die 7. Wertungsrunde der Liga ...

Naturschutzinitiative (NI) lädt zum letzten Bibersonntag ein

Die „Biber-Sonntage“ der Naturschutzinitiative e.V. (NI) vermitteln den Teilnehmern spannende Eindrücke ...

Familientag am Quendelberg

Luna Heinrich, Laura Ludwig und Laura Frank sind die Initiatorinnen der „Helfertruppe“ des Mons-Tabor-Gymnasiums. ...

Angebranntes Essen sorgte für Feuerwehreinsatz

Am Montag, 26. August, wurden die freiwilligen Feuerwehren aus Hachenburg und Müschenbach, gegen 21.20 ...

40. Geburtstag des Musikvereins Luckenbach

Vom 30. August bis zum 1. September ist es soweit, dass die Musikerinnen und Musiker des Musikvereins ...

Boulevard-Komödie par excellence

Mit "In der Klemme", ihrer jüngsten Inszenierung, liefert das „Petermännchen-Theater“ einen ganz großen ...

Werbung