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Nachricht vom 20.08.2019    

Kreuzfahrt: 81-Jähriger zu Unrecht nicht an Bord gelassen

Das Landgericht Koblenz hat sich im vorliegenden Fall als Berufungsgericht mit der Frage beschäftigt, ob ein 81-jähriger Passagier, der für vier Tage ein Kreuzfahrtschiff zur Behandlung einer Lungenerkrankung verlassen hat, zu Recht nicht wieder an Bord gelassen wurde. Zuvor hatte das Amtsgericht Westerburg den Fall verhandelt.

Symbolfoto

Westerburg. Zum Sachverhalt:
Ein 81-jähriger Mann, der Kläger, buchte zusammen mit einer Begleiterin im März 2017 eine Kreuzfahrt von Singapur nach Barcelona. Nach Antritt der Reise erkrankte der Kläger in Penang an einer Lungenerkrankung (COPD). Diese Erkrankung musste vier Tage auf einer Intensivstation in einem Krankenhaus in Penang behandelt werden. Anschließend flog der Kläger zusammen mit seiner Begleiterin dem Kreuzfahrtschiff nach Mumbai nach, um wieder an Bord zu gelangen und die Reise fortzusetzen. In Mumbai wurde ihm jedoch von dem anwesenden Schiffsarzt der Zutritt zu dem Kreuzfahrtschiff wegen einer zwischenzeitlich an Bord aufgetretenen Influenzaerkrankung unter Hinweis auf gesundheitliche Risiken bei dem Kläger verweigert.

Dem Kläger blieb nichts anderes übrig, als die Heimreise anzutreten. Nunmehr verlangt der Kläger für sich selbst und aus abgetretenem Recht für seine Begleiterin von der Reiseveranstalterin mit Sitz in Kroppach (Westerwald) Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit. Das Amtsgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben und die beklagte Reiseveranstalterin zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1275,70 Euro verurteilt. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung und begehrt Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts sowie Abweisung der Klage.

Die Entscheidung:
Der Auffassung des Amtsgerichts hat sich das Landgericht Koblenz in seinem Hinweisbeschluss vom 9. Juli 2019 angeschlossen, woraufhin die beklagte Reiseveranstalterin die Berufung zurückgenommen hat. Nach den Feststellungen des Landgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 651 f Abs. 2 BGB in der zum Zeitpunkt des Schadenseintritts geltenden Fassung zu. Danach ist dem Kläger durch den Schiffsarzt die Weiterreise zu Unrecht untersagt worden. Nach einem gerichtlich eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten war der Kläger nämlich nach Entlassung aus dem Krankenhaus vollständig genesen. Die Gefahr einer Ansteckung mit der an Bord ausgebrochenen Influenza war nicht größer, als bei anderen Passagieren auch. Hinzu kommt, dass der Kläger eine Grippeschutzimpfung hatte.

Die insoweit fehlerhafte Einschätzung des Schiffsarztes, den Kläger nicht wieder an Bord zu lassen, ist der Reiseveranstalterin zuzurechnen. Der Schiffsarzt hat im konkreten Fall nämlich stellvertretend für den Kapitän des Schiffes das Verbot ausgesprochen. Anders als grundsätzlich im Reisevertragsrecht vorgesehen, war der Kläger auch nicht gehalten, die Beklagte vor Antritt der Rückreise um Abhilfe zu bitten. Eine Abhilfe wäre der Beklagten faktisch nämlich nicht möglich gewesen. Unstreitig hatte die Beklagte vor Ort in Mumbai sowie auf dem Kreuzfahrtschiff keinen Ansprechpartner. Zudem bestand für den Kläger angesichts der nur einige Stunden dauernden Liegezeit des Schiffes im Hafen und einer zusätzlich bestehenden Zeitverschiebung von viereinhalb Stunden nur ein relativ kleines Zeitfenster für eine Kontaktaufnahme mit der Beklagten. Keinesfalls hätte jedenfalls für den Kläger die Zeit gereicht, ein Gesundheitszeugnis eines ortsansässigen Arztes beizubringen, um seine Reisefähigkeit zu bestätigen.



Nicht zumutbar wäre für den Kläger gewesen, dem Kreuzfahrtschiff erneut nachzureisen, um zu einem späteren Zeitpunkt wieder an Bord zu können. Dem Kläger steht deshalb eine angemessene Entschädigung in Geld zu. Das gleiche gilt für die Begleiterin des Klägers, der nicht zuzumuten war, die Reise ohne den Kläger alleine fortzusetzen. Der Höhe nach orientiert sich der Schadensersatzanspruch nach der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofes (sogenannte Malediven-Entscheidung, Urteil vom 11. Januar 2005 zu Aktenzeichen X ZR 118/03) am Reisepreis. Dabei ist für voll entgangene Reisetage eine Entschädigung von 50 Prozent des Reisepreises angemessen, für den Tag des Eintreffens sowie den Abreisetag 20 Prozent, da an diesen Tagen der Erholungseffekt einer Reise ohnehin eingeschränkt ist. Konkret betrug der tägliche Reisepreis 80,73 Euro. Im Ergebnis wurde deshalb dem Kläger und seiner Begleiterin für die verbleibenden 15 Tage der Reise auf dieser Grundlage eine Entschädigung von insgesamt 1.275,70 Euro zugesprochen.

Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch:
§ 651f Schadensersatz (1) Der Reisende kann unbeschadet der Minderung oder der Kündigung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, es sei denn, der Mangel der Reise beruht auf einem Umstand, den der Reiseveranstalter nicht zu vertreten hat. Wird die Reise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt, so kann der Reisende auch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen.
PM Justizmedienstelle des Landgerichts Koblenz


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