Werbung

Nachricht vom 05.05.2019    

Simon Pearce schwarz in Hachenburg

Ein Schwarzer im schwarzen Bayern – sieht man den überhaupt? Zumindest wenn Schnee liegt oder wenn Simon Pearce seine Mütze absetzt und dunkle Schafwolle zum Vorschein kommt. Hören kann man den Unterschied nicht, denn der Münchener spricht gern urbayrisch, auch sonstige Dialekte. „Ich duze Sie.“ Und er imitiert Mitmenschen gekonnt und pointiert. Mit seinen Talenten und Lebenserinnerungen unterhielt der Comedian das Publikum in Hachenburg am Samstagabend (4. Mai) aufs Beste.

Simon Pearce spielte "Allein unter Schwarzen". Fotos: Wolfgang Tischler

Hachenburg. „Keine Schwarzen hier“, stellte Pearce auf der Bühne schnell fest. Dabei ist er nicht schwarz wie sein nigerianischer Vater, sondern nur „immer sonnengebräunt“ durch die genetische Einwirkung seiner blonden Mutter Christiane Blumhoff, in der Familie „die Weiße“ genannt. Die Cappucino-braune Hautfarbe machte dem Spross einer Künstlerfamilie im bayrischen Puchheim das Leben schwer, was nur zum Teil an der Farbe lag, zum Teil auch an dem feministischen Öko-Trip der Mutter mit selbst gebatikten Kleidern und frei schwingenden Brüsten sowie an der alarmierenden Lautstärke der Familienmitglieder und an den Schlachtfesten des Vaters, die potentielle Simon-Freunde vergraulten. Dennoch rettete Beinahe-Freund Berni den Simon später mutig vor neun Neo-Nazis mit schwarzen Springerstiefeln und weißen Schnürsenkeln.

Auf der Suche nach seiner Identität, weil er weder als Weißer noch als „richtiger Neger“ durchging, probierte Simon Pearce die medialen Darstellungen der Schwarzen durch: Es gibt erfolgreiche riesige Basketballer, das scheiterte an der mangelnden Körpergröße. Coole schwarze Gangsta-Rapper bewegen sich schwingend mit angeschossenem Bein und angeschossener Brust mit extrem baggy Hosen unterm Hintern und verstecktem Brustbeutelchen unterm Pulli. Das demonstrierte Pearce hervorragend, doch seine Sprayer-Aktivitäten brachten ihm Hausverbot im Jugendclub ein, nach dem Hausverbot in der katholischen Kirche von Puchheim.



Die Lebensweisheiten des Kollegen Kurti im Wertstoffhof: „Das ganze Geschmerl, was hier bei uns reinschwebt, haben uns Aids, Grippe, Krebs gebracht - und jetzt klauen sie uns die Fernseher weg!“ halfen genauso wenig wie deeskalierende Bemerkungen zu aufgebrachten Türken im Kino. Der Pearce blieb immer der „Affe“. Humor half ihm bei der Krisenbewältigung, aber „die Macht des Wortes“, die ihm sein Vater mitgab, der Politik studiert hatte, erwies sich oft als fatal.

Als Schwarzer in Bayern ist der maximalpigmentierte Schauspieler seit der Pubertät ständig Ziel von Polizeikontrollen. Peinlich nur, wenn man 300 fremde Handies und 200 Geldbeutel im Kofferraum des Dreier-BMWs mitführt. Denn bayrische Polizisten haben keinen Humor.

„Auch Siegener haben nicht so ein Humorverständnis“, meinte der Künstler. Gegen diese Behauptung legte ein Siegener Zuschauer Protest ein. Das fand Pearce gut, denn „Humor ist wichtig! Das Dorf findet immer im Kopf statt.“

Zum Kultursommer-Motto „Heimat/en“ passte der Multi-Kulti-Künstler mustergültig. Kulturzeit-Chefin Beate Macht kündigte stolz für den Sommer einen besonderen Sommerabend auf dem Biohof Mies mit René Marik & The Sugar Horses und ein großartiges Konzert auf dem Alten Markt mit Trettmann und GReeeN an. Der Sommer wird heiß werden in Hachenburg! htv


Lokales: Hachenburg & Umgebung
Feedback: Hinweise an die Redaktion

Weitere Bilder (für eine größere Ansicht klicken Sie bitte auf eines der Bilder):
       
   

Anmeldung zum WW-Kurier Newsletter


Mit unserem kostenlosen Newsletter erhalten Sie täglich einen Überblick über die aktuellen Nachrichten aus dem Westerwaldkreis.

» zur Anmeldung



Aktuelle Artikel aus Kultur


Figurentheater in Hillscheid: Der kleine Maulwurf auf Spurensuche

Am 21. Juni um 16 Uhr verwandelt sich die Alte Schule in Hillscheid in eine Bühne für ein besonderes ...

Industriekultur hautnah erleben - Schülerprojekt an der Sayner Hütte

Schüler der Theodor-Heuss-Schule in Bendorf tauchen ein in die Geschichte der Sayner Hütte. Von Januar ...

Premierenabend der Rommersdorf Festspiele mit Gesang statt "Jedermann"

Ungewohnte Lücken im Publikum der Premierenveranstaltung der Rommersdorf Festspiele am 13. Juni waren ...

Gedenkkonzert für Chaim Taub im Schloss Engers

Ein besonderes Gedenkkonzert zu Ehren von Chaim Taub, dem ehemaligen Konzertmeister des Israel Philharmonic ...

Vadim Neselovskyi bringt "Perseverantia" nach Schloss Engers

Der ukrainische Jazz-Pianist Vadim Neselovskyi präsentiert seine Suite "Perseverantia" im Dianasaal von ...

Anne Gesthuysen liest in Altenkirchen

Am 1. Juli um 19 Uhr wird die Bestsellerautorin Anne Gesthuysen im Theodor-Maas-Haus in Altenkirchen ...

Weitere Artikel


Motorradsegnung in der Abtei Marienstatt

Pater Ignatius hatte zur Segnung der Motorräder und ihrer Fahrer in das Zisterzienserkloster nach Marienstatt ...

Feuerwehr Wirges hat nun Wärmebildkamera

Die Feuerwehr Wirges nimmt ein neues Gerät zur Menschenrettung und Brandbekämpfung in Betrieb. Seit einigen ...

Die Teams von SG Grenzbachtal konnten nicht punkten

Punktlos endete das Wochenende für die SG Grenzbachtal. Alle drei Mannschaften verloren ihre Spiele. ...

Lesetipp: „Asche der Vergangenheit“

Ein Roman mit viel Gefühl und Dramatik über die Kraft der Liebe der Autorin Karin Klasen, die im Westerwald ...

Gespann touchiert, Wohnwagen umgekippt, vier leicht Verletzte

Vier leicht verletzte Personen und hoher Sachschaden waren die Folge eines Unfalls auf der Autobahn in ...

Wanderung um Gelände des geplanten Autohofs Heiligenroth

Der Umweltverband Naturschutzinitiative e.V. (NI) und die Bürgerinitiative „Erhaltet die Natur in unserer ...

Werbung