Kirchenfenster erzählen biblische Geschichten in leuchtenden Farben
Irgendwann erkennt das Auge Menschenmassen, die sich um ein goldenes Kalb sammeln. Einen Mann, der auf eine Wüste blickt. Ein Schiff aus Holz mit Tieren. Einen Tempel, der in Flammen steht. Die neuen Fenster der Evangelischen Kirche Mogendorf erzählen Geschichten: von Flucht, Liebe, Hoffnung, Leid, Glaube. In einem Gottesdienst am 16. September werden die Fenster offiziell vorgestellt.
Mogendorf. Auf den ersten, flüchtigen Blick sind da nur Farben und Linien: Kräftiges Grün, leuchtendes Orange, begrenzt von brüchigen schwarzen Strichen, schattierten Flächen. Irgendwann erkennt das Auge Menschenmassen, die sich um ein goldenes Kalb sammeln. Einen Mann, der auf eine Wüste blickt. Ein Schiff aus Holz mit Tieren. Einen Tempel, der in Flammen steht. Die neuen Fenster der Evangelischen Kirche Mogendorf erzählen Geschichten: von Flucht, Liebe, Hoffnung, Leid, Glaube. Geschichten des Alten Testaments der Bibel, die – wie die Mogendorfer Fenster – ihre Tiefe manchmal erst auf den zweiten Blick offenbaren.
Charaktervoll statt makellos
Lukas Derow heißt der Mann, der die Kunstwerke aus Glas geschaffen hat. Ein in Stuttgart lebender Künstler, der sich mehrere Monate mit den Fenstern beschäftigt hat. „Derow hat sich viele Gedanken über die Motive gemacht, und in den Bildern steckt so viel mehr drin, als beim ersten flüchtigen Hinsehen auffällt“, sagt Pfarrer Michael Rother. Passend zu den akribisch gestalteten Malereien: die Handwerkskunst der renommierten Firma Derix aus Taunusstein, die das Projekt begleitet und eng mit dem Künstler zusammengearbeitet hat. Auffällig ist auch das mundgeblasene Glas, das in antikem Stil gehalten und von vielen Bläschen durchdrungen ist. „So sahen die Fenster in früheren Zeiten auch aus: Charaktervoll statt makellos“, sagt Rother.
Überhaupt: die früheren Zeiten. Die Fenster greifen ausschließlich Motive des ersten Teils der Bibel, des Alten Testamtens, auf. Sie zeigen einen verträumt blickenden Adam neben einer lächelnden Eva; erzählen von Noahs Arche und lassen den Propheten Jeremia sorgenvoll auf den zerstörten Tempel blicken. Kurz: Sie zeigen die Geschichte des Volkes Israel mit Gott. Passt das zu einer christlichen Kirche? Absolut, meint Michael Rother. „Denn die Geschichte Israels ist untrennbar mit dem christlichen Glauben verbunden: Durch Jesus Christus, sein Leben, seinen Tod und die Auferstehung dürfen wir Teil dieser jüdischen Geschichte sein. Die Fenster laden ein zu einer Entdeckungsreise durch die Geschichte und durch den Glauben“ Die Kirche in Mogendorf greift das auf eine besonders schöne Art und Weise auf: in Form einer Christus-Figur, die hinter dem Altar die Arme wie ein Kreuz ausbreitet – und so die beiden Fensterseiten gewissermaßen in die Arme nimmt.
Andenken an jüdisches Gotteshaus
Auch das Gebäude selbst ist untrennbar mit der jüdischen Geschichte verknüpft: Dort, wo heute die Kirche steht, gab es bis 1938 eine Synagoge, die während der Reichspogromnacht zerstört worden ist. Mit den neuen Fenstern will die Gemeinde das Andenken an das jüdische Gotteshaus in Ehren halten.
Dass die Idee überhaupt Wirklichkeit geworden ist, liegt vor allen an der Initiative und einer großzügigen Spende eines Mogendorfer Ehepaares, dem die Geschichte der Kirche eine besondere Herzenssache ist. Die Gesamtkosten aller Renovierungsmaßnahmen inklusive der Fenster- sowie der Streicharbeiten an der Kirche belaufen sich auf rund 130.000 Euro.
Am kommenden Sonntag wird die Kirche nach einem halben Jahr wieder ihre Türen öffnen. Auch während des Festgottesdienstes spielt das Verhältnis zwischen christlichem und jüdischem Glauben eine Rolle: Michael Rother und der Kirchenvorstand freuen sich, dass ein Vertreter der jüdischen Kultusgemeinde in Koblenz ein hebräisches Friedensgebet sprechen wird. Außerdem spielt der Violinist Felix Kuhl aus Montabaur klassische Werke. Nun hofft Pfarrer Rother, dass die Fenster das Interesse an den biblischen Geschichten wecken und den Betrachter ermutigen, über sein eigenes (Glaubens-)Leben nachzudenken. „Ich wünsche mir, dass man durch die Gläser hindurch in sein Inneres blickt.“
Der Gottesdienst findet am Sonntag, 16. September, um 14 Uhr in der Evangelischen Kirche Mogendorf statt. (PM)
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