Werbung

Nachricht vom 20.12.2017    

Haushaltshilfen aus Osteuropa sind oft unverzichtbar

Nach einer auf den Westerwaldkreis runtergebrochenen aktuellen Statistik leben in etwa 400 Haushalten im Kreis Frauen aus Osteuropa als Haushaltshilfen. Sie ermöglichen älteren Menschen bei Pflegebedürftigkeit in der eigenen Wohnung zu bleiben. Auch bei uns ist dadurch eine Parallelwelt zur stationären und ambulanten Pflege entstanden, die nicht kontrolliert wird und rechtlich meist fragwürdig ist.

Freuten sich über eine informative Veranstaltung im Ignatius-Lötschert-Haus (vlnr): Franz Schmitz (Heimleiter IL-Haus), Evelyn Jung (VdK), Prof. Dr. Bernhard Emunds, und Uli Schmidt (Forum Soziale Gerechtigkeit). Foto: privat

Horbach. Im Ignatius-Lötschert-Haus in Horbach war dieser Graubereich jetzt Thema eines Informations- und Diskussionsabends.

Auf Einladung des Fördervereins des Seniorenzentrums, der VdK-Ortsgruppe Buchfinkenland/Gelbachhöhen und des Forums Soziale Gerechtigkeit referierte Prof. Dr. Bernhard Emunds als Leiter des Oswald von Nell-Breuning-Instituts in Frankfurt und Professor für Christliche Gesellschaftsethik. Gegenstand seines Vortrages und der anschließenden Diskussion war sein Buch „Damit es Oma gutgeht – Pflege-Ausbeutung in den eigenen vier Wänden“. Darin schildert der Professor nach umfassenden bundesweiten Recherchen das ganze Ausmaß dieses verschwiegenen Problems und fordert ein grundlegendes Umdenken in Gesellschaft und Politik.

Für die drei gemeinsamen Veranstalter begrüßte Uli Schmidt als Moderator des Abends die Teilnehmenden und nannte als Grund für die Initiative die oft grenzwertige Situation der „Pflegerinnen“ in den Haushalten: „Zu lange Arbeitszeiten, Dauerbereitschaft und die Verletzung arbeitsrechtlicher Mindeststandards verbunden mit Heimweh und Isolation sind oft kennzeichnend für deren Situation“. Vom liebevollen Miteinander in den betroffenen Haushalten bis zur vermeintlichen Sklavenarbeit ist nach Ansicht von Franz Schmitz, Heimleiter im Ignatius-Lötschert-Haus, alles in heimischen Haushalten zu finden. Für den VdK-Ortsverband regten deren Vorsitzende Evelyn Jung und Rainer Wilhelmi die Einführung von verbindlichen Standards an.

Doch in diese Richtung konnte Prof. Emunds wenig Hoffnung machen. Er stellte eingangs fest: „Die Mehrheit der osteuropäischen Pflegerinnen arbeitet schwarz oder über ein fragwürdiges Entsendemodell“. Aber da die sogenannte 24-Stundenpflege als Win-Win-Situation für alle Beteiligten wahrgenommen werde, greife die Politik nicht ein. Dies auch deshalb, weil dieser tolerierte Graubereich den Pflegenotstand etwas entschärfe.



An einigen Beispielen schilderte Prof. Emunds das oft menschenunwürdige Dasein der osteuropäischen Frauen: „In einem Fall musste eine Frau in einem Kellerloch hausen und hatte keinerlei Freizeit bei einem Dauereinsatz rund um die Uhr“. Über keinerlei Freizeit zu verfügen sei menschenunwürdig und es gebe in solchen Abhängigkeitsverhältnissen keine Verfügbarkeit mehr über das eigene Leben. „So etwas darf unsere Gesellschaft nicht hinnehmen“, forderte Emunds unter dem Beifall aller Anwesenden.

Nachgedacht wurde an dem Abend im Buchfinkenland auch über Auswege aus dem Dilemma. Angemahnt wurde die häusliche Pflege zu stärken und endlich mal zukunftsweisende Konzepte für die Pflege zu erarbeiten. Dazu gehören nach Meinung mehrerer Diskutanten bessere Arbeitsbedingungen und mehr Geld. Ein richtiger Schritt speziell für die osteuropäischen Haushaltshilfen könnte ein erhöhtes Pflegegeld für Familien sein, die den Einsatz einer solchen Hilfskraft einer regelmäßigen freiwilligen Kontrolle durch eine noch zu bestimmte Instanz unterziehen.

Der Referent stellte auch legale Vermittlungsagenturen vor, die von der Caritas (Carifair) oder vom Diakonischen Werk (FairCare) betrieben werden. „Dann sind die Familien mit Pflegebedarf aber selbst Arbeitgeber und haben einen damit verbundenen erhöhten bürokratischen Aufwand“, so Prof. Emunds. (PM)


Lokales: Montabaur & Umgebung
Feedback: Hinweise an die Redaktion

WW-Kurier Newsletter: Immer bestens informiert

Täglich um 20 Uhr kostenlos die aktuellsten Nachrichten, Veranstaltungen und Stellenangebote der Region bequem ins Postfach.

Anmeldung zum WW-Kurier Newsletter


Mit unserem kostenlosen Newsletter erhalten Sie täglich einen Überblick über die aktuellen Nachrichten aus dem Westerwaldkreis.

» zur Anmeldung



Aktuelle Artikel aus Region


Memorabilia IX: Ein Trio terrorisiert den Westerwald

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts treibt eine dreiköpfige Bande im Westerwald ihr Unwesen. Zusammen ...

Bad Ems: Ein Schwerverletzter bei Sprengung am Zigarettenautomaten

Ein lauter Knall riss am Abend des 26. Dezember 2025 die Anwohner der Bachstraße aus ihrer Ruhe. Was ...

Festliche Klänge beim Adventssingen in Höhr-Grenzhausen

Am Sonntag, den 21. Dezember 2025, fand das traditionelle Adventssingen des Männergesangvereins Höhr ...

Seltene Manule kehren in den Zoo Neuwied zurück

Ein neues Tierpaar zog in den Zoo Neuwied ein: zwei Manule, die auch als Pallaskatzen bekannt sind. Diese ...

Aktualisiert: Ein Pkw überschlägt sich, ein weiterer brennt auf der A3

Am Samstag (27. Dezember 2025) kam es auf den Autobahnen rund um Montabaur zu mehreren Verkehrsunfällen ...

Demografischer Wandel: Bevölkerung im Westerwald altert noch schneller als angenommen

Die Bevölkerung im Westerwald altert schneller als erwartet, was neue Herausforderungen für die Kommunen ...

Weitere Artikel


Jugendliche trainieren für die große Bühne

Am Samstag, den 2. Dezember fand der Jugendpflege-Theater-Workshop „Get on Stage“ statt. Durch den Workshop ...

Zoo Neuwied: Schönhörnchen macht seinem Namen alle Ehre

Die warme Jahreszeit von März bis Oktober ist für viele die schönere Zeit für einen Besuch im Zoo Neuwied. ...

Schulter-Sprechstunde öffnet in Dernbach

Mit einem zusätzlichen Angebot startet das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) Westerwald in das neue ...

Büroreinigung: Wo sich die Keime tummeln

Klar, nach dem Besuch einer öffentlichen Toilette waschen wir uns die Hände besonders gründlich. Schließlich ...

Land- und Tonwirtschaft verbessern Gewässerschutz im Westerwald

Die Qualität der Oberflächengewässer im Westerwald wird weiter verbessert. Dazu haben Umwelt- und Wirtschaftsministerium ...

DFB- Aktion „Danke Schiri“ im Fußballkreis Westerwald/Sieg

Im Rahmen der DFB-Aktion „Danke Schiri“ werden in jedem der 21 Landesverbände drei Landessieger geehrt ...

Werbung