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Nachricht vom 17.10.2017    

Darmbakterien als Heilmittel

Rund 300 Besucher bei Infoveranstaltung von AOK und Diakonie Klinikum Jung-Stilling im Hüttensaal der Siegerlandhalle zum Thema: Darmbakterien als Heilmittel.

Widmeten sich bei einer Informationsveranstaltung von Diakonie Klinikum Jung-Stilling und AOK vor rund 300 Besuchern im Hüttensaal der Siegerlandhalle den Aufgaben menschlicher Darmbakterien (von links): Chefarzt Professor Dr. Joachim Labenz, Regionaldirektor der AOK Nordwest Dirk Schneider, Ernährungsexpertin Dr. Gisela Labenz und Marketingleiter der AOK Nordwest Jochen Groos. Foto: Diakonie Südwestfalen

Siegen. Mit Darmbakterien künftig Krankheiten heilen – ein Verfahren, dem sich medizinische Forscher umfangreich widmen. Schon jetzt werden wiederkehrende Darmentzündungen, die durch das Bakterium Clostridium difficile ausgelöst werden, per Stuhltransplantation therapiert. Oft geht die Methode mit Ekel einher. Dass sie jedoch heilend wirken kann und wie Bakterien das Wohlergehen beeinflussen, hat rund 300 Besucher in den Hüttensaal der Siegerlandhalle gelockt. Dort referierten zwei Experten bei der Kooperationsveranstaltung von AOK und Diakonie Klinikum Jung-Stilling in Siegen. Dirk Schneider, Regionaldirektor der AOK Nordwest, hieß die Gäste willkommen. Dr. Gisela Labenz, Ernährungsexpertin am Medizinischen Zentrum Siegerlandflughafen in Burbach, und Professor Dr. Joachim Labenz, Chefarzt der Inneren Medizin im Diakonie Klinikum Jung-Stilling, verdeutlichten, dass es nicht nur schädliche sondern auch gute, für den Menschen lebensnotwendige Bakterien gibt.

„Vergessen sie zunächst den Begriff Darmflora, denn Bakterien sind keine Pflanzen“, startete Prof. Labenz seinen Vortrag. Die Gesamtheit aller den Menschen besiedelnden Mikroorganismen wie Bakterien, Pilze und Viren nennt sich Mikrobiom. „Ohne die Mikroben wären wir nicht lebensfähig.“ Sie helfen dabei, Lebensmittel zu verdauen, trainieren die Immunabwehr, bilden Vitamine, Hormone, Botenstoffe und sorgen dafür, dass der Mensch Kälte besser verkraftet (Kälteadaptation). Der größte Teil an Mikroorganismen besiedelt im Verdauungstrakt den Dickdarm. Bereits vor der Geburt entwickelt sich das Mikrobiom im Mutterleib. Kommt ein Baby auf natürliche Weise zur Welt, schluckt es Sekrete im Geburtskanal, die das Neugeborene mit wichtigen Bakterien ausstattet. „Kinder, die per Kaiserschnitt entbunden werden, weisen ein weniger vielfältiges Mikrobiom auf. Sie sind in ihrem weiteren Leben anfälliger für Allergien und andere gesundheitliche Probleme“, erklärte Dr. Gisela Labenz. Laut Studien leben in und auf dem menschlichen Körper mehr Bakterien und andere Mikroorganismen, als er selbst Zellen besitzt. Bei jeder Person ist das Mikrobiom anders zusammengesetzt – ähnlich dem Fingerabdruck.

Passiert es, dass beispielsweise eine bakterielle Infektion mit Antibiotika behandelt werden muss, wird auch das Mikrobiom ungewollt in Mitleidenschaft gezogen. So können Nebenwirkungen wie Durchfall entstehen. Denn die Medikamente vernichten nicht nur schädliche sondern auch nützliche Darmbakterien. Mögliche bleibende Folgen: Gestörte Darmfunktion, Darmentzündung oder Reizdarmsyndrom. Probiotika können in gewissem Umfang davor schützen, dass sich Antibiotika negativ auf das Darmmikrobiom auswirken. Probiotika sind lebende Mikroorganismen, die die Gesundheit fördern und unter anderem in speziellen Joghurts enthalten sind.



Eine Therapiemaßnahme gewinnt derzeit immer mehr Aufmerksamkeit ─ die Stuhltransplantation, von Medizinern „fäkaler Mikrobiotatransfer“ genannt. Dabei wird Stuhl eines gesunden Spenders in den Darm eines Patienten übertragen. Dr. Gisela Labenz erklärte, dass die Methode nicht neu sei: „Im vierten Jahrhundert wurde sie erstmals in China angewandt, um Durchfall zu behandeln.“ In den vergangenen Jahren hat diese Behandlungsform durch das Wissen um die Bedeutung des Darmmikrobioms für Gesundheit und Krankheit neues Interesse geweckt. Aktuell wird die Therapie eingesetzt, um wiederkehrende Darmentzündungen, die durch das Bakterium Clostridium difficile ausgelöst werden, zu behandeln. In Studien wird diese Behandlungsform auch bei anderen Krankheiten wie dem Reizdarmsyndrom getestet. „So könnte eines Tages eventuell auch die Fettleibigkeit mit ihren Stoffwechselstörungen durch eine solche Maßnahme behandelt werden. Das ist momentan jedoch noch Zukunftsmusik“, sagte der Chefarzt.

Um dem Mikrobiom und damit der eigenen Gesundheit etwas Gutes zu tun, ist unter anderem entscheidend, wie sich der Mensch ernährt. „Einseitiges Essen unterfordert das Mikrobiom“, so die Ernährungsexpertin. Die Ärztin empfahl eine Mischkost, die überwiegend aus pflanzlichen Lebensmitteln wie Gemüse, Obst und Getreide besteht. Eher weniger sollte zu tierischen Produkten wie Fleisch gegriffen werden. „Schauen Sie, was je nach Jahreszeit regional an Obst und Gemüse angeboten wird. Sie müssen nicht zwingend Erdbeeren im Winter essen.“ Joghurts mit Probiotika fördern die Verdauung und stärken das Immunsystem. Auch Kaffee reguliert das Darm-Mikrobiom und ist dadurch insbesondere gut für die Leber. „Essen Sie langsam, gut kauend und stressfrei.“ Wesentlich ist auch, sich körperlich zu bewegen. Die Expertin riet zu mindestens 30 Minuten pro Tag. Außerdem spielt Nachtruhe eine Rolle. Sieben bis acht Stunden Schlaf seien optimal.

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PM Diakonie in Südwestfalen gGmbH



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