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Nachricht vom 22.05.2017    

Kirchenmusikdirektorin füllt Gotteshaus mit Wolken aus Klang

Gäbe es die ewige Hitparade der Reformation, läge Martin Luthers „Ein feste Burg ist unser Gott“ wahrscheinlich auf Platz eins. Dabei ist das musikalische Glaubenszeugnis längst nicht das einzige Stück des Reformators, das es in den kirchenmusikalischen Kanon geschafft hat. Im Gesangbuch der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) tummeln sich mehrere Dutzend Kompositionen des berühmten Theologen – unter ihnen viel zu selten aufgeführte Perlen.

Die Landeskirchenmusikdirektorin der EKHN, Christa Kirschbaum (rote Jacke, Brille), hat ihre Zuhörer mit ungewöhnlichen Klangexperiementen und viel Bewegung in Luthers musikalisches Werk eingeführt. Fotos: Peter Bongard

Montabaur. Dass sein Werk weit mehr ist als „Ein feste Burg“, hat nun die Landeskirchenmusikdirektorin der EKHN bewiesen: Christa Kirschbaum hat zum kreativen Gemeindesingen von Lutherliedern eingeladen – und in Montabaur für das ein oder andere musikalische Aha-Erlebnis gesorgt.

Schon der Beginn reißt die Gäste im wahrsten Wortsinn aus den Sitzen der Lutherkirche. Denn mit dem Lied „Die beste Zeit im Jahr ist mein“ eröffnet Christa Kirschbaum den Abend ausgesprochen lebhaft: „Wir singen das Stück gemeinsam, und jeder steht bei seinem Lieblingswort kurz auf!“ Ein flotter Opener, der die rund 50 Männer und Frauen fit für den folgenden musikwissenschaftlichen Exkurs macht: „,Nun freut Euch liebe Christengmein’ ist von einer Lieblingsvokabel Luthers geprägt: dem Springen“, sagt die Kirchenmusikerin und erklärt, dass dieses Wort nicht nur im Text vorkommt. „Auch die Melodie vollführt etliche Sprünge.“

Melodie und Text gehen bei Luther eben oft Hand in Hand. So auch bei „Aus tiefer Not schrei ich zu Dir“: „Die Melodie fällt zunächst tief, um dann wieder zu Gott empor zu steigen“, erklärt Christa Kirschbaum.

Zurück zur Praxis: Die Kirchenmusikerin wird wagemutiger und erkundet gemeinsam mit dem Publikum klangliches Neuland. Sie lässt die Besucher einen sogenannten Bordun singen; das ist ein sonorer, mittelalterlich anmutender Klangteppich, dessen Töne eine Quinte weit auseinanderliegen. Die Gäste, unter ihnen viele Chorsängerinnen und Chorsänger, meistern die musikalische Herausforderung und streichen selbst dann nicht die Segel, als Christa Kirschbaum noch einen draufsetzt. Sie bittet den Ad-hoc-Chor, sich von der Quinte wegzubewegen und die Tonabstände zu variieren. Plötzlich wird die Kirche von einer mystischen Klangwolke erfüllt, und es klingt, als improvisieren die Wäller Vokalisten über Györgi Ligetis düsteres Werk „Requiem“. Als die letzte Note verklungen ist, sagt niemand einen Ton. So fesselnd kann Neue Musik sein.




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Aber nicht nur die: Während „Nun komm, der Heiden Heiland“, Luthers Bearbeitung eines alten Hymnus’, führt Christa Kirschbaum ihre Gäste mal eben im Schnelldurchlauf durch die Geschichte der Polyphonie. Nach und nach lässt sie die Gemeinde neue Stimmen singen, und am Ende wird aus dem Hymnus ein komplexer dreistimmiger Satz.

Dann wieder etwas Experimentelles. „Eine Übung für die Ewigkeit“, wie es die Kirchenmusikdirektorin nennt. In jeder Zeile des Stücks „Vom Himmel hoch“ werden die Notenwerte jeweils verdoppelt. Und am Ende klingt es so, als stünden die Klänge still. „Unglaublich, wie viel Luft die Sänger im Westerwald haben. Für die Ewigkeit sind Sie jedenfalls bestens gerüstet“, lobt Christa Kirschbaum ihr Publikum.

Ob komplexer Satzgesang, atonale Klangwolken oder Bach’sche Melodievariationen: Die Kirchenmusikdirektorin beweist nicht nur, wie abwechslungsreich Luthers musikalisches Werk ist, sondern wie viel Kreativität in ihren Zuhörer steckt.

Am Ende kommt sie dann aber doch noch, die „Marseillaise der Reformation“ – „Nun danket alle Gott“, diesmal in einer besonders swingenden Version. Ein schöner Schlussakkord eines beeindruckenden, abwechslungsreichen und ausgesprochen inspirierenden Musik-Abends. (bon)


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