Werbung

Nachricht vom 07.03.2017    

Flüchtlinge sollen mit Hilfebörse schneller Fuß fassen

Eine große Schale mit Kartoffelsalat, dampfende Würstchen und ein Dutzend Kinder mit mächtig Appetit. Masoumeh Khawari weiß, dass es jetzt schnell gehen muss: Rasch füllt sie die Schüsseln, damit die Kleinen endlich zugreifen können. Seit vier Monaten ist die junge Frau aus Afghanistan Teil des Betreuungsteams der Grundschule Marienrachdorf.

Masoumeh Khawari (rechts) ist inzwischen zum festen Bestandteil des Teams der Mittagsbetreuung der Grundschule Marienrachdorf geworden und nicht nur für Sandra Mäleke (links) und Claudia Haubrich eine große Hilfe. Die vom Dekanat Selters, der Diakonie und der Verbandsgemeinde Selters initiierte Hilfebörse "Fuß fassen" soll nun noch mehr Flüchtlingen ermöglichen, sinnvolle Beschäftigungen anzutreten. Fotos: Peter Bongard

Selters. „Ich mag Kinder – und ich mag meine Arbeit in der Schule “, sagt sie. Denn sie kümmert sich nicht nur um das Essen, sondern springt auch schon mal ein, wenn den Jungs und Mädchen während der Mittagsbetreuung ein Spielpartner fehlt. Für die anderen Betreuerinnen ist sie in den vergangenen vier Monaten zu einer unverzichtbaren Hilfe geworden, und die Kinder können sich die Mittagszeit ohne Masoumeh inzwischen kaum noch vorstellen. Masoumeh hat ihren Platz gefunden – auch dank der ehrenamtlichen Helfer der Willkommenskultur, die ihr als Paten beistehen und die Stelle in der Schule vermittelt haben.

Viele Flüchtlinge bringen wertvolle Talente mit, die die Verbandsgemeinde Selters, das Diakonische Werk und das Projekt Willkommenskultur des Evangelischen Dekanats Selters nun ans Licht bringen wollen: Unter der Überschrift: „Fuß fassen“ haben sie eine Hilfebörse ins Leben gerufen, die sowohl Flüchtlingen als auch Einheimischen zugute kommen soll.

Alexander Böhler gehört zu den Initiatoren von „Fuß fassen“ und erklärt die Idee: „Unter den Flüchtlingen gibt es viele fähige Leute: ausgebildete Frisöre, Schneider, Fliesenleger, Mechaniker, und, und, und“, sagt der Diakonie-Mitarbeiter. „Gemeinsam mit der Verbandsgemeinde haben wir mit jedem Einzelnen gesprochen – auch über dessen Vorbildung und Wünsche. Wenn Einheimische nun Unterstützung bei kleinen Arbeiten brauchen, können sie sich bei der Verbandsgemeinde melden. Deren Mitarbeiter prüfen dann, welcher Flüchtling am besten helfen kann und vermittelt den Kontakt.“

Ein Konzept, das beiden Seiten nützt, sind sich Alexander Böhler und Bürgermeister Klaus Müller sicher: „Gerade für ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger ist dieses kostenlose Angebot ein enormer Gewinn. Und die Flüchtlinge haben eine sinnvolle Aufgabe, die ihnen neue Perspektiven gibt“, sagen sie übereinstimmend. Zumal auch die Sprache in den meisten Fällen kein Problem mehr ist. „Man kann sich mit allen Flüchtlingen auf Deutsch verständigen“, sagt Böhler. Auch Bürgermeister Müller hofft, dass denjenigen, die etwas können und helfen möchten, Chance für sinnvolle Beschäftigungen eröffnet werden. „Mit dem Projekt sollen diese Menschen die Möglichkeit bekommen, sich über die Form der Nachbarschaftshilfe nachhaltig in unsere Gesellschaft zu integrieren.“



Eines ist die Hilfebörse freilich nicht: Ein Ersatz für qualifizierte handwerkliche Arbeiten. „Die ist natürlich nach wie vor Sache der Profis“, sagt Isabella Horz, Koordinatorin der Willkommenskultur im Evangelischen Dekanat Selters. „Bei der Hilfebörse ,Fuß fassen’ geht es ausschließlich um kleinere Handreichungen im Garten oder im Haushalt, also um Tätigkeiten, die unter die Nachbarschaftshilfe fallen.“

Allerdings soll das Projekt nicht nur Privatleuten zugute kommen. Auch die lokalen Betriebe könnten davon profitieren, glaubt Isabella Horz: „In vielen Unternehmen mangelt es an qualifiziertem, motiviertem Nachwuchs. Unter den Flüchtlingen gibt es etliche Menschen mit Berufserfahrung, die hier eine angemessene Beschäftigung suchen. Deshalb kann ,Fuß fassen’ auch für Firmen eine Chance sein.“

Nun hoffen die Mitarbeiter der Diakonie sowie Nicole Dahlem und Melina Haubrich von der Verbandsgemeinde, dass die Hilfebörse „Fuß fassen“ rege in Anspruch genommen wird: „Man muss sich nur bei der Verbandsgemeinde melden und angeben, für welche Aufgabe man Hilfe braucht. So einfach ist das“, sagt Nicole Dahlem.

In der Grundschule Marienrachdorf sind die Würstchen inzwischen verputzt, und Masoumeh hat Zeit, mit drei Jungs eine Runde zu spielen. Währenddessen spricht sie den Kindern die gewürfelten Zahlen und Farben laut vor – eine willkommene Nachhilfestunde in Deutsch für die junge Mutter. Und eine schöne Möglichkeit, in der neuen Heimat schneller Fuß fassen zu können. (bon)

Weitere Infos und Kontaktmöglichkeiten zur Hilfebörse „Fuß fassen“ gibt es bei der Verbandsgemeinde Selters, Telefon 02626/76435 sowie beim Projekt Willkommenskultur des Evangelischen Dekanats Selters, Telefon 02626/924417.



Lesen Sie gerne und oft unsere Artikel? Dann helfen Sie uns und unterstützen Sie unsere journalistische Arbeit im Westerwaldkreis mit einer einmaligen Spende über PayPal oder einem monatlichen Unterstützer-Abo über unseren Partner Steady. Nur durch Ihre Mithilfe können wir weiterhin eine ausgiebige Berichterstattung garantieren. Vielen Dank! Mehr Infos.



Lokales: Selters & Umgebung
Feedback: Hinweise an die Redaktion

.: Neu bei Instagram :. => @kuriere_news

Weitere Bilder (für eine größere Ansicht klicken Sie bitte auf eines der Bilder):
     

Anmeldung zum WW-Kurier Newsletter


Mit unserem kostenlosen Newsletter erhalten Sie täglich einen Überblick über die aktuellen Nachrichten aus dem Westerwaldkreis.

» zur Anmeldung



Aktuelle Artikel aus Region


Instandsetzungsarbeiten auf der A61: Sperrungen bei Metternich

Auf der A61 stehen in Kürze wichtige Instandsetzungsarbeiten an. Betroffen sind die Abfahrten und Zufahrten ...

Krankenhausreform: Stärkung der Kliniken im Westerwald

Die Krankenhausreform bringt tiefgreifende Veränderungen mit sich, die besonders für regionale Kliniken ...

Frontalzusammenstoß auf der B 255 bei Hahn am See: Zeugen gesucht

Am Morgen des 13. Oktober kam es auf der B 255 bei Hahn am See zu einem Verkehrsunfall, der zwei Fahrzeuge ...

Rasante Flucht vor der Polizei: Audi-Fahrer entzieht sich Kontrolle in Kirburg

Am Nachmittag des 10. Oktober ereignete sich in Kirburg ein spektakulärer Vorfall. Ein Audi-Fahrer entzog ...

Graues Herbstwetter in Rheinland-Pfalz - Sonne ab Dienstag erwartet

Die neue Woche in Rheinland-Pfalz startet mit trübem Herbstwetter am Montag, 13. Oktober 2025. Doch es ...

Erfolgreiches Konzert "Aus Funk & Fernsehen" begeistert in Kleinmaischeid

Am Samstag (11. Oktober 2025) versammelten sich Musikliebhaber in Kleinmaischeid zu einem besonderen ...

Weitere Artikel


Lebensmittelkarten sollen für gesunde Ernährung werben

Lebensmittelkarten für Tafeln: Ernährungsministerin Ulrike Höfken gibt Startschuss für bundesweit einzigartiges ...

Hendrik Hering: Westerburger Kaserne auf gutem Weg

Im Vorfeld der heutigen Veröffentlichung des Konversionsberichts der Landesregierung hat sich der örtliche ...

SPD Mörlen-Unnau geht motiviert ins Superwahljahr 2017

Die jährlich stattfindende Mitgliederversammlung des SPD-Ortsvereins Mörlen/Unnau erzielte einen neuen ...

Neue Wehrführung bei der Feuerwehr Rückeroth

An der Spitze der Freiwilligen Feuerwehr Rückeroth hat ein Wechsel stattgefunden. Markus Thiel ist neuer ...

Süwag bietet Feuerwehren Vergünstigungen an

Vertreter der Süwag und des Landesfeuerwehrverbands Rheinland-Pfalz unterzeichneten am Montag, den 6. ...

Bundesweite Aktionswoche "Kinder aus suchtbelasteten Familien"

Im Zuge der bundesweiten Aktionswoche "Kinder aus suchtbelasteten Familien" von NACOA vom 11. bis 19. ...

Werbung