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Nachricht vom 26.09.2016    

Prof. Dr. Michael Wolffsohn über Weltfrieden und Zivilcourage

Die Westerwälder Gespräche fanden jüngst in der Aula des Mons-Tabor-Gymnasiums in Montabaur mit dem Publizisten und Historiker Prof Dr. Michael Wolffsohn statt. Etwas mehr als 100 interessierte Zuhörer kamen und hörten einem spannenden Vortrag, der am Ende in eine interessante Diskussionsrunde mündete.

Dominic Bastian, Jenny Groß und Prof. Dr. Michael Wolffsohn. Fotos: Veranstalter

Montabaur. „Wir freuen uns, mit Prof. Dr. Wolffsohn einen bekannten Gast zu haben, der mit seinen beiden neuen Werken „Zum Weltfrieden“ und „Zivilcourage“ wieder zum Nachdenken und zur Diskussion einlädt,“ so begrüßten Dominic Bastian und Jenny Groß (Organisations-und Moderationsteam) die Besucher.

Die Welt ist aus den Fugen: Staaten zerfallen, nicht-staatliche Akteure besetzen die Lücken. Wolffsohn sagte in Montabaur: „Die fehlerhafte Konstruktion der Staaten ist schuld. Wenn Bevölkerungsstruktur (Demographie) und Staatsgrenzen (Geographie) nicht deckungsgleich sind, werden Staaten auf Dauer instabil und zerbröseln.“ Er plädiert in seinem neuen Buch "Zum Weltfrieden" für ein Umdenken, weg vom traditionellen Staatenmodell, hin zu föderativen Systemen, in denen jeder Bevölkerungsgruppe (Kommunikationsgemeinschaft) personale Selbstbestimmung garantiert wird.

Der Förderalismus der Vereinigten Staaten wird von ihm als historisches Vorbild angesehen. Dort haben sich, seiner Meinung nach, politische Denker ans Werk gemacht und ein Staatenmodell konstruiert, in dem den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen so viel Selbstbestimmung zuerkannt wird, dass sie politisch befriedigt sind.

Der Förderalismus der Vereinigten Staaten wird von ihm als historisches Vorbild angesehen. Dort haben sich, seiner Meinung nach, politische Denker ans Werk gemacht und ein Staatenmodell konstruiert, in dem den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen so viel Selbstbestimmung zuerkannt wird, dass sie politisch befriedigt sind.

„Nur die Befriedigung des Verlangens nach politischer Selbstbestimmung führt zu Befriedung. In Syrien wird solange kein Frieden einkehren, wie man glaubt, dass es das syrische Volk gäbe. Erst wenn die sehr unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen in Syrien personale Selbstbestimmung erhalten - was nur in einem föderativen System und nicht in einem „Nationalstaat“ möglich ist – gibt es Hoffnung auf Frieden“, so der Historiker und Publizist.

Ähnlich verhalte es sich in vielen zerbröselnden Staaten im Nahen Osten und in Afrika. Wolffsohn hält die gegenwärtige Weltordnung für problematisch, weil sie für eine Krise, einen Krieg, einen Bürgerkrieg nach dem anderen gesorgt habe und auch in Zukunft sorgen werde. Flüchtlingsströme seien ja nur ein Symptom dafür. Die Rettungsmaßnahmen gekenterter Flüchtlingsboote im Mittelmeer seien notwendig und moralisch unabdingbar. „Aber das ist lediglich ein Heftpflaster. Die Grundfrage lautet doch: Warum ist das internationale Staatensystem in diese Unordnung geraten? Wenn man ganz nüchtern Krisenregion für Krisenregion, zerbröselnden Staat für zerbröselnden Staat analysiert, kommt man zu dem Ergebnis, dass jeweils keine Deckungsgleichheit zwischen Bevölkerungsstruktur und Staatsgrenzen besteht“, erklärt Wolffsohn.



"Zivilcourage" gilt in unserer offenen, demokratischen Gesellschaft als eine Art Tugend: Der Bürger, der bei Unrecht nicht tatenlos wegschaut, sondern mutig eingreift, erntet allenthalben öffentliches Lob, probt er doch den "Aufstand der Anständigen". So weit, so schlecht, findet Wolffsohn, der in seiner jüngsten Streitschrift die These vertritt, angewandte Zivilcourage sei eine Variante der Selbstjustiz und nur nötig, weil der Staat seine Bürger im Stich lasse. So fand auch nach dem Vortrag zwischen Referent und den zahlreichen Gästen der Westerwälder Gespräche eine spannende und kontroverse Diskussion darüber statt, ob die Bürger nun tatsächlich lieber darauf warten sollen, bis der Staat bzw. die Polizei in ein Geschehen eingreift, oder ob es doch richtig sei, bei Tätlichkeiten oder anderem selbst einzugreifen.

„Ich habe nicht nur nichts gegen Zivilcourage, ganz im Gegenteil, ich bin dafür. Aber es ist die Aufgabe des Staates, den Schutz seiner Bürger nach innen und außen sicherzustellen. Und wenn der Staat seine Bürger zur Zivilcourage aufruft, dann heißt das doch im Klartext: Wir sind dazu nicht mehr in der Lage. Wenn wir uns die Statistiken ansehen, dann sehen wir, dass diese Aussage leider stimmt.“, erklärte Wolffsohn seine Haltung zur Zivilcourage.

„Wir hoffen doch, dass die Menschen letztlich wissen, wann sie sich einmischen und Zivilcourage zeigen müssen“, appellierten die beiden Organisatoren und Moderatoren Jenny Groß und Dominic Bastian am Ende der Diskussionsrunde. Es gehörte schließlich zu unserem Dasein dazu, dass wir Menschen in Not helfen.

Am Ende unterstrich Jenny Groß noch einmal das Ziel der Westerwälder Gespräche: „Unser Anspruch ist es, dass wir auch Referenten einladen, deren Thesen zur kontroversen Diskussion anregen. Gegen den Strich gebürstete Ansichten können neue Impulse setzen und eine Debatte bei den Zuschauern und in der Gesellschaft auslösen, das ist das Ziel der Westerwälder Gespräche.“

Die nächste Veranstaltung der Gesprächsreihe findet im Frühjahr 2017 mit Constantin Schreiber (Autor, Grimme-Preisträger und Journalist) in Westerburg statt.


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