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Nachricht vom 26.09.2016    

Virtuosen spielten leidenschaftlich und akkurat

Der Musik des Barocks wird oft eine gewisse unterkühlte Präzision nachgesagt. Dass zumindest die Hälfte dieses Vorurteils Unsinn ist, hat das Großkonzert des Evangelischen Dekanats Selters unter Beweis gestellt. Denn die Mitglieder der Ensembles Cappella Taboris und Il Quadro Animato musizieren akkurat, aber mit Feuer und bieten den Zuhörern in der Evangelischen Kirche Selters einen aufregenden Konzertnachmittag.

Dekanats-Großkonzert. Fotos: Peter Bongard

Selters. Nach dem erfolgreichen Debüt im vergangenen Jahr setzt Dekanatskantor Jens Schawaller auch 2016 auf eine Melange aus lokalen und internationalen Musikern. Hier die Sängerinnen und Sänger der Montabaurer Cappella Taboris, dort die professionellen Instrumentalisten von Il Quadro Animato. Auf der einen Seite die begabten Vokalisten aus der Region, die die Liebe zur Alten Musik vor rund zwei Jahren zusammengebracht hat, auf der anderen die gestandenen Profis aus Italien, Deutschland und den USA; die Meister auf historischen Instrumenten.

Lorenzo Gabriele, Emanuele Breda, Anna Kaiser, Francesca Venturi Ferriolo, Jane Lazarovic und die Westerwälder Cellistin Isabel Walter interpretierten die Werke Telemanns, Vivaldis oder Bachs mit hinreißender Leichtigkeit – aber eben nicht unterkühlt, sondern pulsierend und spritzig. Johann Rosenmüllers „Die Augen des Herrn“ funkelt dank des satten Strichs der „alten“ Streicher in schillernden Farben; Vivaldis charakteristisches Achtelnotenmotiv in „Laetatus sum“ klingt locker-leichtfüßig statt gehetzt-gehuddelt. Alles wirkt unangestrengt – und sieht auch so aus: Zwischendurch werfen sich die Männer und Frauen immer wieder ein Lächeln zu und wiegen sich im Rhythmus der Musik. Korrespondierend dazu das Orgelspiel Susanne Schawallers, die die Händel’schen Orgelkonzerte op. 4 Nr. 2 und Nr. 4 sowie Bachs Sinfonia in D-Dur für Orgel und Orchester luftig und sicher interpretiert.



Diese unangestrengte Virtuosität der Instrumentalisten gibt dem Chor Cappella Taboris Sicherheit. Mehr noch: Sie veredeln die ohnehin bemerkenswerten Stimmen von Angelika Wies, Monika Schlößer, Jens Schawaller, Fabio Schnug und Ingo Jungbluth noch einmal, sodass die Westerwälder Vokalisten die komplexen, ineinander verschachtelte Mehrstimmigkeit von Werken wie Johann Hermann Scheins „Ihr Heiligen, lobsinget dem Herrn“ gekonnt meistern.

Doch nicht nur bei der Pflicht überzeugen die Sängerinnen und Sänger: Auch die Kür gelingt ihnen prächtig. In Johann Hermann Scheins „Ich freue mich im Herrn“ setzen sie mit präzise artikulierten Konsonanten klangliche Akzente und geben der Komposition dadurch eine akkurate Form. Freilich ohne den Spaß an der Musik zu verlieren. Denn das Lustbetonte, Freudige kommt auch im Gesang zum Ausdruck – und ist wohl auch der Hingabe Jens Schawallers zu verdanken. Sogar am Orgelpositiv, im Rücken des Ensembles, dirigiert er seine Mitstreiter; ganz in den Klängen versunken, ganz die Musik atmend. Natürlich könnte er sich diese Gesten sparen, seine Mitstreiter sehen ihn dort hinten ja nicht. Aber gerade diese Details machen das Konzert in Selters zu einem Beispiel musikalischer Lebendigkeit. Und zu einem weiterem Beweis dafür, dass auch in der Musik des Barock glühende Leidenschaft stecken kann. (bon)



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