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Nachricht vom 04.08.2016    

„Über deinen Höhen pfeift der Wind so kalt“…

Was ist aus den Traditionen der „Wäller“ geworden? Geraten Brauchtumspflege und Volkstanzgruppen bald in Vergessenheit? Eine Identitätskrise der Westerwälder ist vielerorts deutlich spürbar. Anders bei der Volkstanzgruppe in Alpenrod. Hier werden seit Jahrzehnten immer noch Traditionen von den Aktiven unter der Leitung von Ursula Kälberer gepflegt.

Erstaunlich ist die Menge von Menschen aller Altersgruppen – vom Kleinkind bis zum Senior – die sich der Brauchtumspflege verschrieben haben und nicht nur zum Festzug und Trachtenfest, sondern vereinzelt auch noch sonntags in Tracht der Öffentlichkeit zeigen. Tausende Besucher säumten die Straßen in Unterwössen, wo das Gau-Trachtenfest einen besonderen Anziehungspunkt bildete. In Hessen und andernorts gehören auch heute noch Trachten zum Alltagsbild, nur im Westerwald sind sie selten geworden. Fotos: Reinhard Panthel

Westerwald. In den Jahren um 1960 bis 1980 herrschte so etwas wie „Aufbruchsstimmung“, als sich die Wäller voller Stolz mit ihren „Blaukitteln“ identifizierten. Die Gründer neuer Volkstanzgruppen hatten die Brauchtumspflege für sich entdeckt. Tanzgruppen in schmucken Kleidern, so wie es sie im Westerwald eigentlich nie gab, gekonnt von ideenreichen „Erfindern“ in Szene gesetzt. Kaum ein Volksfest, bei dem die mit Beifall bedachten Aktiven der einzelnen Gruppen nicht mit Sonderapplaus begrüßt wurden. Doch wo sind sie geblieben, die begeisterten Tänzer und ihre Teams, die die Volkstänze einstudierten? Nur in Alpenrod existiert noch eine aktive Volkstanzgruppe und pflegt mit Erfolg alte Tradition.

Als die damals wohl bekannteste Tanzgruppe dieser Art ist die Volkstanzgruppe Hattert zu nennen. Familie Tschapke aus Wied war Lokomotive und Motor zugleich. Sie begeisterte die jugendlichen Mädchen und auch Jungs zum Mitmachen und das, was sie geboten hatten, fand vielerorts Bewunderung und Anerkennung. Doch nach ein paar Jahren aktiven Wirkens verschwand die tolle Volkstanzgruppe aus Hattert in der Versenkung.

Anders in Alpenrod. Dort blieben die sechs Paare und zusätzlich zwei Damen ihrem Vorsatz treu und damit ist in Alpenrod eine Volkstanzgruppe über Jahrzehnte immer noch aktiv. Die öffentlichen Auftritte sind zwar seltener geworden, doch die Begeisterung am Tanz ist geblieben. Zweimal wöchentlich treffen sich die Aktiven.

Ursula Kälberer kam mit ihrem Mann Hans 1963 aus Berlin in den Westerwald. Hans Kälberer baute damals den Zweigbetrieb des Unternehmens Erdmann in Alpenrod mit auf, in dem viele Westerwälder damals einen Arbeitsplatz fanden. Seine Frau Ursula engagierte sich als Übungsleiterin im FC Alpenrod/Lochum. Dann reifte die Idee, dass man „nicht nur unter sich“ sondern auch mit den Männern gemeinsam etwas unternehmen wollte. Damit war der Grundstein zur Gründung einer Volkstanzgruppe gelegt. „Ist schon lustig, da komme ich als Berlinerin in den Westerwald und kümmer mich um eine Westerwälder Volkstanzgruppe, und das schon fast 40 Jahre lang“, resümierte Ursula Kälberer, die sich in der Wahlheimat Alpenrod wohl fühlt. „Öffentliche Großauftritte sind zwar selten geworden, aber es gibt uns immer noch!“

Nachdem die Tanzgruppen in Hattert und in Westerburg aufhörten, wechselten zwei Paare aus Westerburg nach Alpenrod. Ungebrochen ist die Freude am Tanzen und wenn man mal in die Vereinschronik und die Fotoalben schaut, dann werden Erinnerungen wach an Auftritte in vielen Ländern und vom Norden bis in den Süden der Republik. Es folgten damals Einladungen aus Holland, Belgien und sogar von der Insel Sylt war man auf die „Wäller“ aufmerksam geworden.



„Die deutschen Volkstänze bewahren die Eigenart des alten Figurentanzens, die tiefere Bedeutung ging allerdings verloren“, sagte Ursula Kälberer, die gleichzeitig auf den Wert des Volkstanzes als Ausdruck von Freude und Bewegung hinwies. Deshalb gibt es auch heute noch – wenn nur wenige Paare zum wöchentlichen Tanzen kommen – die Möglichkeit, sich im „Square-Dance“ zu versuchen. „Vier Paare tanzen dabei im Quadrat“, erläuterte Ursula Kälberer die Regeln.

Im Landschaftsmuseum Westerwald in Hachenburg konnte niemand Auskunft darüber geben, ob es und vor allen Dingen wo es noch Volkstanzgruppen im Westerwald gibt. Als nächste Adresse zur Nachfrage bot sich die Geschäftsstelle des Westerwaldvereins in Montabaur an. Geschäftsführer Aloisius Noll kannte auch niemanden, der hätte Auskunft geben können. Bei örtlichen Vertretern des weitverzweigten Westerwaldvereins auch kein Ergebnis. Lediglich der Gitarrenclub „Hui Wäller“ des Unnauer Zweigvereins im Westerwaldverein hat musikalische Erfolge über Jahre hinweg zu verzeichnen. Musikalische Grüße aus dem Westerwald erklangen in Hamburg, beim Rheinland-Pfalz-Tag und bei Tourismusmessen in Essen und anderswo und lockten Gäste zum Besuch in die Westerwaldregion. Öffentliche Auftritte sind ebenfalls selten geworden…. Aber auch sie – den Gitarrenclub Hui Wäller - gibt es noch.

Wie sehr Traditionspflege Fremde und Einheimische zum gemütlichen Miteinander vereinen und zum Feiern einladen kann, das konnte man in der vergangenen Woche beim 80. Gau-Trachtenfest in Unterwössen im Chiemgau erleben. Tausende von Besuchern des Festabends und am nächsten Tag beim festlichen Umzug säumten die Straßen und bewiesen, dass Brauchtumspflege eine lebendige Gegenwart und auch eine traditionsbewusste Zukunft hat. Auch aus dieser Erfahrung kann man von den Bayern etwas lernen. Repa

Nachstehend ein Kurzvideo aus Unterwössen im Chiemgau von Reinhard Panthel:



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