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Nachricht vom 07.07.2016    

Reform des Sexualstrafrechts: Nein heißt jetzt Nein

Gemeinsam geschafft! – Nein heißt jetzt Nein – Reform des Sexualstrafrechts beschlossen Seit vielen Jahren wird über die Verschärfung des Sexualstrafrechts diskutiert – heute wurde sie endlich vom Bundestag beschlossen. Künftig sind alle nicht-einvernehmlichen sexuellen Handlungen unter Strafe gestellt. Ein „Nein!“ des Opfers reicht aus, um die Strafbarkeit zu begründen.

Gabi Weber MdB

Montabaur. Gabi Weber, Bundestagsabgeordnete aus dem Wahlkreis Montabaur, unterstreicht die große Bedeutung dieses Erfolges: „Seit Jahren habe ich im Westerwald mit vielen engagierten Frauen, etwa aus dem Beginenhof in Westerburg, dafür gekämpft, dass unser Strafrecht so reformiert wird, dass jede nicht einvernehmliche sexuelle Handlung unter Strafe gestellt wird. Zu viele Fälle von sexueller Gewalt wurden bisher juristisch nicht bis zum Ende verfolgt, wenn eine Gegenwehr des Opfers nicht nachweisbar war. Damit ist jetzt Schluss! Die SPD hat das schon lange gefordert. Das ist ein großer Erfolg!“

Mit der Novellierung des Sexualstrafrechts werden die erkannten Schutzlücken geschlossen und zugleich kommt es mit der Einführung der so genannten Nichteinverständnislösung (Nein-heißt-Nein-Lösung) in zukünftigen Strafverfahren nicht mehr auf das Verhalten des Opfers an. Die heutige Reform erlaubt nun endlich auch einen weiteren wichtigen Schritt hin, betont Gabi Weber: „Mit dieser Gesetzesreform erfüllt auch das deutsche Strafrecht endlich die Voraussetzungen der Istanbul-Konvention, die bereits 2011 unterzeichnet wurde. Die Istanbul-Konvention schafft als völkerrechtlicher Vertrag in Europa verbindliche Rechtsnormen gegen Gewalt an Frauen und häusliche Gewalt. Gewalt gegen Frauen soll umfassend verhütet, bekämpft und bestraft werden. Dieses Übereinkommen stellt somit einen Meilenstein in der Bekämpfung aller Arten von Gewalt gegen Frauen dar.“ Einer Ratifizierung steht nun nichts mehr im Weg!“

Hintergrund: Bislang musste ein Opfer sich (körperlich) verteidigen oder dies zumindest aktiv versucht haben. In der Folge blieben viele - eigentlich strafwürdige - Taten oftmals straflos. Eine weitere gravierende Folge: Nur ein sehr geringer Teil der zumeist weiblichen Opfer hat die Taten überhaupt angezeigt. Aus der Praxis der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe ist bekannt, dass Opfer nach einer sexuellen Nötigung oder Vergewaltigung oftmals die Schuld bei sich selbst suchen. Mit der Nein-heißt-Nein-Lösung wird die Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung ins Zentrum gerückt. Für die künftig anerkannte Strafbarkeit reicht es aus, dass der Wille des Opfers erkennbar ist und sich der Täter über den erkennbaren Willen hinweg setzt. Das Opfer kann den Willen durch verbale Äußerung oder auch durch konkludentes Handeln wie Weinen zum Ausdruck bringen. Damit ist der subjektive Tatbestand erfüllt, wenn der Täter trotz erkennbar entgegenstehendem Willen die sexuellen Handlungen vornimmt. Ambivalentes Verhalten des Opfers wird jedoch nicht von der neuen Strafnorm erfasst.



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Mit der Reform werden darüber hinaus zwei neue Tatbestände im Strafrecht aufgenommen: Die sexuelle Belästigung, die bisher nur dann sanktioniert werden konnte, wenn sie am Arbeitsplatz passierte, wird künftig generell unter Strafe gestellt. Außerdem wird in Zukunft auch bestraft, wenn Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung aus Gruppen heraus begangen werden. Mit dem neu geschaffenen Paragraphen 184i, Absatz 1 macht sich zukünftig strafbar, wer eine andere Person in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und dadurch belästigt. Menschen mit Behinderung erfahren ebenfalls eine Gleichstellung. Menschen, die „einer geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung einschließlich einer Suchtkrankheit oder wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder körperlich zum Widerstand unfähig“ sind, fielen bislang als Opfer nicht unter den Paragraphen 177 Strafgesetzbuch, sondern unter die Strafnorm des Paragraphen 179 - Sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen. Auch diese „Sonderbehandlung“, die von vielen als Diskriminierung empfunden wurde, entfällt mit der Novellierung des Sexualstrafrechts. Der neue Paragraph 177 StGB umfasst zukünftig alle Menschen mit und ohne Behinderung gleichermaßen.


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Kommentare zu: Reform des Sexualstrafrechts: Nein heißt jetzt Nein

2 Kommentare

Es ist einfach falsch, dass sich Vergewaltigungsopfer unter der noch gültigen Rechtslage wehren müssen, damit eine Vergewaltigung als vollzogen vor Gericht angesehen wird. Der § 177 sagt ausdrücklich, dass auch dass Ausnutzen des Täters einer Notlage, in der sich das Opfer nicht wehrt, eine Straftat ist. Hier ist von den Politikern eine angebliche Gesetzesverschärfung aufgebauscht worden, die es real nicht gibt. Die zuständigen § im StGB sind nur etwas anders formuliert worden. Das ganze Gezeter der Politiker ist nur ein Ablenkungsmanöver dafür, dass keine Strafverfolgung der Täter stattfindet.
#2 von Reinhold Lakotta, am 08.07.2016 um 06:51 Uhr
Ich stehe der Reform sehr kritisch gegenüber. Die Gesellschaft hat Probleme, die Folgen einer Zuwanderungswelle zu bewältigen und ins Negative kippende Stimmung der Bevölkerung zu beruhigen. Das Rezept ist, wie so oft, einfach: Es werden symbolisch ein paar Strafvorschriften massiv verschärft. Als Beispiele für Schutzlücken werden (mit wenigen Ausnahmen, die geschlossen gehören) regelmäßig Fälle angeführt, in denen Gerichte und Staatsanwaltschaften nach Ermittlung des Sachverhalts und Durchführung einer Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt sind, dass in tatsächlicher Hinsicht massiv gelogen wurde, nicht aber, dass die Gesetze für eine Bestrafung nicht ausgereicht hätten. Auf dieser Grundlage soll nun die Strafbarkeit unter Aufgabe elementarer Grundsätze des Rechtsstaats wie derjenigen hinreichender rechtstaatlicher Bestimmtheit, Vorhersehbarkeit und der Bestrafung nach dem Schuldprinzip so weit ausgedehnt werden, dass ein Freispruch höchst unwahrscheinlich ist, wenn erst einmal eine Beschuldigung erfolgt ist. Dem notwendigen Kampf gegen tatsächliche sexuelle Gewalt wird mit der jetzigen Symbolpolitik, die nur zu noch mehr Falschbeschuldigungen, nicht aber zur Verurteilung von tatsächlichen Tätern sexueller Gewalt führt, ein Bärendienst erwiesen. Am Ende wird diese Reform vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben werden, zum Schaden viele Opfer sexueller Gewalt und unschuldig Verurteilter.
#1 von Julia Müller, am 07.07.2016 um 20:33 Uhr

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