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Nachricht vom 16.11.2015    

Hilfe für Flüchtlinge im Westerwald

Unterstützung von ehrenamtlichen Helfern, die sich für Flüchtlinge engagieren möchten, ist eine der Aufgaben von Johanna Kunz. Seit diesem Oktober ist sie mit einer halben Stelle, zu gleichen Anteilen finanziert durch die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) und die Paulinenstiftung Wiesbaden, für die Koordination von Projekten, Organisation von Schulungen für Helfer und Vernetzung von Organisationen in der Flüchtlingsarbeit im Westerwald zuständig.

Johanna Kunz. Foto: privat.

Bad Marienberg. Zudem arbeitet sie in ähnlicher Funktion schon seit einem knappen Jahr im Rahmen des Projektes „Willkommenskultur“ der EKHN mit vier Stunden wöchentlich für Flüchtlinge in Bad Marienberg. Sie betreut und leitet Menschen an, die Flüchtlingen nach ihrer Ankunft bei der Bewältigung des Alltags in einem zunächst fremden Land helfen wollen. Die Initiative in Bad Marienberg hat sich den Namen „Angekommen - Netzwerk für Flüchtlinge“ gegeben. Es ist eine Initiative der Verbandsgemeinde Bad Marienberg, der Evangelischen und Katholischen Kirchengemeinden und des Evangelischen Dekanats Bad Marienberg. Die Anzahl der Asylbewerber in der Verbandsgemeinde Bad Marienberg hat sich von Dezember 2014 bis Oktober 2015 von 70 auf 148 erhöht. Hinzu kommen 25 Menschen, die der VG in diesem Jahr zugewiesen wurden, aber wegen Anerkennung als Asylant oder Ausreise nicht mehr in ihre Zuständigkeit fallen. Die Flüchtlinge kommen meistens aus dem Balkan und aus Syrien, weitere Herkunftsländer sind Georgien, Afghanistan, Iran und Somalia. Derzeit betreuen rund 30 aktuell aktiv arbeitende ehrenamtliche Paten die Flüchtlinge. Seit den Sommerferien haben sich inzwischen mehr als zwanzig neue Interessenten gemeldet, berichtet Johanna Kunz.

Frage: Frau Kunz, Sie leiten jetzt seit mehreren Monaten in Kooperation mit den Kirchengemeinden in Bad Marienberg und der Verbandsgemeinde Ehrenamtliche an, neu angekommenen Flüchtlingen zur Seite zu stehen. Wo brauchen die Flüchtlinge Hilfestellung?

Johanna Kunz: Flüchtlinge haben große Probleme mit den Ämtern, auf Schreiben zu reagieren oder bei Arztbesuchen verstehen sie die Diagnose des Arztes nicht. Die Sprachbarriere ist oft einfach zu hoch. Da brauchen sie auf jeden Fall Hilfe. Auch die bürokratischen Abläufe sind ihnen fremd.

Frage: Welche Schwierigkeiten begegnen den Helfern in der Arbeit mit den Flüchtlingen?

Johanna Kunz: Die Verständigung ist ein Hauptproblem. Dazu kommt die oftmals andere Mentalität der Flüchtlinge. Das Einhalten von Absprachen und Zeiten funktioniert nicht so leicht. Unseren Begriff von Pünktlichkeit oder die Dringlichkeit von vergebenen Terminen kennen die Flüchtlinge oft nicht.

Frage: Wo stoßen die ehrenamtlichen Helfer an ihre eigenen Grenzen?

Johanna Kunz: Die Möglichkeiten zur Hilfe sind sehr vielfältig und zeitraubend. Das langfristige Ziel der Ehrenamtlichen ist es deshalb, die Flüchtlinge in die Lage zu versetzen, sich selbst zu helfen. Es kann keineswegs darum gehen, ihnen alles abzunehmen. Ein Beispiel: Jemandem zu zeigen, wie man einen Bus benutzt, ist sinnvoll. Ihn jedes Mal zum Einkaufen zu fahren ist zu viel Hilfe. Für die Ehrenamtlichen ist das oft eine Gratwanderung. Man muss auch sagen dürfen, für das Problem bin ich kein Fachmensch, das weiß ich einfach nicht oder das kann ich nicht.



Frage: Wie sieht Ihre eigene Arbeit konkret aus?

Johanna Kunz: Meine Tätigkeit beinhaltet Ehrenamtstreffen zu organisieren und durchführen, die Möglichkeit zum Austausch untereinander zu bieten, Informationen und Hilfestellung zu geben, Schulung der Mitarbeiter zu gestalten und einiges mehr. Es kann auch vorkommen, dass ich Vermittlerin von Möbel-Angeboten wie auch Möbel-Anfragen werde. Aktuell arbeiten wir an einem Handzettel, der für alle Interessierten zusammenfassend die Arbeit des Netzwerkes für Flüchtlinge darstellen soll und gleichzeitig Möglichkeiten der Kontaktaufnahme bietet oder Spender-Information gibt.

Frage: Wie finden die Flüchtlinge und die ehrenamtlichen Helfer zusammen?

Johanna Kunz: Es wurde eine Vorlage entwickelt, in der der Ehrenamtliche gefragt wird, was er schon getan hat, was er sich vorstellen könnte zu tun und was er nicht möchte. Dann bemühe ich mich, die Kriterien bei Ehrenamtlichen und Flüchtlingen zu berücksichtigen. Allerdings kann nicht jeder Flüchtling einen Ehrenamtlichen vermittelt bekommen, das geht einfach personell nicht.

Frage: Gibt es über die direkte Betreuung durch die Paten hinaus noch weitere Angebote in Bad Marienberg?

Johanna Kunz: Recht bald ist in Bad Marienberg ein Sprachkurs entstanden, an dem sich 15 Ehrenamtliche beteiligen. Er findet zweimal wöchentlich im katholischen Pfarrzentrum statt. Es gibt auch eine Kinderbetreuung. Dort werden die Grundlagen der deutschen Sprache erlernt. Das Niveau der Teilnehmer liegt zwischen Analphabeten und Akademikern. Außerdem versuchen wir in regelmäßigen Abständen Begegnungsfeste anzubieten.

Frage: Was würden Sie sich wünschen?

Johanna Kunz: Mehr Zeit für die Ehrenamtlichen. Man braucht das persönliche Gespräch um herauszufinden, wo der Schuh drückt, was sie beschäftigt. Dafür reicht die Zeit oft nicht, weil Klärung von formalen Problemen und fachlichen Fragen vorgehen.

Frage: Welche Themen werden uns in Zukunft in der Flüchtlingsarbeit zunehmend beschäftigen?

Johanna Kunz: Viele Flüchtlinge haben sehr schlimme Dinge erlebt oder gesehen. Sie sind traumatisiert und brauchen psychologische Hilfe. Damit werden wir uns in der Zukunft verstärkt auseinander setzen müssen. Außerdem stehen wir vor der Frage, wie möglichst vielen Flüchtlingen der Zugang zu Bildung und Arbeitsmarkt geebnet werden kann.

Inzwischen ist Johanna Kunz in ähnlicher Funktion wie in Bad Marienberg auch in der Verbandsgemeinde Westerburg aktiv. Die Kooperation zwischen dem regionalen Diakonischen Werk und der VG Westerburg läuft unter dem Namen „Integrationsnavigator“. (shg)


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