Solarpark Hachenburg: es bleiben offene Fragen
Politische und wirtschaftliche Interessen genießen höhere Prioritäten – Bauernverband war machtlos. Naturschützer glänzten durch Abwesenheit. Röttig propagiert Nachhaltigkeit für Umwelt. Fragen über Fragen.
Hachenburg. Die Einen feiern den geschaffenen Solarpark vor den Toren der Stadt Hachenburg als wirtschaftlichen Erfolg und Beitrag zur Schaffung von regenerativen Energien bei der Abschaffung und des Ausstiegs aus dem Atomstrom, die Anderen meldeten Bedenken wegen des Landschaftsverbrauchs an. Durchgesetzt haben sich die, die wirtschaftliche und politische Macht haben. Von den selbsternannten Naturschützern wie NABU und BUND, die bei Straßen- und Windmühlenbau lautstark agieren, war in dieser Frage öffentlich bisher nichts zu hören
Der WW-Kurier fragte die Stadtverwaltung: Hatte die Stadt Hachenburg von Anfang an vor ein „echtes Gewerbegebiet“ auszuweisen, oder diente die Änderung des Flächennutzungsplanes dazu einen Solarpark zu schaffen? Warum tritt die Stadt nicht selber als Betreiber auf? Warum wurde das „neue Gewerbegebiet“ zuerst für 4,- Euro/Quadratmeter angeboten (kurze Zeit später ohne Preisangabe) und vor dem Verkauf zunächst einmal erschlossen (Strom, Wasser, Kanal)? Wie steht der Stadtrat zu dem Thema den Landschaftsverbrauch so gering wie möglich zu halten? Verträgt sich die Errichtung dieses Solarparks mit den aktuellen Richtlinien des EEG (Energie-Einspeisungs-Gesetzes)?
Der jetzige Stadtbürgermeister Karl-Wilhelm Röttig antwortete wie folgt: „Es ist allgemein gesagt, belegt und offengelegt worden, dass der jetzige Solarbereich als solcher ausgewiesen wurde und der andere Erschließungsbereich als Gewerbegebiet vorgehalten wird. Dieser Bebauungsplan wurde mehrfach öffentlich ausgelegt und hat 2012 Rechtskraft. Seitens der städtischen Gremien wurde eine eigene Betreiberabsicht nicht gewollt und es wurde sich gegen eine wirtschaftliche Beteiligung ausgesprochen. In dem Solarpark wurden die erforderlichen Erschließungsmaßnahmen durchgeführt und das restliche Gewerbegebiet wird bedarfsorientiert erschlossen werden.
Die EVM hat sich Herbst 2014 für dieses als Solarfläche ausgewiesene Gelände interessiert. Die Mehrheit des Stadtrates hat sich für den Bau des Solarparks zu den angebotenen Bedingungen ausgesprochen. Wir haben mit der Ansiedlung dieses, an besonders geeigneter Stelle gelegenen Solarparks, einen wesentlichen Baustein zur regionalen Energieversorgung beigetragen. Wir haben damit einen Schritt aus der Atomenergie gemacht, trotzdem das Land nicht versiegelt und einen guten Lebensraum (9,65 ha) für Niederwild, Kleinlebewesen und Vögel geschaffen. Die weiteren Flächen stehen noch den Landwirten, im Moment kostenfrei, zur Verfügung. Auch hier ist den Landwirten und anderen Interessierten bekannt, dass es sich um ein geplantes Gewerbegebiet handelt und die Stadt bei Bedarf die Flächen kündigen wird. Es ist zu erwähnen, dass die Fläche den Vollerwerblandwirten für gutes Geld abgekauft und damit kostenfrei zu Verfügung gestellt wurde. Ein Schaden dürfte durch die Anlage keinem Landwirt entstanden sein. Die Stadt hat etwas Nachhaltiges für die Umwelt getan.“
Der Geschäftsführer der Bezirksgeschäftsstelle der Kreisverbände AK, NR, WW, im Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau e.V., Markus Millé, antwortete auf die gezielten Fragen wie folgt: „Aus landwirtschaftlicher Sicht hat der schonende Umgang mit der knappen Ressource Boden hohe Priorität. Daher wirbt der Bauernverband für die Vermeidung der Zerstörung hochwertiger landwirtschaftlicher Ackerflächen durch jegliche Art der Versiegelung, somit auch durch die Errichtung von PV-Flächen.
Im bundespolitischen Willensbildungsprozess hat der Bauernverband 2010 erreichen können, dass die generelle Förderfähigkeit von Photovoltaikanlagen auf Ackerflächen ab dem 1. 12. 2010 aus dem EEG wieder herausgenommen wurde. Die damals geltende Regelung, dass PV-Anlagen auf jeglicher Landwirtschaftsfläche die lukrative EEG-Einspeisevergütung in Anspruch nehmen konnte, war aus Sicht des Bauerverbandes ein falsches und fatales Signal, zumal es dem Ziel des Schutzes landwirtschaftlicher Flächen und der Ressourcen Boden widersprach. Der Bauernverband setzt sich dafür ein, die Förderung des Ausbaus von Photovoltaik auf versiegelte Areale sowie Konversion- und Dachflächen zu beschränken. Nur so können die Ziele der Energiewende mit dem effektiven Schutz von Landwirtschaftsflächen vereinbart werden…
Im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplanes für das Gewerbegebiet an der B 413, das 2008 in die Offenlegung ging, haben sowohl die als Träger öffentlicher Belange unmittelbar verfahrensbeteiligte Landwirtschaftskammer als auch der im Auftrag unserer Mitglieder tätige Kreisbauernverband die Position der Erforderlichkeit des Schutzes wertvoller Ackerflächen vertreten… Die Ratsmitglieder der Stadt Hachenburg haben sich mehrheitlich den für die Verwirklichung der PV-Anlage sprechenden Argumenten Vorrang gegenüber dem Schutz wertvoller Ackerflächen eingeräumt.“ repa
Meine Meinung VON REINHARD PANTHEL
Konstruktive Kritiken sind oft hilfreich
Hat man eine andere Meinung als die „Obrigkeit“ wird man schnell in die Ecke der „Meckerer“ gestellt. Aber bekanntlich gibt es immer verschiedene Betrachtungsweisen. Wer kann für sich in Anspruch nehmen, dass nur seine, die eigene Meinung, die allein Richtige ist? Nachdenken ist dabei genau so wichtig um andere Meinungen chancengleich überprüfen zu können. Auch Kritikern liegt das Wohl und das weitere Vorwärtskommen der „schönsten Stadt“ im Westerwald am Herzen.
Wer könnte sich heute ernsthaft gegen Photovoltaik- und Windenergieanlagen aussprechen? Wer aus gutem Grund Atomkraft nicht will, der darf auch nicht gegen die Alternativen wettern. Wenn man aber den Standort und die Verfahrensweise für ein solches Vorhaben kritisch hinterfragt, dann schafft man sich nicht nur Freunde.
Erschließung eines neuen Gewerbegebietes? Natürlich, aber nur dann, wenn es auch potentielle Interessen dafür gibt. Solange keine vernünftige Verkehrserschließung existiert, wird sich derzeit kein Interessent für eine Niederlassung „auf der grünen Wiese“ finden. Im damals geplanten Industriegebiet „Saynstraße“ ist ein Einkaufszentrum entstanden und hat einen neuen Verwendungszweck gefunden… „Gott sei Dank“!
In den Nachbargemeinden Nister und Alpenrod verwirklichten die Gemeinderäte das, was den Hachenburgern nicht glückte. Die Ansiedlung von Industrie- und Handwerksbetrieben, damit die Schaffung von Arbeitsplätzen und Gewerbesteuereinnahmen. Ist das Zufall oder eher ein Versagen der politisch Verantwortlichen. Fragen darf man das ja wohl mal…
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