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Nachricht vom 26.11.2014    

Junge sind schneller, aber Ältere kennen die Abkürzung

Die Tendenz für Ältere auf dem Westerwälder Arbeitsmarkt ist positiv: zumindest für Qualifizierte steigt die Beschäftigung. Trotzdem sind ältere Arbeitnehmerrinnen und Arbeitnehmer nach wie vor unzureichend auf dem heimischen Arbeitsmarkt integriert.

Heiß und laut: die Arbeitsbedingungen in der Glasproduktion sind nicht nur für ältere Arbeitnehmer belastend. Fotos: privat

Westerwaldkreis/Wirges. Dieses Fazit wurde gezogen nach einer Veranstaltung zum Thema „Die Arbeitsmarktsituation Älterer“. Dazu hatten das Forum Soziale Gerechtigkeit und der DGB Kreisverband Westerwald gemeinsam eingeladen. Gastgeber war der traditionsreiche Glashersteller Saint-Gobain Oberland AG in Wirges, der eigens für diesen Anlass die Werkskantine in ein Tagungszentrum umgestaltet hatte.

Forumssprecher Uli Schmidt (Horbach) eröffnete den Abend als Moderator mit einem Aufruf an die heimischen Unternehmen, die Potenziale der älteren Arbeitnehmer stärker zu nutzen. Er zitierte eine Arbeitsmarktexpertin mit dem treffenden Spruch: „Ältere Arbeitnehmer sind zwar nicht so schnell wie 30-Jährige, aber sie kennen die Abkürzung!“

„Da wir unsere älteren Mitarbeiter immer im Blick haben, konnten wir uns schnell dafür entscheiden, für das heutige wichtige Thema Gastgeber zu sein“, stellte Werkleiter Ulrich Weiß bei seiner Begrüßung fest. Er wies darauf hin, dass täglich am Standort Wirges 1,5 Millionen. Glasflaschen hergestellt werden, was in der Produktion zwingend mit Lärm und Hitze verbunden sei. Wie gut die Bindung langjähriger Beschäftigter an das Unternehmen ist, zeige die Tatsache, dass im kommenden Jahr 48 Mitarbeiter im Unternehmen das 25-jährige Betriebsjubiläum feiern können.

Auf die zu hohe Zahl älterer Arbeitsloser im Westerwald wies die DGB-Vorsitzende der Region Koblenz, MdB Gabi Weber, in ihrer thematischen Einführung hin. „Es ist gut“ so die Wirgeser Bundestagsabgeordnete, „dass die Zahl der Beschäftigten zwischen 50 und 65 Jahre in unserem Westerwaldkreis auf 28.590 Personen gesteigert werden konnte“. Weber lobte die Saint-Gobain Oberland AG, die nach der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 richtig reagiert, die eigenen Leute gehalten und in deren Weiterbildung investiert hatte. „Heute zahlt sich das aus!“, meinte die Gewerkschaftschefin abschließend.

Für den Hauptvortrag des Abends konnte mit Wilhelm Adamy aus Berlin einer der renommiertesten Kenner des deutschen Arbeitsmarktes gewonnen werden. Er leitet die Abteilung Arbeitsmarktpolitik beim DGB-Bundesvorstand und ist Sprecher der Arbeitnehmergruppe im Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit.



„Trotz guter Ansätze hat sich die Einstellungspolitik gegenüber Älteren kaum verändert und es gibt einen relativ hohen Anteil älterer Langzeitarbeitsloser“, stellte der Gast aus der Bundeshauptstadt zunächst fest. Er bescheinigte aber Rheinland-Pfalz hier mit einer von 24 auf 31,3 Prozent gesteigerten Beschäftigungsquote Älterer überdurchschnittlich gut dazustehen. Jedoch sei es nicht hinzunehmen, dass mit 46,9 Prozent fast die Hälfte der älteren Arbeitslosen auf „Hartz IV“ angewiesen ist. Zudem gingen viele aus einer prekären Situation in Rente.

Adamy ging auch auf den häufig vorgezogenen Ruhestand vieler Beschäftigter ein. Dafür gebe es nachvollziehbare Gründe wie gesundheitliche Einschränkungen, zu hohes Arbeitstempo oder einfach nach einem langen und belastenden Arbeitsleben der Wunsch nach etwas mehr Zeit für private Interessen. „Es ist jedoch nicht hinnehmbar, dass immer noch die Mehrheit der Unternehmen diese demographische Entwicklung verdränge und nicht einmal Ansätze eines Altersstrukturplanes entwickelt hätten. „Die Saint-Gobain Oberland AG hier in Wirges ist diesbezüglich überdurchschnittlich gut aufgestellt“, so der Referent anerkennend.

Leider noch zu oft vernachlässigt würde die Arbeitsgestaltung. „Sichere Arbeitsverträge, häufigere Kurzpausen, Abwechslung in Haltungen und Abläufen sowie praxisorientierte Weiterbildungskonzepte sind beispielsweise geeignet, die Motivation im Betrieb zu erhöhen“, ermunterte Adamy die Anwesenden. Er formulierte am Ende seines Vortrages noch Anforderungen an die Arbeitsförderung und die Sozialpolitik. Beispiele hierfür seien die Verhinderung von Zwangsverrentungen von Hartz-IV-Empfängern vor 65 und flexiblere Übergänge in die Rente sowie weiterer Reformbedarf bei der Erwerbsunfähigkeits- beziehungsweise Erwerbsminderungsrente.

Die anschließende Diskussion streifte Themen wie die Zulässigkeit von Jahres- Arbeitsverträgen, die reduzierten Fördermöglichkeiten des Job-Centers nach einschneidenden Kürzungen sowie die Berücksichtigung psychosomatischer Erkrankungen im Betrieb.



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