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Nachricht vom 08.04.2014    

Montabaurer Magier ist mit guten Mächten im Bunde

Für Kai Ludwig sind Zauberer und Glaube keine Gegensätze. Er ist als Zauberer Ludini Mitglied im legendären „Magischen Zirkel“ und als bekennender Christ im Kirchenvorstand der Evangelischen Kirchengemeinde Montabaur engagiert. Im Gespräch mit Peter Bongard verrät er einiges aus seiner Trickkiste.

Für Kai Ludwig sind Zauberer und Glaube keine Gegensätze.

Montabaur. Der Zauberkünstler hält mir die Spielkarten hin – sorgsam aufgefächert, mit den Farben nach unten. Ich ziehe irgendeine (es ist die Pik Acht) und reiche sie ihm. Natürlich verdeckt. Ludini, wie er sich nennt, nimmt die Karte und hält sie eine Armlänge von sich entfernt – ohne auf die Vorderseite zu linsen. Normalerweise funktionieren solche Tricks mit Abzählen, denke ich bei mir. Doch Ludini zählt nicht. Er hält die Karte einfach nur von sich weg. Nichts scheint durch, nirgendwo spiegelt sich etwas. Und trotzdem zweifle ich keine Sekunde daran, dass er gleich „Pik Acht“ sagt.

So wohnt also ein echter Zauberer: Ein nettes Häuschen in Montabaur. Das Wohnzimmer ist freundlich und hell eingerichtet, an der Wand hängen Familienfotos. Kein dunkles Gewölbe, keine magischen Symbole, nirgendwo huschen schwarze Katzen umher. Stattdessen: ein liebevoll eingerichtetes Eigenheim mitten im Westerwald. Kai Ludwig ist ein sympathischer Familienvater Mitte 40; Marketingexperte bei einer Internetfirma, gläubiger Christ – und Zauberer. Ein Typ, bei dem es sich lohnt, genau hinzusehen. Obwohl man seinen Tricks selbst dann nicht auf die Schliche kommt. Dafür ist er zu gut, zu routiniert. Schließlich zaubert Kai Ludwig schon seit mehr als 30 Jahren.

„Ein Freund hat in der Schule mal aus heiterem Himmel eine Blume ins Knopfloch gezaubert“, erzählt er von seinen Anfängen. Der kleine Kai ist fasziniert und lässt sich von seinem Kumpel die ersten Tricks zeigen. Später treten die beiden gemeinsam auf: „Er war der Bastler, ich der Vorführer.“ Doch Kai Ludwigs Lehrmeister ist zu nervös und vergeigt viele Nummern. Sein Schüler ist abgebrüht: Er tritt schon damals bemerkenswert souverän auf. Doch Kai möchte immer besser werden. Er arbeitet lange und hart an seinen Tricks. Einige Jahre später lernt er den Magier Nicolai Friedrich kennen. Er macht Kai Ludwig den „Magischen Zirkel von Deutschland“ schmackhaft - die Elite der deutschen Zauberer. Für seine Aufnahmeprüfung muss „Ludini“ einen ganzen Tag lang seine Meisterschaft demonstrieren: Er zeigt, dass er die Techniken und die Geschichte der Zauberei beherrscht und schließlich auch auf der Bühne bestehen kann. Die Juroren sind beeindruckt: Sie belohnen Kai Ludwig für seine Mühe und nehmen ihn in den Magischen Zirkel auf.

Ludini fährt mit dem Zeigefinger über die Karte und schließt die Augen. Er murmelt, dass er die Farben fühlt und die Zahlen ertastet. Tut er natürlich nicht. Das alles dient nur dazu, um mich abzulenken, um meine Aufmerksamkeit einen Sekundenbruchteil auf etwas völlig Unwichtiges zu lenken, damit ich das wirklich Wichtige verpasse. Zumindest glaube ich das. Oder kann er vielleicht doch Farben fühlen?

Während seiner Jahre im Magischen Zirkel lernt Kai Ludwig viel. Von seinen Kollegen, aus Büchern (deren Titel er natürlich für sich behält), vom stundenlangen Training. Er arbeitet sich in die großen Kategorien der Zauberei ein – etwa die Schwebe-Effekte, die Münzen- oder die Kartenkunst. Aber vor allen Dingen lernt er, die Psychologie zu nutzen. „Das Wichtigste ist die Ablenkung“, sagt er. „Und zwar nicht die hektische, bei der sich der Zuschauer überfordert fühlt. Meine Zauberei lebt von der Langsamkeit. Sie lebt davon, dass ich Geschichten erzähle und mein Gegenüber durch kleine, präzise Gesten in die Irre führe.“ Dabei sind das Timing und die Dramaturgie entscheidend. Nicht nur, damit ein Trick funktioniert. Sondern auch, damit er nicht langweilig wird. Manchmal ist es nur das Zucken einer Hand, mit dem Kai Ludwig einer Nummer das letzte Sahnehäubchen aufsetzt. „Ludini-Crisp“ nennen seine Kollegen solche Feinheiten.



Ludwig hat für dieses Knistern jahrelang ackern müssen. „Es gab da so ein Kunststück“, erzählt er, „das ich einen Monat lang jeden Morgen und jeden Abend üben musste. Und dann noch einmal genauso lange, bis es leicht aussah. Und dann noch mal einen Monat, um währenddessen reden zu können. Damit der Trick lebt, muss er völlig beiläufig und selbstverständlich aussehen“, sagt er. „Das ist das Traurige an der Zauberei: Die wahre Kunst – die Technik, damit alles funktioniert – werden die Zuschauer niemals sehen. Wie ein virtuoser Pianist, der während eines Konzerts seine Hände verbirgt.“

Unablässig streichen Ludinis Finger über die Karte. „Ich fühle eine dunkle Farbe. Also schwarz. Und hier oben ist so eine kleine Spitze. Deshalb muss es Pik sein“, beschwört er das Blatt. Dann murmelt er etwas von einer einstelligen Zahl und deren Rundungen. Schließlich öffnet er die Augen, blickt mich an und sagt. „Pik Acht“. Und ich kann mir beim besten Willen nicht erklären, was gerade passiert ist.

Für Kai Ludwig muss Zauberei vor allen Dingen Spaß machen. Das ist seine Mission: Die Menschen mit seiner Kunst zu erfreuen statt ihnen mit allerlei okkultem Hokuspokus eine Heidenangst einzujagen. Für ihn ist das Ehren- und Glaubenssache. Denn Kai Ludwig ist überzeugter Christ und engagiert sich unter anderem im Kirchenvorstand der Evangelischen Kirchengemeinde Montabaur. Allerdings hat er die Erfahrung gemacht, dass manche mit seiner Kunst ein Problem haben. „Als ich mal in einer recht strengen Gemeinde gezaubert habe, kam eine ältere Dame auf mich zu und behauptete ernsthaft, dass ich bei einem meiner Tricks mit dem Teufel im Bunde war. Ich sagte nur: ,Danke! Dann habe ich Sie offenbar sehr beeindruckt!'“ Er sagt das mit einem Lächeln. Mit einem verständnisvollen, wohlgemerkt. Nicht mit einem sarkastischen. „Als Christ glaube ich, dass es Phänomene gibt, die sich mit normalen Dingen nicht erklären lassen. Aber das, was ich tue, hat damit nichts zu tun. Ganz im Gegenteil. Mein Ziel als Zauberer ist es, das Publikum angenehm zu unterhalten. Dass ich sie dabei verblüffe oder sogar ein bisschen schocke, gehört dazu. Denn wenn die Menschen ein Kunststück sehen, das sich jeglicher Erklärung entzieht, ziehe ich ihnen in dem Moment den Boden unter den Füßen weg. Und das verunsichert sie. Aber genau das ist das Ziel: einen Trick so zu zeigen, dass er sich jeder Erklärung entzieht.“

Kai Ludwig ist also nicht mit dunklen Mächten im Bunde. Ebenso wenig nutzt er seine Vorführungen als versteckte Predigt. „Ich bin nicht der Verkündiger, der die Zauberei nutzt, um das Evangelium spannender zu machen. Das hat's gar nicht nötig“, sagt er. „Obwohl es manchen Predigten gut tun würde, wenn man sie mit dem präzisen Timing und der Dramaturgie der Zauberkunst würzt ...“

Ludini kennt die Fragen, die ihm die Leute nach dem Trick stellen: „Haben Sie die Karten abgezählt? Haben Sie sie markiert? Gespiegelt?“ Ich gehe jede Erklärung durch und liege immer falsch. Der Magier lässt mich mit seinem sanften Lächeln zurück. Der Ludini-Crisp – er knistert in diesem Moment besonders geheimnisvoll.

Wahrscheinlich wollen Sie jetzt wissen, wie er das mit der Pik Acht gemacht hat. Können Sie ein Geheimnis für sich behalten? Ja? Ich auch. (bon)




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