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Nachricht vom 02.12.2025    

Wenn Einsätze zur Belastungsprobe werden: Die psychische Herausforderung für Rettungskräfte

Einsätze von Rettungskräften sind oft mit großen psychischen Belastungen verbunden. Dramatische Vorfälle hinterlassen Spuren, selbst bei erfahrenen Helfern. Experten erklären, wie wichtig psychosoziale Unterstützung ist und warum sich die Situation in den letzten Jahren verändert hat.

Notfall-Nachsorge des Roten Kreuzes (Foto: Birgit Reichert/dpa)

Rheinland-Pfalz. Es gibt Einsätze, die lassen selbst erfahrene Rettungskräfte lange nicht los. Bei Jörg Teusch war dies ein Geisterfahrer-Unfall Anfang Mai auf einer Autobahn in der Eifel, bei dem eine junge Frau ums Leben kam. "Man kommt zur Einsatzstelle und versucht alles, um sie doch noch zu retten. Kurze Zeit später kommt der Anruf, dass sie es leider nicht geschafft hat." Wenn man selbst Kinder in dem Alter habe, beschäftige das einen länger. Man könne sich die Situation gut vorstellen, wie das Kind das Haus verlasse und sage, ich fahre eben mal dorthin. "Und dann wird daraus eine Ewigkeit." Der Brand- und Katastrophenschutzinspekteur des Landkreises Bernkastel-Wittlich sage sich: "Man darf mitfühlen, man darf aber nicht mitleiden." Aber dennoch gebe es immer wieder Situationen, die Spuren hinterlassen, auch nach mehr als 1.000 gefahrenen Einsätzen.

Gesehen und erlebt hat der 54-jährige Teusch eigentlich schon alles. Schwere Verkehrsunfälle, Gebäudebrände, Gefahrstoff- und Unwettereinsätze - mitsamt der Opfer. Fragen wie: "Hätte ich jemanden noch retten können, wenn ich ein paar Minuten schneller da gewesen wäre?", die dürfe man sich nicht stellen. "Man muss sich immer klar sein: Man hat die Situation ja nicht verursacht."

Psychosoziale Notfallversorgung für Einsatzkräfte
Immer wieder komme es vor, dass Einsatzkräfte psychologische Hilfe bräuchten, sagte Teusch. Oft liege es auch an der jeweiligen persönlichen Situation, ob man stärker belastet werde. Bei dem Einsatz funktioniere man noch gut, alles läuft nach Plan. "Aber dann, wenn es rum ist, sitzt man mit dem Helm am Boden und fängt an zu grübeln." Wenn man dann "nicht mehr aus dem Loch rauskommt", sei es gut, dass es die Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) auch für Einsatzkräfte gebe. Wenn heute eine Rettungskraft jemand Hilfe brauche, stoße das auf allgemeines Verständnis, sagte Teusch. Früher habe man sich nicht getraut, etwas zu sagen. "Es ist gut, dass wir da einen Wandel hinbekommen haben."

Das sieht sein Kollege Jürgen Larisch vom Eifelkreis Bitburg-Prüm genauso. Er erinnere Einsatzkräfte nach tragischen Unfällen an diese Notfallseelsorge. Wie jüngst bei dem Autounfall auf der B 51 zwischen Trier und Bitburg, bei dem vier Menschen getötet wurden: "So etwas schüttelt man nicht ab, das nimmt man mit nach Hause." Vielen Menschen sei nicht bewusst, dass deutschlandweit über 90 Prozent der Einsatzkräfte ehrenamtlich tätig seien. "In Rheinland-Pfalz haben wir nur sechs Berufsfeuerwehren", sagt der Brand- und Katastrophenschutzinspekteur aus der Eifel.

Mehr Nachfrage bei Psychosozialer Notfallversorgung
Oliver Pick von der PSNV für Einsatzkräfte vom Deutschen Roten Kreuz sagte, seit rund vier Jahren gebe es mehr Nachfrage nach den Angeboten. "Die Flut im Ahrtal und in der Eifel: Das war ein Game-Changer", sagte er. Kräfte meldeten sich unter anderem mit Schlafstörungen. "Es ist diese Gewalt der Bilder, die zu sehen sind." Der Unfall mit vier Toten auf der B 51 Mitte November habe etliche Einsatzkräfte hart getroffen, weil sie die Opfer kannten, sagte Pick. Generell seien Unfälle mit Kindern immer besonders belastend.



Sieben bis zehn Prozent erleiden Trauma-Störung
Die Belastungen für Rettungskräfte seien eindeutig vorhanden, sagte Psychologe Peter Schüßler von der Deutschsprachigen Gesellschaft für Psychotraumatologie. Die allermeisten Einsatzkräfte hätten aber ihre eigenen Strategien, damit umzugehen und kämen teils auch mit Unterstützung klar. Es gebe aber persönliche Situationen, die besonders belasten könnten, etwa, wenn man ein Opfer kenne oder es eine Beziehung gebe. "So ist es nicht klug, im Rettungsdienst einen, der vorgestern Vater geworden ist, mit einem Einsatz plötzlicher Kindstod zu konfrontieren", sagte Schüßler in Koblenz.

Nach Studien erlitten sieben bis zehn Prozent der Einsatzkräfte eine posttraumatische Belastungsstörung oder eine andere Traumafolgestörung. "Wichtig ist, dass wir die Menschen, die tatsächlich durch einen Einsatz traumatisiert wurden, möglichst schnell finden", sagte der Experte.

Jahrelang noch Brandgeruch in der Nase
Einer der schlimmsten Einsätze für Larisch sei vor Jahren in der Nähe von Spangdahlem gewesen. Damals sei ein Lastwagen beim Abladen mit seinem Kran in eine Hochspannungsleitung gekommen. Der Fahrer fiel dabei herunter und lag brennend auf den Abstützungen des Lkws. Wegen des Stroms sei man zunächst nicht an die Stelle gekommen, sagte Larisch. Noch Jahre später habe er immer diesen Brandgeruch in der Nase gehabt, wenn er dort vorbeifuhr. "Ich habe versucht, diese Stelle zu meiden." Nach Einsätzen bedauere er manchmal, "dass die Rückmeldung fehlt, ob die ein oder andere Person überlebt hat", sagt der 66-Jährige. Auch müsse man sich immer wieder sagen: "Bei einem Einsatz können wir nicht jeden retten." Man könne so gut und schnell arbeiten wie nur möglich. Aber es werde auch Menschen geben, die sterben.

Etwa wie bei dem Hoteleinsturz in Kröv im Kreis Bernkastel-Wittlich im August 2024. Zwei Menschen kamen damals ums Leben. Sieben weitere waren teils über Stunden in den Trümmern gefangen, bevor sie gerettet werden konnten. "Es war ein Wechselbad der Gefühle", sagte Teusch, der den langen Einsatz damals leitete. Die Bergung der Toten sei sehr schlimm gewesen. "Aber letztlich hat die Freude über die Rettung der Personen, die unter den Trümmern lagen, überwogen. Weil es hätten ja auch neun Tote sein können." (dpa/bearbeitet durch Red)



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