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Pressemitteilung vom 13.11.2025    

Gedenkspaziergang in Westerburg erinnert an jüdisches Leben

In Westerburg versammelten sich mehr als hundert Menschen zu einem besonderen Gedenkspaziergang. Die Veranstaltung führte die Teilnehmenden an historische Orte und machte das Schicksal der jüdischen Bevölkerung während des NS-Regimes greifbar.

Am Ehrenhain hatten die Teilnehmenden einen guten Blick auf die Eisenbahnbrücke. Christine Henrich (dritte von rechts) sprach dort über Deportation. (Fotos: Nadine Bongard)

Westerburg. Mehr als hundert Menschen nahmen am Gedenkspaziergang "Auf den Spuren jüdischen Lebens" in Westerburg teil. Organisiert wurde die Veranstaltung vom Evangelischen Dekanat Westerwald, den evangelischen und katholischen Kirchengemeinden in Westerburg, Lehrkräften des Konrad-Adenauer-Gymnasiums und der Realschule plus sowie der Buchautorin und ehemaligen Stadtarchivarin Maria Meurer. Der Spaziergang führte zu zentralen Orten der jüdischen Geschichte in Westerburg und erinnerte an die Entrechtung und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung während der NS-Zeit.

Pfarrer Maic Zimmermann eröffnete die Veranstaltung mit einer Ansprache auf dem Marktplatz. Er beschrieb die festliche Stimmung im Jahr 1910 zur Einweihung der neuen Synagoge: "Alle Westerburger freuten sich darüber - ob Christen oder Juden - und feierten zusammen." Doch nur 28 Jahre später, am 10. November 1938, begann mit dem Pogrom die systematische Verfolgung der jüdischen Gemeinde. Im Jahr 1942 wurde Westerburg als "judenfrei" gemeldet.

Schicksale der jüdischen Bürger in Westerburg
An der Neustraße 29 sprach Nadine Bongard vom Evangelischen Dekanat über das persönliche Leid hinter den historischen Zahlen, indem sie das Schicksal von Selma Heilberg schilderte. Heilberg verlor nach und nach alle ihre Rechte und schließlich ihr Leben im Vernichtungslager Sobibor, nachdem mehrere Ausreiseversuche gescheitert waren.

Pastoralreferentin Dorothee Bausch thematisierte an der ehemaligen Synagoge in der Wilhelmstraße die "Goldene Regel", die besagt, dass man andere so behandeln soll, wie man selbst behandelt werden möchte. Sie betonte: "Den eigenen Glauben leben zu dürfen und sich in seinem Gotteshaus versammeln zu können, ob als Katholik, Protestant, Jude oder Muslim, muss jedem Menschen möglich sein."



Maria Meurer berichtete in der Kirchgasse 11 über die Familie Fuld und andere Bewohner, deren Haus zuletzt als "Ghettohaus" diente. Sie sammelte die Lebensgeschichten von 140 jüdischen Opfern des Naziregimes in ihrem Buch "Verfolgt-Vertrieben-Vernichtet".

Am Ehrenhain las Christine Henrich, Lehrerin an der Realschule plus, aus Gudrun Pausewangs Roman "Reise im August", der die Deportation der Juden thematisiert. Bettina Bathe, Lehrerin am Konrad-Adenauer-Gymnasium, erinnerte am Rolf-Simon-Schaumburger-Denkmal an den sechsjährigen Jungen, der am 28. August 1942 mit seinen Eltern deportiert wurde und in Auschwitz ermordet wurde. 2007 erhielt er in Westerburg ein Denkmal.

Zum Abschluss waren alle Teilnehmenden zu Tee, Gebäck und Klaviermusik ins Pfarrer-Ninck-Haus eingeladen. Viele nutzten die Gelegenheit, um über die Eindrücke des Spaziergangs zu sprechen und sich über aktuelle antidemokratische Entwicklungen auszutauschen. Die einhellige Meinung war, dass Erinnerungskultur wichtig ist, um das Vergessen und neue rechte Bestrebungen zu verhindern.

Hintergrund
Die jüdische Gemeinde in Westerburg existierte seit dem Mittelalter und prägte das gesellschaftliche Leben der Stadt über Jahrhunderte. Die Synagoge wurde 1938 während der Novemberpogrome zerstört. Am 28. August 1942 wurden die letzten neun jüdischen Bürger deportiert, unter ihnen die Familie Schaumburger mit ihrem Sohn Rolf. Noch am selben Tag wurde Westerburg als "judenfrei" gemeldet. Heute erinnern ein Denkmal, eine digitale Stadtführung und zahlreiche Bildungsinitiativen an das jüdische Leben in Westerburg. (PM/Red)


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