Nicole nörgelt … über das Bildungsniveau im Sturzflug
Von Nicole
GLOSSE | Nach der letzten Studie ist Rheinland-Pfalz im Bildungsmonitor von Platz neun auf Platz zwölf abgerutscht. Die einzig gute Nachricht dabei ist, dass es langsam nicht mehr viel weiter nach unten gehen kann, denn schließlich verfügt Deutschland nur über 16 Bundesländer insgesamt.
GLOSSE! Seit Jahren ist sind die Begriffe Integration, Sprachförderung und Digitalisierung in aller Munde, doch was passiert wirklich? Nichts. Aber wo liegt nun das Kernproblem, warum sich in der Bildungswelt nichts voran bewegt? Es werden immer neue Mittel bereitgestellt, doch es wird einfach nicht besser – ganz im Gegenteil, das System stürzt immer weiter ab, hier kann man nicht einmal mehr von Sinkflug, sondern nur noch von Sturzflug sprechen.
Zurück zu den Grundlagen
Sollte es unseren Bildungspolitikern nicht zu denken geben, dass Länder wie Schweden, Finnland und Norwegen, die bei allen Studien stets sehr weit vorne liegen, entschieden haben, die Tablets wieder aus den Grundschulen nehmen und zurückzukehren zu Stift und Papier. Und warum tun sie das? Weil sie – im Gegensatz zu uns Deutschen – erkannt haben, dass es ohne die seit Jahrzehnten bewährten Lehrmethoden nicht geht. Weil sie einen Rückgang der Lernkompetenz beobachten.
Weg vom Bildschirm
Kinder werden bereits lange vor der Einschulung vor Bildschirme von Handys und Tablets gesetzt, statt mit ihnen zu lesen, zu malen, zu basteln und sie in wichtige Dinge des Alltags miteinzubeziehen. Diese wirklich grundlegenden Voraussetzungen werden oft mit der Ausrede, dass arbeitende Eltern für so etwas keine Zeit haben, beiseite geschoben. Es mag sein, dass sich Lebensmodelle in den letzten Jahrzehnten geändert haben, aber gibt es irgendetwas Wichtigeres als die Zukunft der Kinder, die die Generation nach uns werden? Und damit meine ich nicht, dass Mami und Papi dem 18-jährigen Torben-Iltis-Rübenkopf immer noch die Hausaufgaben machen, die Kleidung heraussuchen und alles regeln, was dem lieben Kleinen unangenehm sein könnte. Nein, Bildung, ob nun frühkindlicher Art oder auch später, heißt, Kinder auf den Weg in ein eigenständiges Leben vorzubereiten und ihnen das Wissen mitzugeben, das sie später wirklich brauchen. Und dazu gehört nicht nur die Bedienung von Tablets und Taschenrechnern. Denn die Maschinen sind nicht intelligenter als ihre Bediener. Sind Me-Time, Reisen, moderne Kleidung (belastet mit Schadstoffen und produziert in Billiglohn-Ländern) und immer neuere Technik wirklich mehr wert als gemeinsame Zeit? Wann hat sich unsere Gesellschaft von einem sozialen Miteinander zu einer Höher-Weiter-Schneller-Ellbogen-Gesellschaft entwickelt, in der sich jeder nur noch um sich dreht? Und leider findet sich dieses Modell inzwischen auch oft genug innerhalb der Familie.
Abgeschobene Verantwortung
Abgeschoben wird das Problem dann vorzugsweise auf die Erzieher in den Kindergärten und die Lehrer in den Schulen. Doch wie sollen diese Menschen Kindern etwas beibringen, denen erstens viele motorische, soziale und kognitive Grundlagen fehlen und zweitens jeglicher Respekt vor den Lehrkräften abhanden gekommen ist? Es dreht sich doch gar nicht mehr um die Vermittlung von Bildung, Werten und Wissen, sondern nur noch um den täglichen Überlebenskampf gegen Anfeindungen durch Schüler und noch mehr durch deren Eltern. Es geht um den verzweifelten Versuch, in Klassen zu unterrichten, in denen teilweise mehr als 80 Prozent die Landessprache Deutsch nicht beherrschen und die oft auch gar kein Interesse an einer aktiven Teilhabe in diesem Land haben. Es ist der Versuch, Werte und Wissen an Kinder zu vermitteln, die nichts davon von zu Hause mitbekommen haben. Erdreistet sich eine Lehrkraft oder ein Erzieher dann, Kritik am Benehmen des geliebten Sprösslings zu äußern, ist aber richtig was los. Dann bricht das jüngste Gericht in Form der vorbildlichen Eltern über das Personal herein. Und was ist das Resultat? Ausgebrannte und demotivierte Lehrkräfte, Erzieher, die ihren Job einmal geliebt haben, ihn aber dann aufgeben und eine völlig auf der Strecke gebliebene Bildung.
Die Antwort, man müsse Mathematik, Deutsch und Fremdsprachen nicht lernen, wenn man nicht wolle, denn es gebe ja die vielgelobte Künstliche Intelligenz (bei der es sich entgegen der landläufigen Meinung auch nur um programmierte Algorithmen und nicht um ein intelligentes, lebendes Wesen handelt) und den Taschenrechner ist alles, aber definitiv nicht die Lösung. Sie zeigt nur, dass die Menschheit offensichtlich gerade dabei ist zu verlernen, wie man Probleme durch eigenes Nachdenken löst.
Es wird höchste Zeit für eine Kehrtwende, denn sonst könnte Rheinland-Pfalz beim nächsten Vergleich den letzten Platz im Bildungsmonitor belegen. Gut, um es ketzerisch zu sagen: danach wäre der Absturz beendet, denn es ginge eben nicht mehr weiter nach unten. Doch das kann und darf ja wohl kaum das Ziel sein. Und am Bildungssystem kann nur aktiv teilhaben, wer die Landessprache beherrscht und ein paar grundlegende Dinge wie Anstand, Respekt und eine gewisse Selbständigkeit von zu Hause mitbringt.
In diesem Sinne, liebe Politiker, und vielleicht auch liebe Eltern, überdenken Sie einmal Ihre Haltung zu Digitalisierung und Tablets in der Grundschule, denn die gesamte Digitalisierung nützt nichts, wenn sämtliche grundlegenden Voraussetzungen fehlen und ganze Generationen zwar ein Tablet bedienen können, aber kaum in der Lage sind, sich eigenständig die Schuhe zu binden. Hier ist wohl "Back to the Basics" angesagt.
Ihre Nicole
Definition einer Glosse
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Nicole nörgelt
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