Betzdorfer Wirtschaftsgespräch: Zukunftsvisionen und der Verwaltungsstaat
Von Niklas Hövelmann
Am Dienstagabend (28. Oktober) fand in den Räumlichkeiten der Firma Schäfer Shop in Betzdorf das sechste regionale Wirtschaftsgespräch statt. Im Zentrum der Veranstaltung standen der Vortrag "Fast and Curious – Auf der Überholspur in die Zukunft" des Keynote-Speakers Stephan Mallmann sowie der Austausch zwischen staatlichen und privatwirtschaftlichen Akteuren.
Betzdorf. Vielversprechend las sich die Ankündigung des sechsten regionalen Wirtschaftsgespräches der IHK Koblenz in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung des Kreises Altenkirchen. Von Zukunftsplänen der Region war ebenso die Rede wie von der Vorstellung aktueller Projekte und einem Impulsvortrag über die Rolle der Neugier in Zeiten des technischen Wandels. Entsprechend zahlreich war dann auch der Andrang am Dienstagabend (28. Oktober) in den Räumlichkeiten der Betzdorfer Firma Schäfer Shop. Als Sprecher angekündigt waren im Vorfeld: Andreas Dietz, Geschäftsführer der gastgebenden Firma SSI Schäfer Shop, Verbandsgemeindebürgermeister Joachim Brenner, Kreisbeigeordneter Benjamin Geldsetzer und Stephan Mallmann, dessen Vortrag "Fast and Curious - Auf der Überholspur in die Zukunft" Hauptevent der Veranstaltung war.
Die Herausforderungen der Zukunft
Nach dem obligatorischen Fotoshooting begrüßten IHK-Regionalgeschäftsführerin Kristina Kuttig und Lars Kober, Leiter der Wirtschaftsförderung im Kreis Altenkirchen, die angereisten Gäste aus Privatwirtschaft und dem staatlichen Verwaltungsapparat. Zuvor hatten Interessierte noch die Gelegenheit, das Co-Lab, einen gemeinsamen Arbeitsraum der gastgebenden Firma, zu besichtigen.
Es folgte eine kleine Grußrunde der Vorträger, ehe in einer allgemeinen Kennenlernrunde jeder Besucher die Möglichkeit erhielt, sich vorzustellen und sowohl die Chancen als auch die Probleme, die ihn in seinem täglichen Arbeitsleben plagen, zu kommunizieren. Hier zeigten sich vor allem zwei interessante Phänomene, die Wirtschaft und Staat in den nächsten Jahren vor massive Herausforderungen stellen werden.
Bürokratie als Hemmer
Das erste Mammutproblem, das nahezu jeder Gast beklagte, war, wie könnte es anders sein, die Bürokratie. Ironischerweise störten sich hieran nicht nur die Vertreter aus der Privatwirtschaft, sondern auch die anwesenden Teilnehmer aus der Lokalpolitik. Im Grunde ist die Thematik allgemein bekannt und schnell erklärt: Immer neue staatliche und überstaatliche Vorgaben hemmen den Innovationsgeist, sorgen für die Notwendigkeit neuer Verwalterstellen in Unternehmen und öffentlichen Organen, die reine Kostenfaktoren sind, treiben die Produktionskosten in die Höhe und resultieren in einer Schwächung auf dem internationalen Markt. In der Lokalpolitik sorgt dies für die heute oft humoristisch aufgenommenen ewig langen Realisierungszeiten eines jeden Bauprojektes sowie die Mondpreise der in aller Regel ästhetisch defizitären Endprodukte.
Generationenkonflikt in der Arbeitswelt
Als zweites Kernproblem kristallisierte sich der Fachkräfte-, beziehungsweise Nachwuchsmangel heraus. Es fiele den Unternehmen heute zunehmend schwer, junge Leute in traditionelle Arbeitsverhältnisse zu lotsen. Und tatsächlich bestätigte die Realität diese Behauptung auf interessante Weise: Von den anwesenden Gästen war augenscheinlich unter 30 gemäß seiner Vorstellung kein einziger in einem typischen 9-to-5-Job tätig. Vielmehr zeigte sich der Trend zum Alleinunternehmer im kreativen Tätigkeitsfeld. Wahrscheinlich eine Folge des Generationenkonflikts und des realen Kaufkraftverlusts, wird dieses Phänomen sicherlich zukunftsbestimmend sein.
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Lösung der Probleme?
In der Folge stellten Kuttig und Kober ihre Institutionen und deren Lösungsansätze für die skizzierten Herausforderungen vor. Als Maßnahme gegen die überbordende Bürokratie etwa hat man ein Portal eingerichtet und steht mit den darin gemeldeten Beschwerden in Kontakt mit der Legislative. Auch für die Nachwuchsgewinnung hat die IHK einige Projekte am Laufen.
Neugier als wirtschaftlicher Treiber
Kurz nach 18 Uhr war es Zeit für den Impulsvortrag von Stephan Mallmann. Mit viel Humor erklärte der 51-Jährige die Funktionalität neuer KI-Tools, besonders im Hinblick auf Assistenten mit Sprachausgabe und ihre Anwendbarkeit in einer modernen Arbeitswelt.
Seine Kernthese aber war die Notwendigkeit der Neugier. Das zunehmende Abrutschen Deutschlands in den relevanten wirtschaftlichen Statistiken erklärte er sich durch die fortschrittsfeindliche Einstellung der Deutschen, die dahin tendieren würden, am Althergebrachten festzuhalten. Wir seien hier zwar oft Vorreiter in neuen Technologien, kämen aber selten dazu, diese dann tatsächlich weiterzuentwickeln, weil uns der Visionärsgeist fehle. Als Beispiel führte er Jürgen Schmidhuber an. Obgleich der Bayer als "Vater der KI" gilt, kann Deutschland kein revolutionäres KI-Programm vorweisen.
Zur Ehrenrettung der Deutschen sei aber erwähnt, dass auch hier die Bürokratie als Innovationskiller auftritt: Apple beispielsweise hat vor Kurzem eine Live-Übersetzungsfunktion veröffentlicht, dank der es nun theoretisch möglich ist, ohne Dolmetscher flüssig mit Fremdsprachlern auf der ganzen Welt zu kommunizieren. Vielleicht doch nicht auf der ganzen Welt, denn die Funktion widerspricht dem Digital Markets Act der EU und ist daher hierzulande nicht verfügbar.
Macht’s nicht wie Colgate
Mallmann mahnte jedoch, nicht zu vorschnell zu handeln. Am Beispiel von Colgate, deren Tiefkühllasagne ein phänomenaler Fehlschlag war, legte er dem Hörer eindrücklich nahe, den Markt ausführlich zu studieren, ehe eine Produktionsentscheidung getroffen wird.
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