Werbung

Nachricht vom 25.09.2025    

Hat Ole seine Oma umgebracht?

Von Helmi Tischler-Venter

Die Frage, ob Ole seine Großmutter umgebracht hat, blieb unbeantwortet durch die Autorin Katja Lange-Müller bei ihrer Lesung im Roentgen-Museum Neuwied, denn Ole kann nicht regelrecht befragt werden. Er ist behindert, groß, kräftig und neigt zu Gewaltausbrüchen. Und er liebt seine Oma Elvira, die mit ihm in einem Häuschen am Waldrand irgendwo im Speckgürtel von Ost-Berlin lebt.

Fotos: Helmi Tischler-Venter

Neuwied. Aus Berlin war am 24. September die vielfach ausgezeichnete Schriftstellerin per Bahn angereist. Lange-Müller hatte jahrelang in der Psychiatrie gearbeitet, ihre Fachkenntnisse arbeitete sie in dem Roman ein. Während des Corona-Lockdowns beobachtete sie einen großen, schweren Jungen, der jeden Tag um dieselbe Zeit vorbeitappte und das Absperrband um den Spielplatz zerriss. Sie nannte ihn „Ole“ und musste nur noch Komplementärfiguren zu ihm erfinden, die rau und spröde auftreten, von ihrer Erfinderin als „schreckliche Weiber“ bezeichnet.

Die drei Frauen: Oles Großmutter Elvira Michalski, deren Freundin Ida, die einst bildschön war und sich als Alters-Mannequin finanziell knapp über Wasser hält und schließlich Oles Mutter Manuela, die ihren Sohn seit dessen erstem Lebensjahr nicht mehr gesehen hat. Sie alle wurden von ihren Müttern nicht geliebt, der behinderte Hüne Ole, der im Kopf immer ein kleiner Junge bleibt, ist ihr Bindeglied.

Elvira und Ida haben sich zwei Jahre zuvor bei einer Modenschau kennengelernt und angefreundet. Elvira suchte einen Pullover für ihren 15-jährigen Enkel, der „wuchs, als würde man Dünger an ihn verfüttern“. Ida wird in das Landhäuschen gelockt, denn Elvira braucht Mithilfe im Haus und mit dem pubertierenden Ole. So leben sie als Dreier-WG in dem Haus auf dem Land, das in seiner schlichten Struktur aussieht wie „das Haus vom Nikolaus“.

Ida ist noch prima beieinander, mit Silikonbrüsten, einem faltigen Hals, den sie nicht sieht und den dank Botox weit aufgerissenen Augen. Ihr Gesicht pflegt sie wie ein eigenständiges Wesen, dabei denkt sie „Gesicht und Busen waren mein ganzes Kapital.“



Eines Morgens hört Ida lautes Gepolter. Danach findet sie Elvira auf dem Treppenabsatz liegend, seitlich verdreht, mit leblosen Augen. Langsam realisiert Ida, dass ihre Freundin tot ist. Ida ruft Ole, erhält aber keine Antwort. Er steht oben, platt an die Wand gedrückt, nur mit einer Schlafanzughose bekleidet und starrt vor sich hin. Ida schwant, was geschehen sein muss.

Nun zieht Manuela, die Tochter der Toten in das Haus, weil sie nun erbt. Ole weicht ängstlich vor seiner Mutter zurück, diese hat Angst vor ihrem unberechenbaren Sohn und Ida hat Angst vor dem Verlust ihrer letzten Bleibe.

Trotz der Tragik enthält das anrührende Buch „Unser Ole“ viele lustige Passagen, denn „Komik ist die Kehrseite der Tragik“, wie Katja Lange-Müller feststellt. Sie zeichnet die Frauen-Figuren kraftvoll und präzise, deren heimliche Sehnsucht nach Zuneigung, ihre kreativen Lebenslügen und -lösungen.

Der Westerwälder Literatursommer unter dem Dach der Regionalinitiative „Wir Westerwälder“ läuft in den drei Landkreisen Altenkirchen, Neuwied und Westerwaldkreis bis zum 16. Oktober weiter. Programm und Tickets finden Sie unter ww-lit.de. htv


Mehr dazu:   Veranstaltungsrückblicke  
Feedback: Hinweise an die Redaktion

.: Neu bei Instagram :. => @kuriere_news

Weitere Bilder (für eine größere Ansicht klicken Sie bitte auf eines der Bilder):
   

Anmeldung zum WW-Kurier Newsletter


Mit unserem kostenlosen Newsletter erhalten Sie täglich einen Überblick über die aktuellen Nachrichten aus dem Westerwaldkreis.

» zur Anmeldung



Aktuelle Artikel aus Kultur


Laureen Mobo verzaubert mit Jazz und Soul im Keramikmuseum

Am Sonntag, 9. November 2025, wird das Keramikmuseum in Höhr-Grenzhausen zum Schauplatz eines musikalischen ...

Markus Segschneider im KulturFoyer Bad Marienberg

Am Dienstag, 11. November 2025, erwartet die Besucher des "KulturFoyers" der Verbandsgemeindeverwaltung ...

Vivien aus Koblenz siegt beim Debüt des Schusterstadt-Slams in Montabaur

Am Donnerstag (6. November 2025) erlebte Montabaur eine Premiere: Der erste Poetry Slam im Capitol Kino ...

Männerchöre a cappella: Beroder Chor feiert 10 Jahre mit German Gents

ANZEIGE | Der Beroder Männerchor lädt am Samstag, 15. November, zu einem ganz besonderen Konzert ein. ...

Kunst trifft Mundart: Schüler präsentieren "Wäller Platt" im Rathaus

Schüler der Anne-Frank-Realschule plus Montabaur haben sich kreativ mit dem Westerwälder Dialekt auseinandergesetzt. ...

Herbsttöne in der Sayner Hütte: Konzertreihe ehrt verstorbenen Jazzpianisten

Im November verwandelt sich die Sayner Hütte in einen Ort musikalischer Begegnungen. Die Konzertreihe ...

Weitere Artikel


Neuer Vorstoß für Widerspruchslösung bei Organspende im Bundesrat

Acht Bundesländer, darunter Rheinland-Pfalz, haben im Bundesrat einen neuen Anlauf unternommen, um die ...

Figurentheater-Vorstellung in Montabaur abgesagt

Die geplante Aufführung des Figurentheaters Petra Schuff im b-05 Café in Montabaur am 26. September muss ...

Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz rät bei Mainova-Forderungen zu Widerspruch

Seit September 2025 häufen sich die Anfragen von Mainova-Kunden bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. ...

Offene Türen und offene Ohren: Bürgerdialog mit Sabine Bätzing-Lichtenthäler

Die Landtagsabgeordnete Sabine Bätzing-Lichtenthäler lädt interessierte Bürger zu einem offenen Gesprächsabend ...

Vielfältiger Kulturrenner[od]: Herbstliche Highlights im Oktober

Die Verbandsgemeinde Rennerod bietet im Oktober ein abwechslungsreiches Kulturprogramm. Naturliebhaber, ...

IG Metall Herborn-Betzdorf ehrt 603 Jubilare für jahrzehntelange Treue

In der Westerwaldhalle Rennerod wurden mehr als 600 Mitglieder der IG Metall Herborn-Betzdorf für ihre ...

Werbung