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Nachricht vom 28.07.2025    

Kita-Standards in der Diskussion: Finanzielle Herausforderungen für Rheinland-Pfalz

Die Debatte um die Kita-Standards in Rheinland-Pfalz hat erneut an Schärfe gewonnen. Der Direktor des Landkreistags, Andreas Göbel, fordert angesichts finanzieller Engpässe der Kommunen pragmatische Lösungen und stößt damit auf heftige Kritik.

Kita. Foto: Boris Roessler/dpa

Mainz. Andreas Göbel, der geschäftsführende Direktor des Landkreistags Rheinland-Pfalz, hat mit seiner Forderung nach einer Überprüfung der Kita-Standards eine hitzige Diskussion entfacht. Er warnt vor den Konsequenzen der finanziellen Notlage der Kommunen für die Gesellschaft und die Demokratie. "Wer heute nur an Partikularinteressen denkt und sich realistischen Lösungen verschließt, der kann schon mal für morgen die Kettensäge bestellen. Wenn wir nicht bald handeln, kollabiert das System", sagte Göbel im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er betonte, dass ohne Maßnahmen die Unterstützung für die Bedürftigsten gefährdet sei.

Göbel stellte fest, dass alle Kreishaushalte in einer "dramatischen Schieflage" seien. Bei der Präsentation der Klage zweier Kreise gegen das Land forderte er unter anderem die vollständige Übernahme der Altschulden, die Reduzierung der Sozialkosten und das Absenken der Standards im Bereich der Kindertagesstätten und des ÖPNV. Selbst der wohlhabende Kreis Mainz-Bingen habe kein Budget mehr für freiwillige Leistungen wie Musikschulen und Integrationssprachkurse, was zu sozialen Problemen führen könnte.

Der Landeselternausschuss der Kindertagesstätten reagierte empört und bezeichnete die Forderung als "einen Schlag ins Gesicht aller Familien, Fachkräfte und vor allem der Kinder". Bildungsminister Sven Teuber (SPD) widerspricht ebenfalls einer Senkung der Kita-Standards und nennt dies eine "Bankrotterklärung unserer Gesellschaft". Er betont, dass die Standards für Kinder nicht hoch genug sein können und unterstützt die Ansicht des Landeselternausschusses, gemeinsam die beste Qualität für Kinder anzustreben.

Auch die Bildungsgewerkschaft GEW kritisiert Göbels Vorschlag scharf. Die Vorsitzende Kathrin Gröning bezeichnet die Diskussion als "brandgefährlich" und weist darauf hin, dass die Bedingungen in den Kitas bereits jetzt nicht den wissenschaftlichen Anforderungen für gute frühkindliche Bildung entsprechen. Die Beschäftigten arbeiten am Limit, mit zu wenig Personal und Ressourcen.



Göbel verteidigt seine Position und stellt klar, dass es nicht darum gehe, Standards zulasten der Kinder zu senken oder Fachkräfte zu ersetzen. Vielmehr brauche es pragmatische Lösungen, die an die Realität angepasst sind. Als Beispiel nennt er die Betreuung in Randzeiten, die nicht immer von zwei Fachkräften gewährleistet werden müsse.

Minister Teuber verweist darauf, dass aktuell 38.700 pädagogische Fachkräfte in den Kitas beschäftigt sind - etwa 30 Prozent mehr als vor zehn Jahren. Obwohl andere Branchen unter Fachkräftemangel leiden, gelingt es, ausreichend Personal für Kitas zu gewinnen. Zudem könnten Kitas laut Gesetz 70 Prozent Fachkräfte und 30 Prozent Hilfskräfte beschäftigen, wovon jedoch nur die Hälfte genutzt werde.

Göbel fordert, fantasievoller zu werden und Eltern mit Migrationshintergrund stärker einzubeziehen. Viele hätten Qualifikationen aus anderen Ländern, die genutzt werden könnten. Er regt auch an, dass Kreise und Gemeinden zusammenarbeiten sollten, um funktionierende Modelle zu entwickeln.

Ein weiteres Problem sieht der Vertreter des Kommunalen Spitzenverbands in den hohen Baustandards, die unnötige Kosten verursachen. Auch die Auswirkungen des Bundesteilhabegesetzes belasten die Finanzen, da es zusätzliche Verwaltungsposten schafft, ohne den Bedürftigen direkt zugutekommen.(dpa/bearbeitet durch Red)


Mehr dazu:   Kinder & Jugend  
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