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Nachricht vom 14.06.2025    

Premierenabend der Rommersdorf Festspiele mit Gesang statt "Jedermann"

Von Helmi Tischler-Venter

Ungewohnte Lücken im Publikum der Premierenveranstaltung der Rommersdorf Festspiele am 13. Juni waren der Tatsache geschuldet, dass Boris Weber von der Freien Bühne Neuwied seine Aufführung kurzfristig ändern musste: Statt des körperlich anstrengenden Ein-Mann-Dramas "Jedermann" bot er einen niveauvollen, unterhaltsamen Liederabend mit Stand-up-Comedy-Einlagen, den das Publikum sehr genoss.

Fotos: Helmi Tischler-Venter

Neuwied. Nicht nur die Zuschauer, auch Boris Weber hatte sich auf den Jedermann gefreut, denn er verbindet mit dem Stück positive Erinnerungen: Vor Jahren, als Intendant Walter Ulrich den Jedermann spielte, sprang Weber ein. Zudem faszinierte ihn die gekonnte Umsetzung als Puppenspiel des Hohenloher Figurentheaters seiner Schwiegereltern.

Eine Operation in seiner Achselhöhle, die vor drei Tagen erfolgt war, verbot aus medizinischer Sicht ruckartige Bewegungen. Sehr professionell rettete Weber die Eröffnung, indem er auf einen Liederabend umschwenkte. Die Boris Weber-Fans freute es, eine neue Seite des sehr wandelbaren Neuwieder Künstlers zu erleben.

Für den Pianisten Holger Kappus, der an dem Abend nicht zur Verfügung stand, hatte Weber in Cynthia Grose, die auch Opernsängerin ist, vollwertigen Ersatz gefunden. Das Repertoire umfasste einen Teil der Lieder, die bereits beim Jubiläum der Kleinkunstbühne Neuwied im Schlosstheater zu Gehör kamen, überwiegend Kreationen der Musiker Rainer Bielefeldt und Georg Kreisler. Die Texte waren teils böse wie das mit knurrendem "r" gerollte "Tigerfest", sogar sehr böse wie "Meine Lieder" und teils unterhaltsam wie "Ich bin verrückt nach jedem neuen Pianisten".

Die "Ode an alle Politiker" lieferte Weber die Steilvorlage für spontane Gespräche mit anwesenden Politikern. Am Freitagabend nahm er besonders die Landtagsabgeordnete Lana Horstmann ins Visier und meinte mit Schadenfreude: "Wer sich davon angesprochen fühlt, ist selber schuld."

Mit Anekdoten aus seinem Berufsleben heiterte der Sänger nach dem sehr bösen Lied "Die Sportschau" die Zuhörer auf. Außer Kontrolle geratene Drehbühne und Lichtanlage in Koblenz oder eigenwillig-interessantes Publikum beim "Mönch von Rommersdorf" ernteten viele Lacher.

Eine kabarettistische Gesprächseinlage mit Besuchern über Neuwied als Kulturstadt brachte die Erkenntnis, dass es ohne Heddesdorf Neuwied gar nicht gäbe: "Nimm die Deichmauer weg, was bleibt dann? Heddesdorf! Die Innenstadt wäre weg!" Der Künstler bedauerte das Fehlen einer Treppe, die es ihm ermöglicht hätte, direkter mit den Menschen vor ihm zu kommunizieren. Kommentar aus dem Publikum: "Überleg mal, warum das nicht so ist!"



Mit sonorer Stimme präsentierte Boris Weber auch Musical-Songs, zum Beispiel aus "Les Misérables" das Lied "Sterne". Während der Pause machten sich die beiden Musiker schick. Seinen dunklen Künstler-Anzug hatte Boris Weber gegen einen weißen Fellmantel, Samtanzug, viele Ringe, goldene Schuhe und klebrigen Lipgloss getauscht, um zu verdeutlichen, dass die folgenden Lieder eigentlich von Frauen gesungen werden. Dazu gehörten "Die Rinnsteinprinzessin", das sentimentale Chanson "Es ist, als hätten wir uns nie good-bye gesagt" und "Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre, ich bin doch zu schade für einen allein". Dem eher melancholischen Kreisler-Lied "Irgendwo am Strand" folgte der hintergründige Song "Er hat mich so verrissen".

An den Beleuchter erging die Bitte, das Licht möglichst schwülstig und puffig einzustellen zu "Was hab ich nur verbrochen?" Mit französischem Timbre und Akzent bildete "Flasch" das Abschlusslied.

Fehlende Premierengäste schmerzten den Stadtsäckel und die freundlichen Helfer am Getränkebrunnen. Diese wurden durch mediterran-sommerliches Wetter entschädigt, das zu einem langen Verbleib im Englischen Garten einlud. Boris Weber animierte zum Besuch weiterer Veranstaltungen in Rommerdorf, denn einen Monat lang wird dort Top-Kultur geboten. Programm und Ticket-Verkauf finden sie hier. htv


Mehr dazu:   Veranstaltungsrückblicke  
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