Buchtipp: "Die Kannenbäckerin" von Annette Spratte
Von Ulrike Puderbach
In ihrem historischen Roman "Die Kannenbäckerin" entführt die Westerwälder Autorin Annette Spratte ihre Leser in den Dreißigjährigen Krieg in die Gegend zwischen Hachenburg und Hilgert. Die Geschichte spielt zu der Zeit, als die Pest täglich ganze Familien auslöschte.

Hilgert. Die 13-jährige Johanna Hatterod ist mit ihrem Vater auf dem Weg nach Hachenburg, um dort ihre Mutter und ihre Geschwister, die alle der Pest zum Opfer gefallen sind, zu beerdigen. Kaum haben die Bestatter die Leichen übernommen, schickt der Vater Johanna "Schluckbildchen" in der Kirche holen. Als sie zurückkommt, ist ihr Vater bereits tot. Wutentbrannt, allein und verzweifelt rennt sie zurück in die Kirche und beschimpft den Pfarrer mit den Worten: "Du und dein Gott! Ihr seid schuld! Ihr habt mir alles genommen. Meine ganze Familie habt ihr mir genommen! Ich hasse euch!" Als der Pfarrer mit ihr für die verlorenen Seelen beten will, verkündet sie, dass sie nie wieder beten wird. Dann reißt sie dem Pfarrer das Holzkreuz vom Hals und läuft weg.
In ihrem kleinen Ort angekommen, wird Johanna bewusst, dass sie ab sofort ganz allein ist und kein Zuhause mehr hat. Es gibt lediglich einen ihr unbekannten Onkel, mit dem ihr Vater im Streit gelebt hat, in Hilgert bei Höhr-Grenzhausen. Dieser ist Kannenbäcker von Beruf. Die fürsorgliche Nachbarin schneidet ihr die blonden Locken ab und zieht ihr Jungenkleider an, damit sie auf dem Weg nach Hilgert sicherer ist. So wird aus Johanna Johann. Zusammen mit Jagdhund Ido macht sie sich auf den Weg ins Hause ihres Onkels.
Dort angekommen findet sie Obdach bei einer liebenden Tante und einem mürrischen Onkel Wilhelm, der sie als Johann mit in die Werkstatt nimmt – zunächst nur, um die Töpferscheibe anzutreiben, später jedoch auch, um Johann, der sich als sehr begabt herausstellt, das Töpfern zu lehren. Da alle Johanna für Johann halten, muss sie zwar schuften wie ein Kerl, was sie so manches Mal an ihre Grenzen bringt, ihr aber auch eine bisher ungekannte Welt der Freiheiten eröffnet. So verpasst sie den Zeitpunkt Tante und Onkel über ihre wahre Identität aufzuklären, bis die Natur ihren Lauf nimmt und sie entlarvt. Verzweifelt rennt sie zunächst erneut weg, kehrt aber zurück und töpfert fortan unter dem Deckmantel ihres Onkels, der gesundheitliche Probleme hat, weiter, um die Familie zu ernähren.
Doch mit dem Tod des Onkels ändert sich die Situation. Johanna wird in einen Strudel aus Neid, Missgunst, Hass und Intrigen hineingezogen und sieht sich schier unüberwindbaren Hindernissen gegenüber. Hat sie eine Chance, sich als Frau im Dreißigjährigen Krieg in einer männerdominierten Welt zu beweisen oder fällt sie den Intrigen ihrer Konkurrenten zum Opfer?
Annette Spratte zeichnet in ihrem Roman ein lebendiges, gut recherchiertes Bild der Zeit im Kannenbäckerland. Die Leser lieben, leiden, lachen und weinen mit Johanna – und sie hoffen bis zum Schluss auf ein gutes Ende.
Über die Autorin
Annette Spratte ist Jahrgang 1970 und lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen in einem kleinen Dorf im Westerwald. Sie liebt schon ihr ganzes Leben lang Bücher und Pferde. Auch ihr eigener Weg zum Glauben spiegelt sich in gewisser Weise in Johannas Leben und Handeln wider. Heute arbeitet sie als Autorin und Übersetzerin.
Das Taschenbuch ist erschienen bei Francke-Buch, ISBN 978-3-96362-190-1. (Ulrike Puderbach)
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