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Nachricht vom 29.11.2024    

Tragödie und Tränen - Amtsgericht Montabaur verhandelte fahrlässige Tötung im Straßenverkehr

Von Wolfgang Rabsch

Vor dem Sitzungssaal des Amtsgerichts Montabaur spielten sich ergreifende Szenen ab, Menschen lagen sich in den Armen und weinten: Nach Aufruf der Sache wurde die Dimension des Verfahrens klar. Es ging um eine fahrlässige Tötung im Straßenverkehr.

Amtsgericht Montabaur. Foto: Wolfgang Rabsch

Montabaur. Was wirft die Staatsanwaltschaft Koblenz dem Angeklagten vor?
Der Fahrer eines Pkw befuhr im April 2022 die L 307 von Mogendorf kommend in Richtung Ransbach-Baumbach. Der Motorradfahrer fuhr in die entgegengesetzte Richtung. Der Autofahrer bog mit seinem Wagen nach links in die Sälzerstraße ab und übersah dabei den entgegenkommenden 60-jährigen Motorradfahrer. Es kam zum Unfall. Das Motorrad geriet unter den Pkw, beide Fahrzeuge fingen Feuer. Der Motorradfahrer wurde durch den Aufprall etwa zehn Meter durch die Luft geschleudert und schwerstverletzt ins Krankenhaus gebracht, wo er nach zwei Wochen den Verletzungen erlag.

Die Sitzung bei Dr. Orlik Frank-Piltz, der als Einzelrichter den Vorsitz innehatte, gestaltete sich hochemotional und war von starken Gefühlen der Familien des Opfers, aber auch des Verursachers, geprägt. Der Angeklagte erschien in Begleitung seiner Verteidigerin, die Ehefrau und der Sohn des Opfers waren als Nebenkläger zugelassen und ebenfalls anwaltlich vertreten. Zwei Sachverständige sollten ihre Gutachten erstatten, einmal im medizinischen Bereich das Ergebnis der Obduktion des Opfers zu beschreiben und zur Todesursache Stellung zu nehmen und im verkehrstechnischen Bereich zuden Fragen, wie der Unfall zustande kam und ob er hätte vermieden werden können.

Die Verteidigerin gab eine Verteidigererklärung zu Protokoll, darauf hinweisend, dass der Angeklagte in seiner psychischen Ausnahmesituation nicht in der Lage sei, den Unfallhergang zu beschreiben. "Der tragische Unfall kam durch ein Augenblicksversagen des Angeklagten zustande. Er könne sich nur daran erinnern, dass ihm aus einiger Entfernung ein Licht entgegenkam. Er realisierte erst wirklich, was geschehen war, nachdem die Polizei und der Rettungsdienst zur Unfallstelle gelangt waren. Der Angeklagte leidet seit dieser Zeit extrem an Schuldgefühlen, Panikattacken und Schlafstörungen. Für ihn ist es Strafe und Therapie zugleich, weil er jeden Morgen an der Unfallstelle auf dem Weg zur Arbeit vorbeifahren muss", erklärte die Anwältin.

Emotionale Entschuldigung des Angeklagten
Mit zitternd versagender Stimme bat der Angeklagte, etwas sagen zu dürfen und wandte sich direkt an die Ehefrau und den Sohn des Opfers: "Ich weiß, was ich euch angetan habe, und kann euch nur aus tiefstem Herzen um Entschuldigung und Vergebung bitten. Ich mache mir tagtäglich selbst die größten Vorwürfe und kann mir immer noch nicht erklären, wie es zu dem Unfall kam. Ich wünschte, ich wäre in dem Auto verbrannt." Die emotionalen Worte des Angeklagten wirkten auf jeden Anwesenden glaubhaft.

Richter Frank-Piltz schlug sehr einfühlsam vor, die anwesenden Sachverständigen nur eine Frage beantworten zu lassen, ansonsten auf die Vorführung des Unfallvideos und Schilderungen zu den Verletzungen des Opfers und zum Unfallhergang zu verzichten. Der Unfallsachverständige erklärte, dass an dem Motorrad keinerlei technische Mängel vorhanden gewesen seien. Die medizinische Sachverständige erläuterte den Obduktionsbericht des Opfers und bestätigte, dass die schweren Verletzungen des Opfers durch den Unfall ursächlich für das spätere Versterben gewesen waren.



Tröstende Worte für die Angehörigen
Richter Dr. Frank-Piltz fand tröstende Worte für die Angehörigen des Opfers und des Angeklagten. Diese Tragödie sei auch eine Tragödie für ihn als Richter, zumal der Angeklagte keine Vorstrafen im Bundeszentralregister (BZR) habe und auch das Verkehrszentralregister (VZR) blank sei. Für ihn sei das VZR wichtig, da der Angeklagte keinerlei Eintragungen in Flensburg habe, die ihn als notorischen Raser oder Drängler beschrieben hätten. Es hätte ein Augenblicksversagen des Angeklagten stattgefunden, mit verheerenden Folgen. Die emotional vorgetragene Entschuldigung des Angeklagten hielt der Vorsitzende für glaubhaft. Für ihn selbst würde sich die Frage stellen: "Welche Sanktion ist angemessen?"

Milde Strafen wurden gefordert
Nachdem die Beweisaufnahme geschlossen wurde, beantragte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, den Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 60 Euro zu verurteilen. Der Angeklagte habe ohne Vorsatz gehandelt, sei nicht kriminell und habe eine Fehlentscheidung mit fürchterlichen Folgen getroffen.

Der Vertreter der Nebenkläger nahm dem Angeklagten seine vorgetragene bewegende Entschuldigung ab, wies eindringlich auf die familiäre Situation des Opfers hin und stellte abschließend keinen konkreten Strafantrag.

Die Verteidigerin des Angeklagten beantragte gegen den Angeklagten eine Verwarnung unter Strafvorbehalt auszusprechen, weil der Unfall auf ein Augenblicksversagen zurückzuführen sei und der Angeklagte sich glaubhaft, bereits im Vorverfahren, entschuldigt habe.

In seinem letzten Wort kämpfte der Angeklagte erneut mit sich und seinen Emotionen und sagte kaum verständlich: "Ich bekomme die Bilder von dem Unfall nicht aus dem Kopf, es tut mir unendlich leid, was passiert ist. Ich wünschte, ich wäre in dem Auto verbrannt".

Urteil im Namen des Volkes
Der Angeklagte wird verwarnt und unter Strafvorbehalt wird gegen den Angeklagten eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 30 Euro festgesetzt. Die Bewährungszeit wird auf ein Jahr festgesetzt, als Bewährungsauflage hat der Angeklagte 40 Stunden Sozialarbeit bei einer gemeinnützigen Institution zu verrichten.

Richter Dr. Orlik Frank-Piltz hegte in seiner Urteilsbegründung die Hoffnung, dass die Familien des Opfers und des Angeklagten durch das juristische Ende mit der Tragödie halbwegs abschließen können. Nach erfolgter Rechtsmittelbelehrung wurden keine Erklärungen abgegeben, somit ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. Wolfgang Rabsch


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