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Nachricht vom 23.01.2023    

Sicherheitsauflagen erschweren Westerwälder Straßenkarneval - Forderungen an das Land

Von Simone Schwamborn

Für die Karnevalisten beginnt bald die Hochzeit des Karnevals. Wie der Saalkarneval gehören Straßenumzüge dazu. Doch verschärfte Sicherheitsauflagen sorgen für Unmut unter den Organisatoren der Umzüge. Sie haben klare Forderungen an die Politik.

Mit der Durchführung Umzügen sind hohe Auflagen zur Gewährleistung der Sicherheit verbunden. (Foto: privat)

Region. Karnevalsgesellschaften haben sich an die Politik gewandt, auf kommunaler, Kreis- und Landesebene. In dieser Woche wird der rheinland-pfälzische Landtag darüber beraten und auch der Innenausschuss hat das Thema zeitnah auf der Agenda. Doch wohl kaum lässt sich das Ruder für dieses Jahr noch umreißen. In Städten und Kommunen wurden Züge bereits komplett abgesagt wie in Frankenthal (Pfalz) oder die Zugstrecke um die Hälfte verkürzt, wie in Koblenz.

"Überzogene Sicherheitsauflagen - was wird aus dem Westerwälder Straßenkarneval?" - hieß es jüngst bei der CDU-Fraktion des Westerwaldkreises. Diese hatte am 18. Januar zur Online-Veranstaltung "Impulse digital" eingeladen. In der Gesprächsrunde äußerten sich Politiker und Vertreter von Karnevalsgesellschaften zur aktuellen Situation. Sind die Auflagen des überarbeiteten Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes überhaupt noch zu stemmen?, hieß es unter anderem. „Überregulierungen bei den Karnevalsumzügen und bei Brauchtumsveranstaltungen sollten von Landesseite zurückgeführt werden“, resümierten die Teilnehmer der Videogesprächsrunde.

Arbeit der Ehrenamtler wird deutlich erschwert
CDU-Fraktionsvorsitzender Dr. Stephan Krempel verdeutlichte, dass die Verschärfung gesetzlicher Anforderungen den Aktiven in den Vereinen, Kommunen und Ordnungsbehörden größere Probleme bereite. Es bestehe die Gefahr, dass Brauchtum in Dörfern und Städten im ländlichen Raum beziehungsweise die Arbeit der Ehrenamtler deutlich erschwert werde. Bürgermeister Thilo Becker berichtete über die positive Zusammenarbeit im Bereich der Verbandsgemeinde Höhr-Grenzhausen: „Wir üben unseren Ermessensspielraum aus und übernehmen damit auf der örtlichen Ebene Verantwortung. Die von Landesseite bereitgestellten Checklisten erinnern eher an ‚Rock am Ring‘ als an Veranstaltungen in den Dörfern und Städten.“ Alexander Mikus, Zugmarschall der GK Heiterkeit Montabaur und der Renneroder Karnevalschef Thomas Grahl lobten die örtliche Zusammenarbeit. So habe beispielsweise die Stadt Rennerod die Rolle als Veranstalter des Karnevalsumzuges übernommen.

Die strengen Auflagen des TÜV haben in Herschbach acht Zugwagen „kaputtgeschrieben“, zwei können weiter genutzt werden, vier werden nun neu aufgebaut, ein weiterer Wagen kommt hinzu. Der Zusammenhalt in der Dorfgemeinschaft und das Engagement freiwilliger Handwerker werde jedoch auch diese Herausforderung bewältigen lassen, sagt Axel Spiekermann, Ortsbürgermeister von Herschbach. Er ist überzeugt, auch 2023 wird es mit finanzieller Unterstützung seitens der Ortsgemeinde wieder einen gelungenen Zug geben.

Zusammenspiel auf der örtlichen Ebene muss funktionieren
In allen Beiträgen wurde deutlich, dass das Zusammenspiel auf der örtlichen Ebene funktionieren muss, um die Vereine nicht mit unnötigen und zusätzlichen Auflagen zu überlasten. In der Gesprächsrunde wurde angemahnt, dass vonseiten des Landes eine "Pseudosicherheit" erwartet werde, die oft nicht zu erreichen sei. Die CDU-Landtagsabgeordnete und CDU-Kreisvorsitzende Jenny Groß berichtete in der Gesprächsrunde, dass Inhalt und Umsetzung des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (POG) im Mainzer Landtag heftig diskutiert werde. Die CDU-Fraktion habe einen entsprechenden Tagesordnungspunkt im Innenausschuss beantragt, um deutlich zu machen „was vor allem im ländlichen Raum auf der Kippe stehe. Große Worte zum Ehrenamt nützen nichts, wenn mangelnde Feinfühligkeit die Arbeit der Ehrenamtler deutlich erschwert".

Zu einer Online-Gesprächsrunde hatte auch der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Christian Baldauf, eingeladen. Hier tauschten sich unter anderem Hansgeorg Schönig vom Mainzer Carneval-Verein, Jürgen Lesmeister, Präsident der Vereinigung Badischer-Pfälzischer Karnevalsverein und Erwin Rüddel, Mitglied des Bundestages und Bezirksvorsitzender der Rheinischen Karnevals Korporationen (Bezirk Neuwied-Land) aus. Die Teilnehmer führten Beispiele an, die ebenfalls zeigten, wie schwer es dem Ehrenamt gemacht werde: angefangen von technischen Anforderungen an Fahrgestelle über die Maßgabe, Sicherheitsfirmen statt Ehrenamtler zu beauftragen, bis hin schärferen Richtlinien bei der Absperrung von Seitenstraßen und der vorgeschriebenen Anzahl von mittlerweile sechs Wagenengel pro Wagen.



Kosten sind immens gestiegen
Betrugen die Kosten für Sicherheitsmaßnahmen im Mainzer Karnevalsumzug 2015 rund 40000 Euro, waren es 2020 rund 120000 Euro. Der MCV rechne in diesem Jahr mit Kosten von 180000 bis 200000 Euro. "Die Stadt Mainz beteiligt sich jetzt mit 75000 Euro, aber es ist immer noch sehr viel, was der Verein stemmen muss", sagte Schönig. Alle in der Runde waren sich einig: Die Vereine könnten die Umzüge auf lange Sicht nur noch stemmen, wenn die öffentliche Hand die Kosten für die von ihr geforderte Sicherheit und Ordnung übernimmt und nannten "Risikospiele" im Fußball als Beispiel. Lesmeister schlug als mögliche Lösung einen Fördertopf auf Landesebene vor, über den die Vereine einen bestimmten Prozentsatz an Kosten erstattet bekommen. "Die Vereine kommen jetzt an ihre Grenzen."

Den Kurieren gegenüber sagte Rüddel, er könne wie viele andere nachvollziehen, dass Sicherheit absolute Priorität habe, aber es müssten auch Lösungen für die Vereine her. Die Verschärfung der Gesetzeslage sei ausgelöst worden durch die Amokfahrt in der Innenstadt von Trier 2020. "Aber ich frage mich, ob hier nicht die Verantwortung vom Staat auf das Ehrenamt verlagert wird", so Rüddel. Durch die überbordende Bürokratisierung aufgrund des neuen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes des Landes sei man auf dem besten Weg, das langjährige Kulturgut Karneval und das Brauchtum unnötig zu belasten. "Die Sicherheit ist wichtig, was außer Frage steht. Was manche Sicherheitsauflagen betrifft, muss man aber die Kirche im Dorf lassen - ansonsten gibt es im Dorf bald keinen Straßenkarneval mehr! Wir brauchen Unterstützung für die ehrenamtlich tätigen Menschen", fordert Rüddel. Als trauriges Beispiel nennt er Frankenthal. Dort hätte es 40 Lkw mit 80 Fahrern gebraucht, um die Zugstrecke abzusichern. Wie in den Gesprächsrunden zu erfahren war, reichen in einigen Kommunen Betonsteine oder Wassercontainer aus, in anderen Kommunen werden die Sicherheitsauflagen wieder anders umgesetzt. Es scheint also gewisse Spielräume in der Umsetzung des POG zu geben.

Ausnahmeregelung gilt bis Ende Februar 2023
Auch was die Umzugswagen angeht, wurden genaue Vorgaben festgelegt. Diese teilte das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz den Kreis- und Stadtverwaltungen, Prüf- und Zulassungsstellen noch einmal im Dezember 2022 mit. Schon in 2018 habe das Ministerium darauf hingewiesen, dass aufgrund bundesweit geltender Vorschriften für jedes bei Brauchtumsveranstaltungen eingesetzte Fahrzeug eine Betriebserlaubnis vorliegen muss. Die Anhänger, die zum Aufbau eines Motivwagens genutzt werden, stammten vielfach von land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben. Obwohl seit Gründung der BRD im Jahr 1949 auch Anhänger, die ausschließlich für land- oder forstwirtschaftliche Zwecke eingesetzt werden, eine Betriebserlaubnis besitzen müssen, stelle sich die Situation in der Praxis jedoch so dar, dass diese Anhänger teilweise keine Betriebserlaubnis besaßen oder entsprechenden Nachweise nicht mehr vorliegen. Für Fahrzeuge, die nicht über eine Betriebserlaubnis verfügen, sei ein Gutachten nach § 21 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) erforderlich, das von einem amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr beziehungsweise von einem Prüfsachverständigen zu erstellen ist.

Brauchtumsgutachten wird nicht mehr anerkannt
Sollte bei der Prüfung der Fahrzeuge festgestellt werden, dass das Gutachten aus formalen Gründen nicht erstellt werden kann, weil beispielsweise ein Typenschild aufgrund des bereits vorhandenen Aufbaus nicht sichtbar ist, so hält das Ministerium eine Teilnahme an Umzügen bis einschließlich Februar 2023 ohne eine formal von der Zulassungsbehörde ausgestellte Betriebserlaubnis für vertretbar. Die Fahrzeuge müssten jedoch alle technischen Vorschriften erfüllen, die für die Erteilung einer Betriebserlaubnis erforderlich sind. In das „vorläufige“ Gutachten zur Erlangung einer Betriebserlaubnis ist hierzu ein entsprechender Hinweis aufzunehmen. Das in den vergangenen Jahren regelmäßig erstellte sogenannte „Brauchtumsgutachten“ könne für Umzüge nicht mehr anerkannt werden.







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