Acht Monate Freiheitsstrafe wegen Verbreitung von Rassenhass im Internet
Von Wolfgang Rabsch
Das Amtsgericht in Montabaur hatte unlängst einen unappetitlichen Fall zu verhandeln, bei dem es um die Verbreitung von Rassenhass im Internet ging. Unter Vorsitz von Richter am Amtsgericht Ingo Buss fand die Verhandlung beim Einzelrichter des Amtsgerichts statt. Dieser hatte den Fall der "Volksverhetzung" zu entscheiden.
Montabaur. Der Anklage zugrunde lag der Paragraf 130 des Strafgesetzbuches, allgemein bekannt unter dem Begriff "Volksverhetzung", der folgendermaßen definiert ist. Volksverhetzung ist es, wenn andere Menschen böswillig beschimpft, verächtlich gemacht und dadurch in ihrer Würde verletzt werden. Ebenfalls eine Straftat ist es, wenn man Schriften oder Texte im Internet verbreitet, die die nationalsozialistischen Verbrechen leugnen oder zum Rassenhass aufstacheln.
Was wirft die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz der Angeklagten vor?
Im Internet soll die 35-jährige Angeklagte auf bestimmten Plattformen zu extremem Hass gegen Juden aufgerufen und entsprechende Hasskommentare geteilt und verbreitet haben. Sie habe schlimmste Beleidigungen und erniedrigende, menschenunwürdige und verachtende Formulierungen gefördert, die an dieser Stelle nicht wiedergegeben werden sollen. Zusammengefasst kann man sagen, dass sie den Holocaust geleugnet hat.
Vor Eintritt in die Hauptverhandlung erklärte der Vorsitzende Richter Ingo Buss, dass keine Gespräche zur Herbeiführung einer tatsächlichen Verständigung stattgefunden haben. Rechtsanwalt Michael Hürth aus Koblenz, der als Pflichtverteidiger der Angeklagten beigeordnet war, erklärte, dass die Angeklagte zu ihren persönlichen Verhältnissen aussagt, zur Sache würde er eine Verteidigererklärung zu Protokoll geben.
Rechtsanwalt Hürth: "Die Angeklagte räumt die ihr gemachten Tatvorwürfe vollumfänglich ein. Sie bedauert ihr unentschuldbares Verhalten, distanziert sich ausdrücklich von den damals getätigten Aussagen. Die zur Anklage gestellten Taten geschahen während der Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen. Möglicherweise aus Frust hat sie sich im Internet bei entsprechenden Foren informiert, diese auch übernommen, kommentiert und verbreitet. Da sie der russischen Sprache mächtig ist, hat sie auch die russische Hetz- und Hasspropaganda gelesen und übernommen, unter anderem bei Telegram."
Die Angeklagte ergriff nun auch das Wort: "Es stimmt, was Rechtsanwalt Hürth gesagt hat. Ich habe leider übernommen, was ich damals im Internet gelesen habe. Ich bin überhaupt nicht antisemitisch eingestellt, habe sogar eine jüdische Freundin. Wie es dazu kam, dass ich diese fürchterlichen Theorien und Behauptungen geteilt und verbreitet habe, kann ich mir heute nicht erklären. Ich bin alleinerziehend und habe eine fünfjährige Tochter, die ganz im Mittelpunkt meines Lebens steht. Ich hatte während der Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen Wut auf alles, war auch mit Überzeugung gegen das Impfen. Rechtsanwalt Hürth hat mir die Augen geöffnet und mich überzeugt, dass ich mich auf einem Irrweg befinde. Ich distanziere mich ausdrücklich von den Hassparolen gegen Juden, habe mich sofort aus den sogenannten sozialen Medien abgemeldet und alles gelöscht."
Die Angeklagte erklärte weiter, dass sie mit ihrem Kind mit rund 1.000 Euro im Monat auskommen müsse, die sich aus dem Bürgergeld und Unterhaltsvorschuss zusammensetzen. Nachdem der Bundeszentralregister Auszug (BZR) verlesen wurde, der keine Eintragungen enthielt, konnte einvernehmlich die Beweisaufnahme geschlossen werden.
Oberstaatsanwältin Martina Lenz fand klare Worte für das unentschuldbare Verhalten der Angeklagten und forderte eine Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten wegen Volksverhetzung in sieben Fällen. Die zu verhängende Freiheitsstrafe könne jedoch ausnahmsweise zur Bewährung ausgesetzt werden, da die Angeklagte wohl glaubhaft geläutert sei und zudem ein Geständnis abgelegt habe. Als spürbare finanzielle Sanktion soll die Angeklagte eine Geldbuße von 500 Euro an eine gemeinnützige Institution zahlen.
Rechtsanwalt Hürth schloss sich im Großen und Ganzen dem Antrag der Staatsanwaltschaft an und forderte eine angemessene Bestrafung.
Unter Tränen schloss sich die Angeklagte beim letzten Wort ihrem Anwalt an.
Urteil im Namen des Volkes
Die Angeklagte wird wegen Volksverhetzung in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, deren Vollstreckung jedoch auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird. Die Angeklagte hat eine Geldbuße in Höhe von 500 Euro an die Polizeistiftung Rheinland-Pfalz zu zahlen.
In seiner Urteilsbegründung verurteilte Richter Ingo Buss das Verhalten der Angeklagten aufs Schärfste, es sei absolut unentschuldbar. Jeder Mensch habe das Recht auf eigene, individuelle Selbstbestimmung, ohne dafür verachtet und gedemütigt zu werden. Der Staat müsse seiner Aufgabe gerecht werden, dem Hass entgegenzuwirken und Betroffene zu schützen.
Das Urteil wurde noch in der Hauptverhandlung rechtskräftig, da alle Beteiligten Rechtsmittelverzicht erklärten.
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