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Pressemitteilung vom 30.09.2022    

"Mittwoch digital": Energiepreisexplosion – woher sie kommt und was man tun kann

Ganz Deutschland kämpft derzeit mit steigenden Energiekosten. Wo sonst die jährliche Preissteigerung wenige Prozent ausmachte, ist heute eine Vervielfältigung der Kosten keine Seltenheit. Bei "Mittwoch digital" hatte Landtagspräsident Hendrik Hering daher Hans Weinreuter von der Verbraucherzentrale zu Gast, um Hintergründe zu klären und Tipps mit auf den Weg zu geben.

(Symbolbild)

Westerwaldkreis. Der Winter steht vor der Tür und viele Menschen fragen sich momentan, wie sie diesen überstehen sollen. Die höchste Inflation seit Jahrzehnten, enorme Preissteigerungen beim Lebensmitteleinkauf und dann die extremen Preise der Energieversorger machen vielen Bürgern Angst. Vor allem bei den Energiekosten haben sich die Abschläge in vielen Haushalten verdoppelt oder verdreifacht, eine Steigerung, die den einen oder anderen nahezu zahlungsunfähig macht. Nicht heizen, nicht kochen, seltener duschen und das am besten kalt, so sehen die ersten Ideen in den Köpfen vieler Leute aus.

Doch es gibt auch andere Möglichkeiten, Energie einzusparen. Und auch die Preissteigerungen muss man sich nicht unter allen Umständen gefallen lassen. In der beliebten Gesprächsrunde "Mittwoch digital" hatte SPD-Abgeordneter und Landtagspräsident Hendrik Hering kürzlich Hans Weinreuter, Fachbereichsleiter Energie und Bauen der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, zu Gast.

Steigende Nachfrage und sinkendes Angebot
"Viele bringen die aktuellen Preissteigerungen mit dem Krieg in der Ukraine in Verbindung, jedoch begann die Preisentwicklung bereits im letzten Herbst", beginnt Weinreuter. Durch das erneute Hochfahren der Wirtschaft nach den Lockdowns weltweit sei der Bedarf wieder rasant gestiegen. Zusätzlich sei der vergangene Winter eher windarm gewesen, was eine geringe Windernte und den Einsatz von Gasturbinen zur Verstromung zur Folge gehabt habe. Hinzu kamen die nach wie vor andauernden Probleme der Atomkraftwerke in Frankreich, welche die Börsenpreise in die Höhe getrieben haben. Der Krieg in der Ukraine und das mit den Sanktionen verbundene Runterfahren der Gaslieferungen sei daher nur die Spitze des Eisbergs. Bei steigender Nachfrage und sinkendem Angebot sind die Preissteigerungen in der Energiebeschaffung die leider logische Konsequenz.

Bei den Energiekosten der Grundversorger in Rheinland-Pfalz gibt es bis heute jedoch teils sehr starke Preisunterschiede. Die Spanne zwischen dem günstigsten und dem teuersten Grundversorger ist extrem und für viele Verbraucher nicht nachvollziehbar. Während der Gaspreis zwischen 6,31 Cent pro Kilowattstunde und 25,45 Cent pro Kilowattstunde liegt, findet man beim Strompreis eine Differenz von 20,77 Cent pro Kilowattstunde zu 68,28 Cent pro Kilowattstunde. Diese Spannbreite in den Energiekosten ist für viele unverständlich.

"Das Problem bei der Preisgestaltung ist häufig, dass die Energieversorger immer für mehrere Jahre mit festen Verträgen einkaufen. Diejenigen, bei denen diese Verträge bereits ausgelaufen sind, mussten in der Energiebeschaffung wesentlich mehr Geld aufbringen, als mit den alten Verträgen", bringt Weinreuter etwas Licht ins Dunkel. Diese Mehrkosten würden dann an den Endverbraucher weitergegeben.

Ist ein Anbieterwechsel sinnvoll?
Steigen die Abschlagszahlungen und Energiekosten, haben Verbraucher ein mindestens 14-tägiges Sonderkündigungsrecht. Ein Anbieterwechsel macht jedoch nicht immer Sinn, wer bereits beim Grundversorger einen Vertrag hat, sollte dortbleiben. "Früher haben wir oft empfohlen, Vergleichsportale zu nutzen, um den besten Anbieter zu finden. Heute sollte man diese nur noch als Infoquelle nutzen, denn die Preislandschaft ist in Bewegung und die aktuell günstigen Anbieter werden das nicht bleiben können", erklärt Weinreuter. Doch auch Grundversorger sind nicht immer makellos im Verhalten ihren Kunden gegenüber.



Ablehnen dürfen sie Kunden nicht, allerdings versuchen sie immer wieder mal, neue Kunden in die dreimonatige und teurere Ersatzversorgung aufzunehmen. Dies ist jedoch nicht rechtens, wenn der Kunde freiwillig seinen vorherigen Anbieter gekündigt hat und einen Wechsel anstrebt. Auch eine 2-Klassen-Grundversorgung sei systemwidrig, bei der in der Grundversorgung ohne Sonderverträge zwischen Bestandskunden und Neukunden unterschieden werde. Solche Sonderverträge können laut Weinbrenner auch bei Bestandskunden von Grundversorgern unter Umständen eine kleine Einsparmöglichkeit bieten.

Auch ein paar Handlungsempfehlungen hatte Weinreuter für die Teilnehmer der Gesprächsrunde im Gepäck. Am wichtigsten sei es, die konkrete Situation und den individuellen Verbrauch genau zu kennen und zu berechnen. Hat man diesen, kann man sich den korrekten Abschlag mit den erhöhten Kosten genau berechnen. Einen Abschlag, der wesentlich höher als der Verbrauch liegt, sollte man nicht zahlen. Ob bei einem Anbieterwechsel vor den nun anstehenden energieintensiveren Wintermonaten ein vorübergehend erhöhter Abschlag rechtlich erlaubt ist, werde derzeit juristisch durch die Verbraucherzentrale geprüft. Normalerweise zahlt man monatlich einen Durchschnittsverbrauch, der aus dem Energiebedarf eines ganzen Jahres errechnet wird.

Tipps zum Sparen
Wenn man nun nichts mehr an den Kosten ändern kann, so kann man doch den Verbrauch reduzieren. Reduziert man die Raumtemperatur in allen Räumen um ein Grad Celsius, kann man rund sechs Prozent Energie einsparen. Kurze Duschzeiten und Sparduschköpfe können sich ebenfalls finanziell bemerkbar machen. Wer dann noch freiliegende Rohre und das Haus vernünftig dämmt, kann insgesamt rund 20 Prozent Energie einsparen. Für konkrete Hilfe im Bereich Energiesparen, Energiekosten und Energierecht können sich Verbraucher auch jederzeit an die Energieberater der Verbraucherzentrale wenden. "Schafft ihr überhaupt noch die sicher stark gestiegenen Anfragen der Bürger?", wollte Hendrik Hering abschließend von Weinreuter wissen. Bei allein mehreren hundert E-Mail-Anfragen im Monat, zusätzlich zu telefonischen Anfragen, sei dies wirklich schwierig. Dank einer Landesförderung habe man wenigstens drei neue Stellen schaffen können, auch wenn deren Besetzung wegen des Fachkräftemangels durchaus schwierig sei, erzählte dieser daraufhin.

"Man sieht gerade jetzt, wie wichtig ein regionaler Ausbau erneuerbarer Energien ist, damit man sich nicht vom externen Energieeinkauf abhängig macht. Jetzt sind die Kommunen gefragt, dank des Kommunalen Klimapakts bekommen sie auch die nötige Unterstützung vom Land dafür", zieht Hering, welcher auch für Privathaushalte und kleinere Betriebe weiterhin die Politik gefordert sieht, abschließend ein Resümee. Denn 300 Euro brutto als Energiepauschale für jeden, unabhängig vom Verdienst und den Lebensumständen, sei in seinen Augen mehr eine Frechheit als eine ernstzunehmende Unterstützung. "Bei dieser ganzen Entwicklung wird es über Winter sicher einige Demos und Proteste geben und es werden wohl auch einige Rattenfänger kommen, die versuchen, diese Situation auszunutzen", befürchtet Hering. (PM)


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