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Nachricht vom 13.06.2022    

Stadtbürgermeisterwahl in Altenkirchen: Wird es denn Bewerber geben?

Die Kreisstadt Altenkirchen steht aktuell ohne Bürgermeister da. Nach dem überraschenden Rücktritt von Amtsinhaber Matthias Gibhardt (SPD) zum 31. Mai hat der Erste Beigeordnete Paul-Josef Schmitt (CDU) vorübergehend den Chefsessel besetzt. Wie viele Kandidaten werden am 18. September in die Urwahl um die Nachfolge Gibhardts gehen?

Die Kreisstadt Altenkirchen ist derzeit ohne Stadtbürgermeister: Am 1. August steht fest, ob es keinen, einen Kandidaten oder sogar mehrere für die Wahl am 18. September geben wird. (Foto: vh)

Altenkirchen. Die Kommunalpolitik in und rund um Altenkirchen war nach dem Zweiten Weltkrieg von hoher Kontinuität geprägt. Dr. Emil Haas, Karlheinz Klöckner und Heijo Höfer (alle SPD) gaben als jeweilige Bürgermeister in Personalunion mit ihren Räten auf Stadt-, Amts- und Verbandsgemeindeebene die politischen Richtungen vor. Diese Phase endete mit Höfers Abschied (2016 als MdL nach Mainz) und dem Verzicht auf eine weitere Kandidatur (2019) als Stadtoberhaupt. Während zunächst übergangsweise Heinz Düber (CDU) die Geschicke der VG lenkte und dann Fred Jüngerich (parteilos) an deren Spitze trat, ging Matthias Gibhardt (SPD) im Jahr 2019 als Sieger aus der Stichwahl ums Ehrenamt als Stadtbürgermeister gegen Ralf Lindenpütz (CDU) hervor. Nach nur knapp drei Jahren auf dem städtischen Chefsessel trat Gibhardt aus „persönlichen Gründen“ zum 31. Mai zurück und avancierte zum Oberhaupt mit der kürzesten Regentschaft seit vielen Jahrzehnten. Wie es die Regelungen vorsehen, übernahm übergangsweise der Erste Beigeordnete Paul-Josef Schmitt (CDU) das Zepter – zunächst einmal bis zum 18. September, dem Sonntag, der für die Urwahl angesetzt worden ist, um Gibhardts Posten offiziell neu zu besetzen. Sollte eine Stichwahl erforderlich werden, ist sie für Sonntag, 2. Oktober, terminiert, so dass Schmitt zwei weitere Wochen die Vertretung inne hätte. Wahlvorschläge können bis Montag, 1. August, 18 Uhr, eingereicht werden.

Verbale Attacken?
Wie Gibhardt seine „persönlichen Gründe“ genau definierte, ließ er offen. Er werde sich zu seinem Verzicht nicht weiter äußern, teilte er auf die Anfrage des AK-Kuriers mit. Gemunkelt wird, dass womöglich auch verbale Attacken – von Angesicht zu Angesicht und in Social-Media-Kanälen gegen ihn und ebenfalls seine Familie - mit im Spiel gewesen sein könnten. Sollte dies der Fall gewesen sein, könnten sich potenzielle Kandidaten in Kenntnis dessen durchaus überlegen, ob sie es sich als Ehrenamtler antun, permanenten Nörglern und Beschimpfern die Stirn zu bieten. Lautet das Fazit zum „Einsendeschluss“ für Bewerbungen „Fehlanzeige!“, wird die Urwahl zunächst einmal ersatzlos gestrichen, wird die nächste bei den Kommunalwahlen im Jahr 2024 anberaumt. Für den Fall, dass sich niemand am 18. September dem Votum der Wähler stellt, ist es verbriefte Sache des Stadtrates, sich des Dilemmas anzunehmen und einen neuen Bürgermeister zu wählen, wenn sich (überhaupt) ein Interessent meldet. Dieser Kandidat muss nicht Mitglied des Gremiums sein, aber die Mindestvoraussetzungen für die Wählbarkeit wie beispielsweise die Residenzpflicht, also wohnhaft in Altenkirchen, erfüllen. Verlaufen diese Bemühungen schließlich ebenfalls im Sande, ist die Kommunalaufsicht (Kreisverwaltung) gefragt. Sie kann einen Beauftragten bestellen, der dann die Geschicke der Stadt leitet. „Dieser Mensch muss Ahnung vom Kommunalrecht haben“, sagt Fred Jüngerich als Bürgermeister der Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld und engt somit den Kreis der potenziellen Aspiranten auf Mitarbeiter der Verbandsgemeindeverwaltung mit ihm an der Spitze ein, „wobei wir dann hierarchisch vorgehen“. Gesetzliche Grundlage für die Bestellung eines Beauftragten ist Paragraf 124 der Gemeindeordnung.

Längst keine Einzelfälle mehr
Hass, Bedrohungen und Anfeindungen im Alltag und im Netz gegenüber kommunalen Amts- und Mandatsträgern sind längst keine Einzelfälle mehr. Fast zwei Drittel der Bürgermeister hätten bundesweit bereits derartige Erfahrungen - und das sogar mehrfach - gemacht, stellt der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) auf seiner Homepage dar. Die Corona-Pandemie habe diese Situation weiter verschärft. 27 Prozent der befragten Bürgermeister hätten das bestätigt, wie aus Umfragen der Zeitschrift „Kommunal“ mit der Forsa (Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen) aus den Jahren 2020 und 2021 hervorgehe. Die Folgen seien fatal: Während einige den Anfeindungen Stand hielten und erst recht weitermachten, trauten sich andere nicht mehr, ihre Meinung zu sagen, einige zögen sich von ihren Ämtern zurück, andere träten erst gar nicht mehr an. Deswegen appelliert der DStGB: „Wir brauchen all die Menschen, die bereit sind, Verantwortung vor Ort zu übernehmen und zu tragen. Sie sind das Fundament, auf dem das Gebäude der Demokratie ruht.“ Und in diesem Zusammengang sei als Randnotiz gleichfalls erwähnt: Vielfach verbal attackiert werden inzwischen auch Polizisten, Rettungsdienstler, Feuerwehrleute… .



Beauftragter für Willroth
Zurück zur Region: Die Ortsgemeinde Willroth steht kurz davor, von einem Beauftragten „regiert“ zu werden. Dieser Schritt, so deutet sich an, könnte am 1. Juli (Jüngerich: „Datum wäre ein sauberer Schnitt, ein sauberer Zeitpunkt“) vollzogen werden, denn in den zurückliegenden Monaten scheiterten alle Bemühungen, entweder per Urwahl (angesetzt für den 14. Mai 2021 und mangels Wahlvorschlag wieder abgesetzt) oder per Wahl durch den Ortsgemeinderat einen Nachfolger für Ortsbürgermeister Richard Schmitt zu inthronisieren, der zum 31. März 2021 zurückgetreten war, die Geschicke der Gemeinde seit 2003 gelenkt hatte. In die Bresche sprang Karl Kubba als Erster Beigeordneter, der wiederum nur als „temporäre Vertretung“ agiert, die Aufgaben des Ortsbürgermeisters als „Dauervertretung“ nicht länger erledigen möchte. Vor diesem Hintergrund ist es denkbar, dass Jüngerich von der Jahresmitte an als Beauftragter zunächst einmal bis zu den Kommunalwahlen 2024 bestellt wird; es sei denn, ein wählbarer Einwohner wirft seinen Hut doch noch in den Ring, um sich die Weihen vom Ortsgemeinderat geben zu lassen. Wie händeringend ein möglicher Kandidat gesucht wird, zeigt auch der Aufruf im Mitteilungsblatt der Verbandsgemeinde vom 9. Juni (Seite 24), in dem die Frist zum „Bewerbungsende“ mit dem 20. Juni angegeben wird. In den Ortsgemeinden Krunkel (seit 1. Oktober 2021), Schöneberg (seit 1. Mai) und Schürdt (ab 1. August) sind derzeit die oder werden die Ortsbürgermeisterstellen vakant.

16 Ortsgemeinden sind „ohne“
Laut Angaben des Statistischen Landesamtes (StaLa) in Bad Ems haben 16 rheinland-pfälzische Ortsgemeinden seit den Kommunalwahlen durchgängig jeweils keinen Ortsbürgermeister. Das sind 0,7 Prozent aller 2260 Ortsgemeinden im Land. Diese hatten am 31. Dezember 2021 insgesamt 5208 Einwohner. Bezogen auf die Gesamteinwohnerzahl des Landes (4.106.458) leben 0,1 Prozent der Bevölkerung in Gemeinden, die seit der Kommunalwahl keinen Ortsbürgermeister haben, bezogen auf die Bevölkerung in Ortsgemeinden (2.426.284) sind es 0,2 Prozent. Eine Übersicht, welche sonstigen Ortsgemeinden (Stand Freitag, 10. Juni) aktuell jeweils keinen Ortsbürgermeister haben, liegt dem StaLa nicht vor. „Dies gründet sich daran, dass die Rücktritte zu ganz unterschiedlichen Zeitpunkten eingereicht werden. Einige Ortsbürgermeister treten sofort zurück, sodass eine Vakanz entsteht. Andere berücksichtigten die Fristen bis zu einer möglichen Neuwahl, sodass hier keine zeitliche Vakanz entsteht. Wir führen keine gesonderte Statistik zum Datum des Rücktritts, sondern vermerken lediglich den Wahltermin und schließlich die Daten zur Wahl und zur neu gewählten Person“, erklärt die Behörde auf Anfrage des AK-Kuriers.

Keine Zahlen früherer Legislaturperioden
Darüber hinaus gibt das StaLa die Zahl der gewählten Personen zwischen dem 17. Juni 2019 und dem 31. Dezember 2019 landesweit mit 447 Personen an. Dabei handelte es sich zum Großteil um Ortsgemeinden, bei denen für die Kommunalwahl kein Wahlvorschlag eingegangen war. Die Wahl erfolgte im Anschluss entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen durch den Rat. „Teilweise kam es zudem zu Wiederholungswahlen; die werden dann erforderlich, wenn nur ein Bewerber antritt und dieser nicht mindestens 50 Prozent der Stimmen bekommt. 2020 wurden 25 neue Ortsbürgermeister gewählt; 2021 waren es 60; 2022 bisher 21. Vergleichszahlen zu Rücktritten aus früheren Legislaturperioden liegen uns nicht vor“, heißt es aus Bad Ems abschließend. (vh)

Lesen Sie auch:
Hass gegen Bürgermeister in Region?




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