Werbung

Nachricht vom 11.06.2022    

Vom Polizeidienst zu Drogensucht und Volksverhetzung? 26-Jähriger steht vor Gericht

Von Wolfgang Rabsch

Unlängst begann vor dem Schöffengericht in Montabaur der Prozess gegen einen 26-jährigen Mann aus dem Westerwaldkreis, dem seitens der Staatsanwaltschaft Koblenz vorgeworfen wird, verfassungsfeindliche Symbole und Schriften öffentlich in Verkehr gebracht zu haben. Pikantes Detail: Der Mann hatte zuvor im Polizeidienst gestanden.

Amtsgericht Montabaur. (Foto: Wolfgang Rabsch)

Montabaur. Zu der Volksverhetzung kommen weitere Vorwürfe: So wird der Angeklagte beschuldigt, Betäubungsmittel in seinem Besitz gehabt zu haben, um damit Handel zu treiben. Sogar an Jugendliche soll der Beschuldigte Betäubungsmittel verkauft haben, sehr wohl um deren Alter wissend.

Zu seinen persönlichen Verhältnissen erklärte der Angeklagte, dass er das Abitur erreicht habe und in den Polizeidienst eingetreten sei. Er habe begonnen, für den gehobenen Dienst zu studieren, während der Studienzeit aber Drogen konsumiert. Als dies bekannt wurde, beantragte er selbst seine Entlassung aus dem Polizeidienst. Zurzeit absolviere er eine andere Ausbildung.

Vorwürfe der Staatsanwaltschaft weitestgehend eingeräumt
Der Verteidiger des Angeklagten verlas eine schriftliche Erklärung, in der eingeräumt wird, dass der Angeklagte Betäubungsmittel größtenteils zum Eigenbedarf erworben habe, aber auch für Bekannte aus Gefälligkeit beschafft hatte. Wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung durch Verwendung verfassungsrechtlicher Symbole und Schriften räumt der Angeklagte sein Fehlverhalten ein und betont, dass er nicht beabsichtigt habe, die Bevölkerung aufzuhetzen. Ihm sei im Nachgang klar geworden, dass er sich strafbar gemacht hab, und dass er diese Taten zutiefst bereue. Er sei absolut clean und konsumiere keine Drogen mehr, was durch ärztliche Atteste belegt werden könne.

Der Angeklagte stimmte der Verteidigererklärung zu: „Zu den Drogen kam ich bereits in jungen Jahren, wenn wir mit unserer Clique am Wochenende Kirmessen besuchten oder Partys feierten. Ecstasy, Amphetamine oder Marihuana wurden konsumiert, jedoch nie Crystal Meth. Wo meine Dealer die Drogen herhatten, weiß ich nicht.“

Der Verteidiger des Angeklagten erklärte, dass die Fälle, die im Zusammenhang mit Drogengeschäften stehen, eingeräumt werden, bis auf die Abgabe von Betäubungsmitteln an den Jugendlichen.

Mitglied bei der Bismarck-Jugend aus "humoristischen Gründen"?
Zum Thema der Verwendung von verfassungsfeindlichen Symbolen und Schriften erklärte der Angeklagte: „Es ist zutreffend, dass ich in den Chatgruppen 'Bismarck-Jugend' und 'Rechte Spur' Mitglied war. Obwohl ich politisch sehr interessiert bin, distanziere ich mich von allem rechtsradikalen Gedankengut. Meine Äußerungen und Kommentare in diesen Gruppen waren nur humoristisch gemeint, ich habe das nur zur allgemeinen Belustigung gepostet. Wegen meines Studiums bei der Bundespolizei konnte ich an keinen Aktionen oder Demonstrationen teilnehmen, weil ich das mit meinem Beruf nicht vereinbaren konnte.“



Nachdem verschiedene Urkunden in die Beweisaufnahme eingeführt worden, begann die Vernehmung von mehreren Zeugen. Beamte vom Staatsschutz-Dezernat beim Polizeipräsidium Koblenz erklärten, dass sie durch einen Hinweis seitens des Innenministeriums auf den Angeklagten aufmerksam gemacht wurden, weil dieser im rechtsradikalen Milieu chattete. Die ausgewerteten Chatverläufe auf dem beschlagnahmten Handy und Laptop bestätigten die rechtsradikale Tendenz des Angeklagten. Fotos von Adolf Hitler wurden ausgetauscht, ein Video zeigt Adolf Hitler zusammen mit Nazis, wobei das Video mit Rap-Musik unterlegt war. Zudem wurden Aufkleber festgestellt mit Parolen wie „Refugees not welcome“, „Bitte flüchten Sie weiter, es gibt hier nichts zu wohnen“ und „Asylbetrüger nicht willkommen“.

Eine weitere Zeugin, die mit dem Angeklagten befreundet war, gab dem Staatsschutz Hinweise auf die rechtsradikalen Neigungen des Angeklagten. „Ich war der Meinung, dass er rechtsradikal eingestellt war, weil er mir erzählte, dass er auch zu rechtsradikalen Veranstaltungen gehen würde. Er rauchte sogar eine Zigarettenmarke, die bereits im Dritten Reich konsumiert wurde. Auf meinem Vorhalt hin sagte er mir, dass seine rechtsradikale Einstellung keinen Einfluss auf seine Ausbildung bei der Polizei habe“, so die Zeugin.

Im Verlauf des Nachmittags wurden weitere Zeugen vernommen, deren Aussagen jedoch nicht viel Erhellendes hervorbrachten. Auch der minderjährige Zeuge konnte auf Frage des Verteidigers nicht den Preis für ein Gramm Kokain benennen. Ein Zeuge berief sich auf sein Aussageverweigerungsrecht, da er sich bei wahrheitsgemäßer Aussage nicht selbst belasten muss.
Die Beweisaufnahme wurde unterbrochen und soll am 23. Juni fortgesetzt werden. Möglicherweise ist dann bereits mit den Plädoyers und einem Urteil zu rechnen. (Wolfgang Rabsch)



Lesen Sie gerne und oft unsere Artikel? Dann helfen Sie uns und unterstützen Sie unsere journalistische Arbeit im Westerwaldkreis mit einer einmaligen Spende über PayPal oder einem monatlichen Unterstützer-Abo über unseren Partner Steady. Nur durch Ihre Mithilfe können wir weiterhin eine ausgiebige Berichterstattung garantieren. Vielen Dank! Mehr Infos.



Lokales: Montabaur & Umgebung
Feedback: Hinweise an die Redaktion

Anmeldung zum WW-Kurier Newsletter


Mit unserem kostenlosen Newsletter erhalten Sie täglich einen Überblick über die aktuellen Nachrichten aus dem Westerwaldkreis.

» zur Anmeldung



Aktuelle Artikel aus Region


Koblenz öffnet Türen zur Justiz: Woche der Justiz vom 23. bis 27. Juni

Wie funktioniert der Rechtsstaat? Wer sorgt für Gerechtigkeit im Alltag? Antworten auf diese Fragen gibt ...

Tornados 2025: Zwischenbilanz zur Saison in Deutschland

Die Tornadosaison 2025 hat nach einem schleppenden Start an Fahrt aufgenommen. Der Deutsche Wetterdienst ...

Westerburg: Hendrik Hering stellt neues Bestattungsgesetz vor

Am Mittwoch, 18. Juni, informiert Hendrik Hering in Westerburg über das neue Bestattungsgesetz. Im Rahmen ...

Geführte Wanderung durch den Hillscheider Wald im Kannenbäckerland

Am 21. Juni 2025 lädt das Hotel Hüttenmühle in Hillscheid zu einer geführten Wanderung durch den örtlichen ...

Infoabend in Wahlrod erklärt Förderprogramme für umweltschonende Landwirtschaft

Landwirte im Westerwald und darüber hinaus können sich am 23. Juni in Wahlrod über die AUKM-Förderprogramme ...

Umgestürzter Baum verursacht Verkehrsunfall in Wied

Ein unerwarteter Zwischenfall ereignete sich am Sonntag in der Mühlentalstraße in Wied. Ein Baum fiel ...

Weitere Artikel


Minimalinvasive Hüftprothesen-OP: Online-Vortrag erläutert die Möglichkeiten

Ein neues Hüftgelenk muss her? Anton Suriyakumar, Oberarzt der Unfall- und Orthopädischen Chirurgie im ...

Bürgermeisterwahl der VG Selters: Oliver Götsch aus Quirnbach stellt sich zur Wahl

Er will am 18. September Bürgermeister der Verbandsgemeinde Selters werden: Mit Abgabe seiner Bewerbung ...

Stars, Stangen, und tolle Stücke: Rommersdorfer Festspiele stehen in den Startlöchern

Zurzeit sieht es im Englischen Garten der Abtei Rommersdorf keineswegs so aus, als könne nächste Woche ...

Unfallflucht auf der A48: Silberner Mercedes gesucht

Am Donnerstag (9. Juni) gegen 19.30 Uhr war die 19-jährige Fahrerin eines roten Renault Clio auf der ...

Zeugen gesucht: Auf der B414 bei Norken in die Leitplanke gedrängt

Am Freitagabend (10. Juni) erlebte ein Autofahrer auf der B414 bei Norken einen Schreckmoment: In einer ...

Volltrunken am Steuer: Mit 2,95 Promille über die B49

Am Freitag (10. Juni) gegen 12.55 Uhr meldete ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer einen PKW, der die ...

Werbung