Altenkirchens Stadtbürgermeister Gibhardt: Kein weiterer Kommentar zum Rücktritt
Die Ankündigung von Altenkirchens Stadtbürgermeister Matthias Gibhardt, zum Monatsende zurückzutreten, bringt einen ganz neuen Aspekt in die Geschichte dieses Amtes. Noch nie agierte nach dem Zweiten Weltkrieg ein Stadtchef für einen so kurzen Zeitraum.
Altenkirchen. Der Abschied von dieser Position ist für Matthias Gibhardt (43/SPD) beschlossene Sache. Nach noch nicht einmal dreijähriger Amtszeit stellt er seinen ehrenamtlichen Posten als Stadtbürgermeister aus "persönlichen Gründen" zum 31. Mai zur Verfügung und schafft einen ganz neuen Aspekt. Seine Vorgänger seit dem Zweiten Weltkrieg waren immer mindestens zwei Jahrzehnte mit dieser Aufgabe befasst: Dr. Emil Haas (1950 – 1971), Karlheinz Klöckner (1971 - 1992) und Heijo Höfer (1992 – 2019), und alle drei waren parallel Bürgermeister des Amtes und/oder der Verbandsgemeinde Altenkirchen (Höfer lediglich bis 30. November 2016, weil er in den Mainzer Landtag wechselte). Gibhardt, dessen Demission am Dienstagabend (10. Mai) bekannt geworden war und der von Hause aus Diakon ist, war als Sieger aus der Urwahl um diese Funktion im späten Frühjahr 2019 hervorgegangen, nachdem er Ralf Lindenpütz (CDU) in der Stichwahl auf den zweiten Platz verwiesen und Katja Lang (parteilos) als Dritte das Ziel des ersten Durchganges erreicht hatte.
Neuwahl wohl im September
Vom 1. Juni an übernimmt der erste Beigeordnete Paul-Josef Schmitt (CDU) zunächst die Amtsgeschäfte. Nach Auskunft des stellvertretenden Büroleiters der Verbandsgemeindeverwaltung Altenkirchen-Flammersfeld (auch für Wahlen zuständig), Ralf Weingarten, soll eine Neuwahl laut Gemeindeordnung innerhalb von drei Monaten nach einem Rücktritt erfolgen. "Das wäre der 30. August", erläuterte Weingarten, "der Termin liegt aber noch in den Sommerferien und wäre schlecht für die Wahlbeteiligung." In Abstimmung mit der Kommunalaufsicht, der Kreisverwaltung, werde nun ein Datum gesucht, das ein bisschen später, also sehr wahrscheinlich im September, liege. Dass Schmitt bis zur Kommunalwahl 2024 als Stadtbürgermeister im Amt bleibe, wäre nicht möglich, da "keine besonderen Umstände vorliegen".
Gibhardt: Kein Kommentar
Gibhardt wollte auf Anfrage des AK-Kuriers am Mittwochmittag (11. Mai) seinen Schritt nicht weiter kommentieren. Es habe schon alles in der Presse gestanden, ließ er verlauten. Auch zu einem späteren Zeitpunkt und mit einem gewissen Abstand werde er nicht über seine Beweggründe sprechen. Mit Beginn des Monats Juni wird sich Gibhardt komplett aus der lokalen Politik zurückgezogen haben. Sein Kreistagsmandat hatte er bereits niedergelegt, das im Verbandsgemeinderat werde er, wie das Amt des Stadtbürgermeisters, zum 31. Mai abgeben. Neben der politischen Arbeit auf lokaler Ebene hatte Gibhardt seine Fühler auch nach höheren Politikweihen ausgestreckt. Im zurückliegenden Jahr verlor er das Rennen um den Einzug in den Mainzer Landtag knapp gegen Dr. Matthias Reuber aus Birken-Honigsessen. Während der Christdemokrat im Wahlkreis 2 Altenkirchen auf 38,0 Prozent der Stimmen kam und sich das Direktmandat holte, blieb dem Sozialdemokrat mit 33,2 Prozent nach einer spannenden Auszählung die zweite Position vor Christian Chahem (FDP/Altenkirchen) mit 9,3 und Ulli Gondorf (Bündnisgrüne/Mehren) mit 8,0 Prozent.
Kreisstadt vor großen Herausforderungen
"Meine Zusammenarbeit mit Stadtbürgermeister Matthias Gibhardt beruhte stets auf sachorientierter und ehrlicher Basis. Von daher bedaure ich die Rücktrittsentscheidung", erklärte Fred Jüngerich als Bürgermeister der Verbandsgemeinde Altenkirchen-Flammersfeld, die Kreisstadt stehe vor großen Herausforderungen, wie beispielsweise der Umsetzung des neuen Programms zum Citymanagement und der Frage zur Stadthalle. "Als Rathaus stehen wir selbstverständlich in besonderem Maße administrativ und beratend zur Seite. Aber es braucht im Stadtrat zeitnah wieder einen führenden Kopf."
Für sich Reißleine gezogen
"Ich bin sehr betroffen, aber ich kann es nachvollziehen", sagte Daniela Hillmer-Spahr als Fraktionschefin der SPD im Stadtrat. Es gebe Momente, da müsse man einfach für sich die Reißleine ziehen, wie er es getan habe. "Das Arbeiten in den vergangenen drei Jahren im Rat ist nicht immer einfach gewesen", ergänzte sie, es habe sich vieles verändert. Er habe gemerkt, dass er "seine Ideen nicht wie gewünscht voranbringen konnte". Auch auf Verwaltungsseite habe sich vieles geändert, nachdem nicht mehr die Personalunion möglich gewesen sei. Es sei halt ein Unterschied, "ob du ein Mittelzentrum mit 6500 Einwohnern oder eine Ortsgemeinde mit 1000 Einwohnern führst. Ich bedaure diese persönliche Entscheidung. Nun müssen wir sehen, wie es weitergeht". Thomas Roos, Spitzenmann der FDP-Fraktion, zollte Gibhardt "hohen Respekt vor einer Entscheidung, die nicht einfach ist. Wenn die Gesundheit nicht mehr mitspielt, ist es möglicherweise der richtige Schritt. Wir bedauern das außerordentlich. Wir waren, aus meiner Sicht, trotz aller Diskussionen, auf einem guten Weg in Altenkirchen". Der Zeitpunkt sei für ihn völlig überraschend gewesen, "alle Beteiligten waren wirklich baff."
Sehr gute Zusammenarbeit
"Ich habe das am Dienstagabend zur Kenntnis genommen, wie auch in der Presse zu lesen war. Vorher wusste ich nichts davon. Ich war davon geschockt, wenngleich ich eine Entscheidung des Menschen Matthias Gibhardt respektiere, wenn er mir sagt, das geht so nicht, ich kann das persönlich nicht", meinte Peter Müller, der der Fraktion der Bündnisgrünen vorsteht. "Ich und wir als Fraktion hatten eine sehr gute Zusammenarbeit, und wir sahen deutlich positive Zeichen mit den Entwicklungen, die sich in der Zusammenarbeit und in dem Prozedere gezeigt haben mit dem neuen Bürgermeister." Die FWG-Fraktion bedauerte laut Vorsitzendem Jürgen Kugelmeier den Schritt Gibhardts, er sei durchaus nachvollziehbar. "Schade", brachte Kugelmeier die Einschätzung auf den Punkt und erinnerte sich an den Verlauf der Besprechung der Beigeordneten und Fraktionsvorsitzenden am Dienstagabend, als Gibhardt die Zusammenkunft zum Abschluss gegen 19.05 Uhr über seinen Ausstieg mit einem einzigen Satz unterrichtet habe. "Das hat uns alle getroffen, das war für uns vollkommen überraschend. Kein Mensch wusste das. Wir waren alle ziemlich baff", berichtete Kugelmeier, der zudem vermutete, dass es schwierig werde, einen Nachfolger zu finden, "gerade jetzt, wo viele Dinge in Bewegung sind oder nicht in Bewegung sind, aber in Bewegung gehalten werden müssten".
Stillstand darf nicht entstehen
"Der Rücktritt hat uns total überrascht. Wir akzeptieren und respektieren seine Entscheidung, die er aus persönlichen Gründen getroffen hat, und möchten uns für sein Engagement und seine Tätigkeiten für unsere Stadt bedanken. Für seine Zukunft wünschen wir ihm alles Gute bei bester Gesundheit", führte CDU-Fraktionsvorsitzender Lindenpütz aus. In den nächsten Wochen komme es darauf an, dass durch den Rücktritt kein Stillstand entstehe und die auf den Weg gebrachten Aufgaben und Themen fortgesetzt würden, "was wir mit unserer Fraktion unterstützen". Ob Lindenpütz selbst wieder kandidiere, ließ er vorerst offen: "Eine persönliche Entscheidung kann ich so kurz nach der Bekanntgabe des Rücktritts noch nicht abgeben, da ich die Situation zunächst mit meiner Familie und unserer Fraktion ausführlich besprechen möchte." (vh)
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