Geschichtspflege an der ehemaligen Ländergrenze Preußen-Nassau
Von Katharina Behner
Als steinerne Zeugen dokumentieren noch heute Grenzsteine die ehemalige Ländergrenze zwischen dem Königreich Preußen und dem Herzogtum Nassau durch den Westerwald. Als Zeichen der guten Nachbarschaft zwischen den „nassauischen“ Mörsbachern und den „preußischen“ Selbachern wurde anlehnend an alte Traditionen ein Apfelbaum im Selbacher Ortsteil Brunken gepflanzt.
Selbach-Brunken/Mörsbach. Was am Samstag (20. November) im Selbacher Ortsteil Brunken, wo sich die Gemeinden Selbach und Mörsbach treffen, zur Geschichtspflege und gleichzeitig als Zeichen einer guten Nachbarschaft geschah, kommt sicher nicht alle Tage vor: An der ehemaligen Ländergrenze zwischen dem Königreich Preußen (Selbach - heute Kreis Altenkirchen) und dem Herzogtum Nassau (Burbach/Mörsbach - heute Westerwaldkreis) wurde in Höhe des Grenzsteines mit der Nummer 42 nach alter Tradition ein Grenzbaum gepflanzt. Dabei handelt es sich um einen Apfelbaum, womöglich eine seltene lokalen Sorte, was derzeit genetisch noch untersucht wird.
Dazu trafen sich neben den beiden „Grenz-Ortsbürgermeistern“ Matthias Grohs (Selbach) und Egon Müller (Mörsbach) zudem Selbachs Beigeordneter Daniel Hombach, sowie die beiden Selbacher Sylvia und Wolfgang Knafla, die den Apfelbaum spendeten.
Grenzstein Nummer 42 wurde ausfindig gemacht
Eine Arbeitsgruppe der Gesellschaft für Heimatkunde (GFH) im Westerwald-Verein hat es sich seit Jahren zur Aufgabe gemacht, die gesamte durch den Westerwald führende ehemalige Ländergrenze zwischen dem Königreich Preußen und dem Herzogtum Nassau zu erforschen. Insgesamt 174 Hauptgrenzsteine und weitere 1600 Zwischensteine prägten die in den Jahren 1806 bis 1866 bestehende Hoheitsgrenze vom Stegskopf bis Koblenz-Horchheim, abgesteint im Jahr 1813.
Zwischenzeitlich wurden etwa 100 der steinernen Zeugen und Denkmale (Hauptgrenzsteine) wieder entdeckt. Besonders an ihnen: Einzelne Nummerierungen, die von Steinmetzen bearbeitet und beschriftet wurden.
So hatte sich die Arbeitsgruppe „Klein- und Bodendenkmale“ auch die Grenze zwischen dem ehemals nassauischen Mörsbach und dem früher preußischen Selbach/Sieg vorgenommen. Unterstützt von Mörsbachs Ortsbürgermeister Egon Müller, dessen Steckenpferd unter anderem die alten Grenzsteine sind, konnte der verschollen geglaubte Grenzstein mit der Nummer 42 schließlich ausfindig gemacht werden.
An den Inschriften des Steines hat sichtbar der „Zahn der Zeit genagt“ wie Egon Müller es beschreibt. Dennoch sind auf preußischer Seite (Selbach) die Buchstaben KP für Königreich Preußen erkennbar, dabei ist die Ortsangabe GSBH für Gemeinde Selbach und die Steinnummer noch gut erhalten. Auf nassausicher Seite (Burbach/Mörsbach) ist leider nur noch die Nummer 42 und lediglich ein Fragment der vermutlichen Ortsangabe GBRBH für die Gemeinde Burbach erkennbar. Leider gelten bis dato weitere Steine im Selbachtal als verschollen. Mörsbachs Ortsbürgermeister Müller nimmt jedoch nach wie vor gerne Hinweise über deren Verbleib entgegen.
Apfelbaum für fruchtbare Nachbarschaft
Genauso historisch interessiert wie Müller, ist auch Selbachs Ortsbürgermeister Grohs. Ein wichtiges Anliegen war es nun, den Grenzstein mit der Nummer 42, der mitten auf einer landwirtschaftlich genutzten Fläche steht, für die Zukunft zu schützen. Dabei kam die Idee, einen Baum in unmittelbarer Nähe auf einer in der Örtlichkeit kaum sichtbaren Wegeparzelle der Ortsgemeinde Selbach als Symbol für die fruchtbare Nachbarschaft und zudem als Beitrag zur Geschichtspflege zu pflanzen. Dies in Anlehnung an die alte Tradition der Grenzbäume. Früher wurden hierzu meist Eichen genutzt.
Diese Idee wurde nun kürzlich umgesetzt. Gespendet wurde der Apfelbaum „Bruno“ von den beiden Selbachern Sylvia und Wolfgang Knafla, die von der Initiative sehr angetan waren. Zudem wurde der Stein mittels drei Eichenpfählen gesichert, so dass er optisch besser wahrnehmbar ist und vor äußeren Einflüssen geschützt bleibt.
Auch aus Sicht von Selbachs Ortsbürgermeister Matthias Grohs ist die Maßnahme ein wichtiger Beitrag zum Erhalt der historisch wertvollen Grenzsteine. Zudem sieht er die Aktion als ein schönes Zeichen der guten Nachbarschaft zwischen den Mörsbachern und den Selbachern, damit quasi zwischen den „Nassauern und den Preußen“, wie man sich auch heute noch gelegentlich mit einem Augenzwinkern nennt. (KathaBe)
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