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Nachricht vom 27.09.2021    

Wahlkreis Montabaur: Was für ein Erdbeben

Von Thomas Sonnenschein

Deutliche Zugewinne bei der SPD, ein fatales Abrutschen der CDU: Diese Bundestagswahl hat die Vormachtstellung der Union im Wahlkreis Montabaur gebrochen. Ein derart deutliches Ergebnis hat selbst die Sieger überrascht. Direktkandidatin Dr. Tanja Machalet konnte es erst gar nicht glauben.

Zweitstimmenverteilung im Wahlkreis Montabaur (Grafik: Thomas Sonnenschein)

Westerwaldkreis. Eindeutiger Sieger im Wahlkreis 204 Montabaur ist mit mehr als 30 Prozent der Stimmen die SPD. Auch konnte die SPD-Kandidatin Dr. Tanja Machalet das Direktmandat gewinnen. Für den Kontrahenten von der CDU, Dr. Andreas Nick, muss sich der Wahlabend angefühlt haben, wie ein Schlag ins Gesicht. Zwar erreichte auch er noch immer 30 Prozent der Erststimmen, im Vergleich zur Bundestagswahl aber sackte das Vertrauen seiner Wähler um satte 13,3 Prozent ab. Auch bei den Zweitstimmen verlor die Union 11 Prozent und kam nur noch auf 26,5 Prozent der Stimmen. Noch drei Monate zuvor war diese Entwicklung nicht abzusehen. Für den Berufspolitiker Andreas Nick wird es jetzt eng, denn ob sein Listenplatz ausreicht, um über die Zweitstimmen doch noch ins Parlament einzuziehen, steht noch nicht fest.

An der Wahlbeteiligung jedenfalls kann dieses Ergebnis nicht gelegen haben. Mit 77,9 Prozent Wahlbeteiligung machten 0,1 Prozent der Wähler mehr ihr Kreuzchen, als bei der Bundestagswahl 2017. Das heißt aber auch, dass mehr als 46.000 Wähler ihre Stimme verschenkt haben. In den Wahlbüros ging es zumeist sehr ruhig zu, mehr als 50 Prozent der Stimmberechtigten nahmen per Briefwahl teil.

Die Wählerstimmen in absoluten Zahlen
Stimmberechtigt waren 210.845 Personen im Wahlkreis Montabaur, 164.169 Personen machten von ihrem Wahlrecht Gebrauch.
49.344 der Zweitstimmen gingen an die SPD (2017 waren es "nur": 39.906),
43.125 an die CDU (2017 waren es wesentlich mehr: 60.594),
19.050 an die FDP (2017 waren es etwas weniger: 17.703),
16.880 an Bündnis90/Die Grünen (2017 waren es "nur": 10.058),
14.499 an die AfD (2017 waren es noch: 17.826),
6.468 an die Freien Wähler (2017 waren es "nur" 2.445),
4.642 an die Linke (2017 waren es mehr als doppelt soviele: 9.576).

Jubel bei der SPD
Dr. Tanja Machalet feierte ihren Sieg überglücklich: "Ich bin total geflasht", äußerte sie gegenüber den Kurieren und betonte, dass sie einen solch deutlichen Vorsprung selbst nicht erwartet habe. Noch vor einem Jahr, als die SPD noch im Umfragetief von unter 20 Prozent dümpelte, hätte sie nie geglaubt, diesen Wahlabend zu erleben. Klar habe die Landtagswahl Hoffnung gemacht, aber so deutlich habe sie nicht an einen Sieg geglaubt.



Für ihren Mitstreiter von der CDU, Dr. Andreas Nick, tut es ihr leid. Die beiden seien auch im Wahlkampf immer fair miteinander umgegangen. Und auch wenn politisch natürlich große Unterschiede zwischen beiden bestünden, so schätze sie ihn persönlich als Mensch sehr. Letztlich unterlag er bei den Erststimmen auch nur mit 1,5 Prozent.

Machalet sitzt jetzt bereits im Auto und ist auf dem Weg nach Berlin. Dort will sie sich für eine stabile Regierungsbildung einsetzen.

Freude auch bei den Grünen
Die Grünen im Westerwald hatten sich zum Ziel gesetzt, zweistellig zu werden. Mit 10,4 Prozent der Zweitstimmen ist ihnen dies auch gelungen. Direktkandidat Torsten Klein begründet das natürlich auch mit dem Sichtbar werden des Klimawandels, insbesondere der Dürresommer nebst Borkenkäferbefall und toten Fichten allgegenwärtig. Das Ergebnis der Grünen kommt noch nicht an den Bundesschnitt heran, jedoch prognostiziert Klein für die Zukunft weiter wachsende Zahlen. Während die CDU die meisten Stimmen von Senioren erhalte, läge das Stimmengewicht bei den Grünen bei jungen Menschen bis 29 Jahren. Alleine deshalb würde sich die Gewichtung zukünftig ändern. Im Wahlkampf konnten auch neue Mitglieder hinzugewonnen werden. Zur Kanzlerfrage antwortete Klein, er könne sich keinen Kanzler vorstellen, der den Wahlzettel falsch herum faltet. Damit wies er auf einen Faux Pas von Armin Laschet hin, der seine Stimme deutlich sichtbar an der Urne in die Kamera hielt.

Fazit:
Die langjährige Vormachtstellung der CDU in Deutschland und vor allem auch im Wahlkreis Montabaur ist gebrochen. Von daher könnte die Bundestagswahl tatsächlich eine historisch bedeutsame Zäsur darstellen. Wie erfolgreich die SPD im Falle gelungener Koalitionsverhandlungen die Mammutaufgaben im Land bewältigt, wird sich dann zeigen. (Thomas Sonnenschein)




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Mehr dazu:   Bundestagswahl 2021  
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