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Nachricht vom 06.12.2019    

Der Gesellschaft droht eine Fachkräftearmut in der Pflege

Im Westerwald und anderswo wird durch Pflege so schnell niemand arm, es ist aber auch nicht auszuschließen. Aber unsere Gesellschaft wird dadurch ärmer, dass ihr die Pflegekräfte auszugehen drohen! Darin stimmten die Teilnehmenden eines außergewöhnlichen Infoabends überein, der Pflegebedürftigen und deren Angehörigen die Angst vor der Pflege und deren Finanzierung etwas nehmen wollte. Dazu hatten in das Seniorenzentrum Ignatius-Lötschert-Haus in Horbach der Förderverein der Einrichtung, der VdK-Ortsverband Buchfinkenland/ Gelbachhöhen und das Forum Soziale Gerechtigkeit gemeinsam eingeladen.

Mitwirkende v.l.n.r.: Evelyn Kober (VdK), Franz Schmitz (Ignatius-Lötschert-Haus), Uli Schmidt (Moderator), Torsten Hommrich (Stiftung Friedenswarte), Silke Pietsch und Simone Bahl (Pflegestützpunkt Montabaur) und Cornelia Licht (Pflegeteam Licht). Foto: privat

Horbach. Das Experiment eines für alle Interessierten offenen Infoabends unter dem Thema „Arm durch Pflege? Was die Altenpflege leistet und was sie uns kosten kann“ gelang. Ein voll besetzter Saal und viele Fragen an die beteiligten Fachleute sind ein Beleg dafür. Ziel war es, den Zusammenhang zwischen der Pflegearbeit in den einzelnen Bereichen mit den dafür anfallenden Kosten und der Finanzierung im Zusammenhang zu sehen. Zunächst stellten Silke Pietsch und Simone Bahl vom Pflegestützpunkt Montabaur die oft nicht ganz einfach einzuordnenden Leistungen der Pflegeversicherung vor. Es gelang Ihnen, einen breiten Bogen von einer Kombinationsleistung bis zu Pflegehilfsmitteln und einer möglichen Bezuschussung einer Wohnumfeldverbesserung zu spannen. „Jetzt wird mir einiges klarer“, meinte Evelyn Jung als Vorsitzende des örtlichen VdK dazu.

„Wir betreuen über 350 Senioren und Seniorinnen in der Region und der Bedarf steigt und steigt“, so Cornelia Licht, zur Situation in der ambulanten Pflege. Die Geschäftsführerin der „Ambulanten Pflegeteam Licht GmbH“ mit Sitz in Weidenhahn wies darauf hin, dass die Beteiligung der Angehörigen besonders wichtig ist. Im eigenen Unternehmen könne der Fachkräftebedarf noch gedeckt werden, was wohl auch an der hohen Ausbildungsquote von derzeit 13 Azubis liege. Ein besonderer Wachstumsbereich seien die Pflege-Wohngemeinschaften: „Wir betreuen derzeit zehn WGs und die sind alle rappelvoll“, so Licht. Der Bedarf sei riesig und es würden sicher noch viele neue Senioren-WGs entstehen.

Damit war die Überleitung zum zweiten Bereich der Altenpflege, den neuen Wohnformen, schon gegeben. Darüber berichtete Torsten Hommrich als Geschäftsbereichsleitung der Stiftung Diakoniewerk Friedenswarte in Bad Ems. „In den WGs wird Gemeinschaft gelebt, die Bewohner können in barrierefreien Gebäuden mit anderen zusammen sein, sich bei Bedarf aber auch ins eigene Zimmer zurückziehen“, so Hommrich. Die reinen Mietkosten seien mit denen einer normalen Wohnung vergleichbar, es kämen dann noch die Pflegekosten dazu. „Das ist eine tolle Sache und die Beliebtheit dieser Wohnform wird weiter steigen“, meinte Franz-Josef Jung vom Fördervereinsvorstand des gastgebenden Seniorenzentrums. Gelobt wurde allgemein das diesbezügliche Engagement von Gemeinden und Investoren wie beispielsweise in Oberelbert, wo derzeit eine solche moderne Wohnanlage entsteht.

Als Fan eines möglichst breiten Angebotsspektrums in der Altenpflege outete sich dann der Heimleiter des Ignatius-Lötschert-Hauses, Franz Schmitz. „Auch noch so engagierte ambulante Dienste und attraktive WGs werden die stationäre Altenpflege nicht überflüssig machen“, zeigte er sich überzeugt. Doch im Wettbewerb um Fachkräfte sei ein klassisches Altenheim oft im Nachteil, weshalb man neue Wege gehen müsse. Qualifizierte Nachwuchskräfte seien nur für die stationäre Pflege zu gewinnen, wenn die Arbeitsbedingen stimmen: „Aber das können die Häuser künftig immer weniger garantieren“ so Schmitz, der sein ganzes Berufsleben als Altenpfleger und Führungskraft in Pflegeheimen verbracht hat. Ein weiteres Problem sei die Tatsache, dass mit den Bewohnern des Hauses auch die vielen wichtigen ehrenamtlichen Betreuungskräfte immer älter würden. Ohne einen politisch herbeizuführenden Paradigmenwechsel sieht der erfahrene Heimleiter keinen Ausweg mehr aus dem drohenden Pflegenotstand.



Über ihre ehrenamtliche Arbeit im Alten- und Pflegeheim des Hospitalfonds in Montabaur berichtete Ingrid Sohde: „Die Arbeit mit den alten Menschen macht mir seit zwölf Jahre so viel Freude, dass ich nicht ans Aufhören denke“. Heimleiterin Claudia Ahrens ergänzte, dass die Einbeziehung von Ehrenamtlichen und Angehörigen eine sinnvolle und notwendige Bereicherung für jedes Seniorenzentrum ist. Dem konnte auch MdL Dr. Tanja Machalet nur zustimmen. Die Abgeordnete wies auf einen druckfrischen Pflegeratgeber des Landes hin, der zur kostenlosen Mitnahme bei der Veranstaltung auslag… und am Ende vergriffen war. Im Vorwort des Ratgebers ruft Sozialministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler dazu auf, den kostenlosen Service des zuständigen Pflegestützpunktes zu nutzen, wenn von heute auf morgen Pflege- und Unterstützungsbedarf zu organisieren ist.

Für die drei Veranstalter dankte Uli Schmidt, der den Abend auch moderierte, dafür, dass sich Fachleute und Ratsuchende auf den doch etwas experimentellen Abend eingelassen hatten und stellte fest: „Dieses Format ist ausbaufähig und kann künftig hoffentlich vielen Menschen eine erste Orientierung bei gegebenem oder sich abzeichnendem Pflegebedarf bieten“. Er wies erfreut darauf hin, dass der Bundesrat am 29. November dem „Angehörigen-Entlastungsgesetz“ zugestimmt hat, nach dem unterhaltspflichtige Angehörige erst ab einem Jahreseinkommen über 100.000 Euro finanziell beteiligt werden. Ein wichtiges Ergebnis des Abends sei, dass der Bedarf an Pflege-WGs im Kreis weiterhin stark steige und leistungsfähige Investoren mit engagierten Betreibern diesen hoffentlich decken würden. (Uli Schmidt)


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