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Pressemitteilung vom 27.07.2023    

Bauvorhaben Gewerbegebiet Süd 2 in Rennerod: Gefahr für die Bürger und den Holzbach?

Die Bürgerinitiative Rennerod Süd, die sich gegen das Bauvorhaben im Gewerbe- und Dienstleistungspark Süd 2 stellt, hat eine gewässerökologische Untersuchung in dem an das Bauvorhaben angrenzenden Holzbach in Auftrag gegeben. Hierbei wurde laut einer Pressemitteilung festgestellt, dass sich das Bauvorhaben besonders negativ auf den angrenzenden Holzbach und dessen Auenlandschaft auswirkt.

(Fotos: Kerstin Kexel)

Rennerod. Die Untersuchung ausgeführt hat Diplom-Geograph Frank Steinmann vom Büro für fisch- und gewässerökologische Studien, Frankfurt. "Erschreckenderweise betreffen die negativen Auswirkungen jedoch nicht nur die dort existierende Lebensgrundlage gefährdeter Tiere, sondern sie stellen zudem eine latente Gefahr für die Bürger der Verbandsgemeinde Rennerod dar, die durch weitere Versiegelung der Auenlandschaft bei Starkregenereignissen zu Überflutungen führen kann", so schreibt der NABU Rennerod und Umgebung in seiner Pressemitteilung.

"Spätestens nach den Ereignissen der tragischen Sturzflut infolge von Starkregen an der Ahr sollte von weiteren unnötigen Flächenversiegelungen, insbesondere angrenzend an fließende Gewässer, sowie riskanten Eingriffen in die Natur abgesehen werden", heißt es weiter. "Starke Trockenheit sowie Starkregenereignisse sind bereits heute spürbar, bedingt durch den Klimawandel werden sie zukünftig voraussichtlich noch häufiger vorkommen."

250 Meter Holzbach untersucht
Die Untersuchungstrecke war 250 Meter innerhalb des Auenbereiches des geplanten Gewerbe- und Dienstleistungsgebietes Süd 2 in Rennerod. Die durchgeführte Untersuchung diente dem Zweck, Fischarten im Holzbach nachzuweisen, die unter besonderem Schutz stehen und natürlicherweise im Gewässertyp "silikatreicher Mittelgebirgsbach", zu dem der Holzbach zählt, vorkommen sollten.

Im Detail wurde festgestellt, dass die Beschattung des Bachabschnittes durch Erlen und Weidengehölze beispielhaft ist und dem Wasserkörper die gewünschte Schattierung bietet. Hervorzuheben wären als Zeiger für gute Gewässergüte speziell das Vorkommen von Steinfliegen-, Eintagsfliegen- und Köcherfliegenlarven. Auch das Auftreten des Bachflohkrebses weist auf eine gute Gewässergüte hin. Da der beprobte Abschnitt oberhalb des Einlaufes der Kläranlage der Stadt Rennerod liegt, sollte diesem Bereich mit seinem Charakter eines Quellabschnittes besondere Sorgfalt entgegengebracht werden. Bereits wenige Meter bachabwärts macht sich die starke Eutrophierung des Baches durch die Einleitungen der Kläranlage bemerkbar.

Viele Bachforellen
Der Fischbestand auf der Untersuchungstrecke bestand aus 27 Bachforellen (kommt in diesem Jahr auf die Roten Liste der gefährdeten Arten in Deutschland) vom Brütling mit Restdottersack über einjährige und zweijährige Individuen bis zu laichreifen Tieren von 22 bis 32 cm Länge. Besonders der Nachweis der Reproduktion zeigt, dass der betroffene Abschnitt für den Erhalt der Bachforelle, die stark vom Gewässerverbau, von Verschmutzung und klimatischen Einflüssen betroffen ist, von großer Wichtigkeit zu sein scheint. Der Nachweis der Mühlkoppe mit 16 Individuen vom einjährigen Tier bis zum adulten Fisch zeigt ebenfalls den schützenswerten Charakter des Bachabschnittes auf.

Leider hat sich herausgestellt, dass der Bach im Untersuchungsgebiet vermutlich weitestgehend aus seinem natürlichen Gewässerbett entfernt, im Lauf korrigiert und begradigt wurde. Stellenweise sind die Ufer noch stark befestigt, um ein dynamisches Arbeiten des Baches bei Hochwasser zu unterbinden. Dennoch verfügt der Bach großenteils über eine befriedigende Gewässersohle mit kiesigem Substrat, kleinen Rauschen und mehreren tieferen Kolken, die Fischen und Kleintieren bei Hitzesommern als Rückzugsgebiete dienen können.

Bachlauf schon jetzt gestört
Dennoch ist die Kommunikation des Baches mit der Aue durch die stellenweise starke Auenauflandung bereits jetzt gestört, sodass dem Bach an vielen Stellen in Form einer Renaturierungsmaßnahme mehr Raum gegeben werden müsste, um seinen natürlichen Lauf selbst zu bestimmen. Statt jedoch an Ort und Stelle die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren, sollen - trotz aller Warnungen - auch noch zusätzliche Versiegelungen durchgeführt werden, die gravierende Folgen von Überschwemmungen begünstigen.

Gewässerökologe Steinmann zieht folgendes Fazit: Generell sei das Ökosystem Holzbach nicht nur als Bachlauf zu verstehen, vielmehr sei die angrenzende Bachaue als Teil dieses komplexen Lebensraumes zu verstehen. Demnach sei es von enormer Wichtigkeit, Aueflächen in ihrem natürlichen Zyklus zu unterstützen: Das heißt die Funktion als Wasserspeicher, Retentionsfläche bei Hochwasser und klimabegünstigendem Areal zu erhalten.



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Lebensraum für viele Tierarten
Ferner findet eine Vielzahl von Insekten, Amphibien, Reptilien, Vögeln und Säugetieren in der Bachaue ihren Lebensraum. Die Aue mit ihren typischen Gehölzen, Sträuchern und Kräutern ist ein Hotspot der Biodiversität und durch den Klimawandel und die starken sommerlichen Trockenheiten stark bedroht. Nicht zuletzt das Trockenlegen durch Drainage sowie das Versiegeln und Umleiten von Bächen führte zum Verschwinden der meisten Auebereiche. Demnach sei es umso wichtiger, diese begangenen Fehler nicht zu wiederholen, sondern gegenteilig zu korrigieren - und zwar bevor vorhersehbare und vermeidbare Schadenereignisse eintreten. "Die Rückvernässung von solchen Bereichen ist ein immanenter Bestandteil von Klima-, Diversitäts- sowie Bürgerschutz", so konstatiert die Pressemitteilung.

Eine Flächenversiegelung und Bebauung des Auegebietes würde diesen Lebensraum zerstören oder zumindest stark einschränken. Fehlende Versickerung von Regenwasser wäre die Folge, eine Bodenverdichtung würde zusätzlich den Verlauf des Grundwassers und somit auch indirekt den Fluss des Baches beeinträchtigen, abgesehen vom permanenten Schaden, der durch den Habitatverlust entstünde. Zu den größten Gefahren, die der Klimawandel mit sich bringt, zählen neben den Trockenperioden auch die willkürlich auftretenden Starkregenereignisse. Die Bachaue schützt unsere Dörfer und Städte vor Überschwemmungen und Überflutungen. Auch der Grundwasserschutz und -erhalt wird durch die Versiegelung von Auen gefährdet.

Gegen das geplante Bauvorhaben
Der Gewässerökologe stellt sich gegen das geplante Bauvorhaben; die Versiegelung von Aueflächen sei ein irreversibler Schaden an der Natur und habe einen erweiterten Verlust von Biodiversität zur Folge. Gewässer und ihr Umfeld zählen zu den artenreichsten, aber auch zu den durch den Klimawandel am ärgsten bedrohten Lebensräumen. Jeder Schritt, der zu weiteren negativen Beeinflussungen dieser Ökosysteme unternommen werde, sei ein Schritt, der sich von jeglicher Nachhaltigkeit weit entfernt.

"Wir vom NABU und von der Bürgerinitiative stimmen dem ausdrücklich zu", so unterstreichen die Initiatoren der Untersuchung. "Die Holzbachaue muss als wichtiger Hochwasserschutz der Bevölkerung erhalten bleiben; eine Bebauung darf nicht zu Lasten des Schutzes der Bürger erfolgen, sondern sollte entgegengesetzt renaturiert werden. Dass sich selbst Bäche innerhalb kürzester Zeit in reißende Flüsse verwandeln können, haben wir leider in den letzten Jahren immer häufiger erfahren müssen. Es muss demnach mehr freie Fläche geschaffen werden, in der Regenwasser versickern kann und keine zusätzliche Bebauung."

Petition gegen das Gewerbegebiet
Mehr als 1000 Einwohner aus Rennerod und anderen Orten haben die Petition der Bürgerinitiative "Naturschutz Rennerod Süd" bereits unterschrieben. Die Petition fordert die Stadt Rennerod auf, den im April 2021 veröffentlichten Aufstellungsbeschluss zum Neubau des Gewerbe- und Dienstleistungsgebiets Süd 2 zurückzunehmen. Nur drei Monate nach Veröffentlichung wurde durch die Flutkatastrophe im Ahrtal sichtbar, dass ein Eingreifen in Wasserläufe und Auenlandschaften katastrophale Folgen nach sich ziehen kann. "Spätestens nach diesem Ereignis hätte der Aufstellungsbeschluss ad acta gelegt werden müssen; stattdessen hält die Stadt Rennerod an dem Bauvorhaben fest", so resümieren die Umweltschützer.

Unterstützer können die "Petition Rennerod" (zu finden über die Suchmaschineneingabe "Petition Rennerod") noch bis zum 11. August digital unterzeichnen.

(PM)



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