Werbung

Nachricht vom 24.06.2023    

"Erzähle es der Parkuhr!": Hachenburg und der Fortschritt

Von Elke Stockhausen

Mehr ein Parkautomat denn eine Parkuhr erhitzt zurzeit so manches Gemüt der Hachenburger. Der Fortschritt macht nicht Halt, auch nicht im Westerwald. Doch scheint das bei vielen Bürgern und Besuchern der Verbands-Hauptstadt zu Konversationen vor dem elektronischen Parksystem zu führen und das eben mit Unmut.

Verwirrung vor dem Parkautomaten: In Hachenburg kommt das zurzeit öfter vor. (Fotos: Elke Stockhausen)

Hachenburg. Vor wenige Wochen erfolgte der Austausch des Parkautomaten auf dem Parkplatz vor der Westerwald Bank eG zwischen Bahnhofstraße und Neumarkt. Die Parkfläche vieler, die ihre Erledigungen in der Wilhelmstraße machen möchten. Zur richtigen Zeit an diesem Ort, fange ich Meinungen der Parkplatznutzer ein und stelle fest: Die meisten sind wirklich erzürnt. Eine Besucherin aus Mosbach, 76 Jahre alt und eine rüstige Dame, hält die Bedienung des Gerätes für Ältere für eine schwierige Angelegenheit, auch wenn sie selbst keine Probleme hat, ihr digitales Parkticket zu erhalten.

Dipl.-Ing. Gunnar J.S Frese aus Kausen gibt zu bedenken: "Was machen ältere Leute?". Für ihn ist das Prozedere eine Leichtigkeit, doch auch er kritisiert das neue System. Neben der Eingabe des KFZ-Zeichens muss, wenn ein digitaler Parkbeleg erstellt werden soll, die E-Mail-Adresse eingegeben werden. Dies erfolgt über den Touchscreen, der ungeschützt von den umstehenden Personen eingesehen werden kann. Hier sei der Datenschutz nicht ausreichend beachtet worden. Es fehle ein Sichtschutz. Der Aktivierungsvorgang selbst, der in zu kleiner Schrift auf einer Anweisung oberhalb des Bildschirmes angebracht ist, dauere zu lange.

Karla G. aus Berlin fasst ihre Gefühle in klare Worte: "Ich könnte abkotzen." Sie kenne den digitalen Fortschritt, denn Berlin ist eine Großstadt. Ein so umständlich zu bedienendes Gerät gäbe es dort jedoch nicht. Eine 80-ährige Frau befrage ich auch noch. Sie habe zuhause einen Computer und so habe sie keine Berührungsängste mit dem Automaten. Doch genau die Angst sei es, die ältere Menschen nun einmal hätten, wenn sie neue und unbekannte Technik bedienen müssen.

Daten preisgeben?
Ich bin an der Reihe, denn auch ich brauche ein Ticket. Den Vorgang starten und den Anweisungen auf dem Touchscreen folgend, gebe ich mein Autokennzeichen ein und wähle die Parkdauer, was sich allerdings nicht in dezimalen Schritten darstellt. Den Beleg erhalte ich nur digital und gebe meine E-Mail-Adresse preis. Ein Problem habe ich damit nicht, denn mich findet man im Internet sowieso, wenn auch mein Autokennzeichen ein Geheimnis ist. Aber ich vertraue der Stadt Hachenburg und der digitalen Sicherheit.



Dennoch verstehe ich die Zweifel. Für manchem mag das ein Weg sein, gläsern zu werden, zumal die Bezahlung nur mit Karte möglich ist. Macht sich "das Gerät des Ärgers" für die Geschäfte in der Wilhelmstraße bemerkbar? Vielleicht ist ein Umsatzrückgang bemerkbar?

Im kleinen Lottogeschäft wird dies von der Inhaberin verneint und die gleiche Auskunft erhalte ich auch in der "hänelschen buchhandlung", bei "Bonn Augenoptik" und in der Bäckerei Weinbrenner. Für kurze Einkäufe gibt es die Brötchentaste. Auch wenn diese nun digitalisiert ist, 30 Minuten kostenfreies Parken ermöglicht einen fairen, kurzen Einkauf in der Stadt.

Ursula Heß, Inhaberin der Parfümerie Berner, berichtet, dass viele Kunden Probleme mit dem Parksystem haben. Ihre Käufer kommen aus allen Altersschichten und sind oft verunsichert. "Da kam kein Zettel raus, mach bitte schnell!", das habe sie schon gehört. Denn auch bei einem kurzen Aufenthalt quittiert anderswo auch die Brötchenfunktion den korrekten Parkvorgang mit einem Parkschein. Momentan sei das neue System einfach noch zu kompliziert.

Komplizierter Bezahlvorgang
Britta Bonn und ihre Mitarbeiterin erfahren in den Gesprächen mit ihren Kunden, dass sie mit der Beschreibung des Bezahlvorganges mitunter nicht zurechtkommen und dann an anderer Stelle parken. Ein Rückgang des Umsatzes ist nicht bemerkbar. Dass Innenstädte heute nicht mehr durch den Einzelhandel attraktiv gestaltet werden können, das liege an der Zeit und der Möglichkeit im Internet Ware zu bestellen. Und so ginge es auch den Einzelhändlern in Hachenburg.

Ein Problem der Zeit und nicht der "Parkuhr". Ein Ärgernis scheint der Automat zu sein, auch wenn an diesem Tag die Stimmen derer fehlten, die das neue System positiv sehen. Der eine ist vielleicht froh, dass er kein Kleingeld im Portemonnaie vorhalten muss und mit seiner EC-Karte zahlen kann, der andere fühlt sich beobachtet. Was des einen Freud, ist des anderen Leid. Und so bleibt abzuwarten, ob der "Parkkasten" einmal zum normalen Leben dazugehören wird oder nicht. (Elke Stockhausen)


Lokales: Hachenburg & Umgebung

Jetzt Fan der WW-Kurier.de Lokalausgabe Hachenburg auf Facebook werden!

Weitere Bilder (für eine größere Ansicht klicken Sie bitte auf eines der Bilder):
       


Anmeldung zum WW-Kurier Newsletter


Mit unserem kostenlosen Newsletter erhalten Sie täglich einen Überblick über die aktuellen Nachrichten aus dem Westerwaldkreis.

» zur Anmeldung



Aktuelle Artikel aus der Region


Foto-Fahndung in Bonn: Unbekannter bricht Lebensmittelautomaten auf

Region. Am 22. Dezember 2023 ereignete sich in Bonn ein Diebstahl, der die örtliche Polizei bis heute vor Rätsel stellt. ...

Mysteriöse Schüsse auf Straßenschilder zwischen Helferskirchen und Niedersayn

Helferskirchen/Niedersayn. Laut der Polizeidirektion Montabaur wurden in jüngster Vergangenheit insgesamt vier Verkehrsschilder ...

Realschule plus Hoher Westerwald: Ausbildungs- und Berufsorientierungswoche mit Rekordbeteiligung

Rennerod. Eine ganze Woche lang war das Schulleben an der Realschule plus Hoher Westerwald ganz im Zeichen der beruflichen ...

Jedem Sayn Tal - Raderlebnistag für die ganze Familie steht an

Selters/Bendorf. Am 16. Juni um 10 Uhr findet in diesem Jahr der offizielle Start in Selters statt. Die Bürgermeister Christoph ...

"Gezielte Abschüsse": Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau will den Wolf bejagen

Koblenz. Die Nachweise und Nutztierrisse im nördlichen Rheinland-Pfalz hätten seit Anfang 2024 wieder deutlich zugenommen. ...

Achtung, Unwetter! Deutscher Wetterdienst warnt vor schweren Gewittern in Neuwied, Altenkirchen und Westerwald

Region. Über die drohende Gewitterlage hatten die Kuriere bereits berichtet. Nun hat der deutsche Wetterdienst eine Vorabinforamtion ...

Weitere Artikel


Buchtipp: "Ein mörderisches Paar - Das Versprechen" von Klaus-Peter Wolf

Dierdorf/Frankfurt. Nicht nur mangels legaler Papiere kann die geplante romantische Hochzeit auf einer Insel mit Leuchtturm ...

Schlägerei nach Party in Unnau

Unnau. Am frühen Morgen des Sonntags, 25. Juni, gegen 3.15 Uhr kam es im Anschluss an
eine Musikveranstaltung zu einer körperlichen ...

Musikwoche am Landesmusikgymnasium Rheinland-Pfalz in Montabaur

Montabaur/Region. Die Ensembles des Landesmusikgymnasiums Rheinland-Pfalz in Montabaur freuen sich, zu einer Woche der musikalischen ...

Traditionsmarke Römertopf beantragt Insolvenz: Was bedeutet das für die Zukunft der Keramikindustrie?

Ransbach-Baumbach. Der renommierte Keramikhersteller Römertopf aus dem rheinland-pfälzischen Ransbach-Baumbach hat Insolvenz ...

Bei Verkehrsunfall in Hachenburg wurde ein Autofahrer schwer verletzt

Hachenburg. Nach derzeitigem Stand der Ermittlungen kam ein 18-Jähriger zunächst aus unbekannten Gründen auf die Gegenspur, ...

Wie gieße ich Pflanzen richtig und wassersparend?

Region. Sommerliche Temperaturen und oft Sonnenschein von früh bis spät sorgen für rasch abtrocknende Böden. Pro Tag verdunsten ...

Werbung