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Nachricht vom 27.02.2021
Region
Nicole nörgelt…über Promenadologen und andere hochtrabende Berufsbezeichnungen
Es gibt schon einige Berufsbezeichnungen, mit den man direkt nicht anfangen kann. Nicole hat jetzt einen konsultiert und sich heute ihre Gedanken über weitere hochtrabend klingende Berufe gemacht.
Ob diese Beiden vorher einen Promenadologen befragt haben? Foto: Wolfgang TischlerRegion. Es ist hell und sonnig, die ersten Vögel zwitschern, Schneeglöckchen wuchern geradezu in meinem Garten, man riecht überall den Frühling. Da will man doch raus und diese schöne Welt genießen. Aber einfach vor die Tür und los – das geht doch nicht! Da muss man doch zuerst seinen Promenadologen konsultieren! Wir leben ja schließlich nicht mehr in der Steinzeit.

Jaja, Sie haben richtig gelesen! Promenadologen sind „Spaziergangswissenschaftler“, die die Bedingungen der Umweltwahrnehmung untersuchen und erweitern. Sowas lehrt man an Universitäten! Kein Scherz! Wir brauchen Wissenschaftler, die uns sagen, wo wir beim Spazierengehen hingucken und wie wir es wahrnehmen sollen. Ja. Wie Landkinder, die in Feld und Wald damit aufgewachsen sind, unter Bäumen und in Wiesen zu spielen, uns dreckig zu machen und Grün zu sehen, wann immer wir vor die Tür treten, haben anscheinend keine Ahnung davon, wie man fachkundig in der Natur herumläuft.

Gut. Ob so ein Berufsstand seine Berechtigung hat, können wohl nur die beurteilen, die ihn ausüben. Was mich viel mehr in Kopfschütteln versetzt, sind diese aufgeplusterten Titel für ganz normale Berufe. Ein Promenadologe mag etwas anderes sein als ein altbekannter Wegewart, aber was ist mit dem Facility Manager, den man nicht mehr Hausmeister nennen darf, oder dem Vision Clearance Engineer, der früher ein schlichter Fensterputzer war? Ist der Promenadologe am Ende ein schnöder Wegewart? Und würde mich der Schornsteinfeger schräg angucken, wenn ich ihn künftig mit Flueologist anspreche? Und die meisten Sekretärinnen wären doch sicher geschmeichelt, wenn man sie Head of Verbal Communications nennt.

Fühlt sich eine Hausfrau wirklich besser mit ihrem Leben und ihrem Alltag, wenn sie den Stempel „Domestic Engineer“ aufgedrückt bekommt? Ist es Wertschätzung, wenn der Lehrer zum Knowledge Navigator wird? Heute müssen wir anscheinend alle Engineers, Managers und –ologen für irgendwas sein, am besten so schön englisch versaubeutelt, dass ja keiner mehr kapiert, was man eigentlich so beruflich macht und einem das beeindruckte „Ooooh“ des Gegenübers bei der Berufsnennung sicher ist. Petroleum Transfer Engineer statt Tankwart! Foot Health Gain Faciliator statt Fußpfleger! Evironment Improvement Technician statt Putzfrau!

Ja, hallo?? Geht’s noch?? Wer ist bitte auf die bescheuerte Idee verfallen, dass ein Revenue Protection Officer mehr wert ist als ein Fahrkartenkontrolleur und ein Technical Horticultural Maintenance Officer besser ist als der schlichte Gärtner? Sind Sie schonmal einem Space Consultant begegnet, der beleidigt war, wenn Sie ihn ordinär als Immobilienmakler bezeichnet haben? Ohne Mist: Benutzt jemand diese aufpolierten Berufsbezeichnungen? Und ich habe mich schon vom Promenadologen – gibt’s wirklich! – veräppelt gefühlt!

Natürlich will jeder dafür wertgeschätzt werden, was er tut. Aber was ist so schlimm daran, seinen Beruf mit Stolz auszuüben, ohne dass eine Angeber-Bezeichnung darüber stehen muss? Seit wann ist ein Klempner oder Maler weniger wert als jemand mit einem Uniabschluss und einer Hochglanz-Visitenkarte? Muss man sich denn heute wirklich schämen, wenn man „nur eine Lehre“ macht und wirklich schon das Spazierengehen an der Fachhochschule studieren, um unter Zeitgenossen etwas zu gelten?

Manchmal will man sich nur noch an den Kopf fassen. Nö, besser nicht. Dafür gibt es bestimmt irgendwo einen Face Palm Expert, der das studiert hat!

In diesem Sinne, bleiben Sie gesund!
Ihre Nagging Content Managerin Nicole
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