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Nachricht vom 03.02.2021
Region
Bürgerinfo aus den Forstrevieren in der VG Bad Marienberg
Die Waldwirtschaft in Deutschland und speziell im Westerwald ist, nicht zuletzt aufgrund des Klimawandels, in Bewegung geraten. Dies hat selbstverständlich nicht vor den Revieren in der Verbandsgemeinde Bad Marienberg haltgemacht.
Stubben markieren die Rückegassen. Fotos: Fotos: Röder-MoldenhauerBad Marienberg. Was in den heimischen Wäldern passiert, beschäftigt natürlich auch die Mitbürgerinnen und Mitbürger sehr stark. Naturgemäß bestehen dabei immer Unklarheiten und Fragen.

Um Gerüchten und Vorurteilen vorzubeugen und die Bevölkerung bestmöglich zu informieren, haben die Revierförster in der Verbandsgemeinde Bad Marienberg einen kleinen Fragenkatalog (FAQ) zusammengestellt, in dem sie ihre Ansicht über die Lage des Waldes in der Verbandsgemeinde Bad Marienberg schildern und einige der drängendsten Fragen beantworten möchten.

Warum hat man nicht früher auf die Fichte verzichtet?
Waldumbau ist ein langfristiges „Projekt“. Das heißt: man kann nicht von „jetzt auf gleich“ alles ändern. Die Entscheidung für die Fichten, die jetzt ausgefallen sind, wurde vor Generationen im damaligen gesellschaftlichen Kontext gefällt. Im Bereich Forstrevier Bad Marienberg wurden zum Beispiel seit 29 Jahren keine Fichten mehr gepflanzt.

Sind auch andere Baumarten betroffen?
Ja: die trockenen Sommer der Jahre 2018 bis 2020 haben allen Bäumen zugesetzt. Allerdings hat die Trockenheit gemeinsam mit dem Borkenkäfer bei der Fichte den größten sichtbaren und flächigen Schaden hinterlassen. Vor allem unsere Buchen zeigt auch „Absterbetendenzen“. Bis jetzt (Stand Januar 2021) aber noch nicht in dem flächigen Ausmaß.

Warum bleiben einzelne Bäume nach der Nutzung auf der Fläche stehen?
Es handelt sich nicht um Fichten und wir hoffen auf Naturverjüngung. Bei (abgestorbenen) Fichten kann es verschiedene Gründe haben:
- Biotop/ Höhlenbaum
- Baum nicht verwertbar (zum Beispiel zu trocken, zu dünn)
- Baum von Maschine nicht zu erreichen und Aufwand in Kranreichweite zu bringen nicht wirtschaftlich

Warum lässt man die toten Bäume nicht alle stehen?
Holz ist ein wichtiger Rohstoff. Schon jetzt ist die Nachfrage größer als das Angebot. In dem mit einem dichten Wegenetz durchzogenen Wald, der allen offensteht, würden erhebliche Gefahren entstehen (Verkehrssicherung).

Trotz allem liefert die Nutzung der abgestorbenen Wälder noch einen positiven Deckungsbeitrag. Gemeinsam mit der Förderung für die Holzernte vom Land (7 Euro je Festmeter) ein wichtiger finanzieller Grundstock der für den Waldumbau genutzt wird!
So wurden zum Beispiel in 2020 in der VG Bad Marienberg rund 150.000 Festmeter Schadholz genutzt. Damit stehen alleine aus der Förderung des Einschlages über 1.000.000 Euro für die Aufforstung zur Verfügung!

Warum bleiben einzelne "Stümpfe" mit etwa 2 Meter Höhe auf den Flächen stehen?
- Die Befahrung des Bodens richtet - bei aller Sorgfalt - Schäden an. Die Maschinen verdichten die Böden. Diese Schäden müssen auf sogenannten Rückegassen konzentriert bleiben. Da die Schäden dauerhaft sind, sollte auch das Gassennetz dauerhaft sein. Auf den geräumten Flächen wird es in 10 oder 20 Jahren schwierig werden die alten Gassen zu finden. Die „Stubben“ sollen dabei später helfen!

Warum wird das Holz nicht mit der Hand aufgearbeitet und mit Pferden gerückt?
- Um 150.000 Festmeter in einem Jahr aufzuarbeiten, würde man etwa 70 bis 100 Forstwirte brauchen.
- Starkes Holz (> 0,5 Festmeter) kann nicht von einem einzelnen Pferd bewegt werden. Ein Pferd kann nur etwa 5 bis 6 Stunden am Tag eingesetzt werden. Im Westerwald gibt es nur noch eine Handvoll Rückepferde.
- Unabhängig davon, dass weder Personal noch Rückekapazität in annähernd ausreichendem Umfang vorhanden ist, wäre dies auch wirtschaftlich bei den geringen Deckungsbeiträgen nicht möglich.

Warum lässt man sich den Wald nicht selbst „heilen“? (Naturverjüngung)
- Klimaänderungen hat es immer gegeben. Diese verliefen aber über Jahrtausende und die Natur hatte Zeit durch „Einwanderung“ darauf zu reagieren. Klimatisch angepasst wären jetzt Bäume von Rhein und Mosel, die aber auf natürlichem Wege hunderte Jahre brauchen um unsere Höhen zu erreichen. Natürlich verjüngen kann sich nur, was da ist (im Zweifelsfall wieder die Fichte). Die Pflanzung schafft eine Initialzündung und Möglichkeit für spätere natürliche Verjüngung.

Wer entscheidet, was gepflanzt wird?
- Die Förster beraten die Eigentümer (Gemeinden) was möglich ist. Die Entscheidung fällt der Eigentümer mit Beschluss der Einrichtungswerke (zehnjähriger Betriebsplan) oder im Rahmen der jährlichen Wirtschaftspläne.

Warum soll nur Nesterweise und nicht flächig gepflanzt werden?
- Die Verfügbarkeit von geeignetem Pflanzmaterial ist begrenzt. Daher die Idee, lieber auf viel Fläche wenig, als auf wenig Fläche viel zu pflanzen!

Wird auch wieder Nadelholz gepflanzt?
- Wegen der Unsicherheiten, wie sich das Klima entwickelt, ist die Strategie, sich möglichst breit aufzustellen. Dazu gehören auch Nadelhölzer (Tanne, Kiefer, Lärche, Douglasie).
- Die Verlagerung eines Großteils der Niederschläge in die Wintermonate kann von den Laubbäumen (außerhalb der Vegetation) nicht wie von den immergrünen Nadelhölzern genutzt werden.

Sollte man nicht die Bewirtschaftung des Waldes einstellen?
- Wer möchte auf Holzprodukte verzichten?
- Holz ist ein nachwachsender, nachhaltiger, gesuchter Rohstoff. Er kann viele Kunststoffe ersetzen. Im Baubereich beginnt ein Umdenken in Richtung Holzbauweise. Wenn wir auf Waldbewirtschaftung verzichten, wird der Holzhunger in anderen Regionen der Welt mit geringeren oder fehlenden Standards für die Umwelt gedeckt (Osteuropa, Südamerika).

Für weitere Fragen und/oder Anregungen stehen die Förster Ihnen gerne zur Verfügung:

Forstrevier Bad Marienberg: Jochen Panthel jochen.Panthel@wald-rlp.de
Forstrevier Kirburg: Otmar Esper otmar.esper@wald-rlp.de (PM)

 
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