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Nachricht vom 12.05.2020
Kultur
Auf den Schultern von Riesen - Künstler kapern Kunstgeschichte
Die Emmanuel Walderdorff Galerie in Molsberg öffnet ihre Türen wieder dem Publikum und Galerist Emmanuel Walderdorff freuen sich die Ausstellung „Auf den Schultern von Riesen“ zeigen zu können. Die Pop Up Ausstellung war für Stuttgart konzipiert, dort auch schon in den Räumen der Galerie Strzelski aufgebaut, musste aber bedingt durch Corona leider geschlossen werden. Daher hat Walderdorff sich entschlossen, diese Ausstellung nun in seinem Showroom in Molsberg zu zeigen.
Annette Philp. Fotos: Emmanuel WalderdorffMolsberg. Ab heute bis zum 28. Juni ist die Galerie zu besuchen, schauen Sie sich die Ausstellung an, spazieren Sie in den angrenzenden Schlosspark und machen Sie vielleicht noch eine kleine Wanderung auf den nahe gelegenen Blasiusberg. Die Eisheiligen sind vorbei, das schöne Wetter und die kommenden Feiertage laden förmlich zu einem Familienausflug ein. Emmanuel & Theresa Walderdorff freuen sich Sie auf ihrem Hofgut begrüßen zu dürfen.

Fünf Künstler/innen lassen sich auf den Schultern anderer Künstler nieder, um mit deren Werken weiterzuarbeiten, sie neu zu interpretieren und in einen zeitgenössischen Kontext zu stellen. Sie sitzen womöglich ab und zu auf den gleichen Riesen, ihre Ideen sind verwandt, aber ihre Vorgehensweisen und Interpretationen sind ganz unterschiedlich und erlauben eine frische Betrachtung der Meisterwerke der Kunstgeschichte.

Matthias Beckmann, Berlin, deutet in seiner fast 200 Blätter starken Zeichnungsserie „Alte Titel - Neue Bilder“ bekannte Bildtitel um. Er verknüpft sie mit Motiven, die er auf der Straße, in Einkaufspassagen, in Museen und auf Baustellen gefunden hat. Unter dem souveränen Bleistiftstrich Beckmanns entsteht eine Situationskomik, die die Kunstgeschichte humorvoll interpretiert. Zu dieser Serie hat der Kunstverein Münsterland 2015 ein Buch mit Abbildungen und einem Interview des Künstlers herausgegeben.

Joe Børg, Köln, nutzt vorwiegend das barocke Chiaroscuro, um sich selbst in historische Rollen zu begeben. Seine Technik ist dabei so zeitgenössisch wie alchimistisch. Mit Hilfe des Computers setzt er sein Konterfei in Gemälde älterer Meister wie Carl Bloch oder Giacomo Trécourt. Im Anschluss werden die digitalen Collagen mittels eines speziellen Verfahrens auf altes Holz gedruckt und so gekonnt überarbeitet, dass sich der Betrachter vor einem alten Gemälde wähnt. Ein subtiles Spiel mit der Manipulation der Fotografie.

Annette Philp, München, reflektiert in ihren dokumentarischen Filmen den Blick des Betrachters auf die Kunst und bringt historische Gemälde in die Gegenwartsbewegung des Films. In den beiden Filmen zu Antonello da Messinas „Verkündigung“ aus Palermo, eines der ersten in Öl gemalten Bilder der italienischen Malerei und zu Rembrandts Selbstporträt aus dem Kunstmuseum Wien, werden die vorüberziehenden Betrachter selbst zu Porträtierten.

Lennart Rieder, Berlin, nutzt in seiner Malerei bekannte Gemälde als Ausgangspunkt für seine Untersuchungen, wie Malerei funktioniert, welche Strategien angewendet werden, um zu neuen überzeugenden Ergebnissen zu kommen. Gerade die Blumenstilleben von Henri Fantin-Latour haben es ihm wegen ihrer akademischen Malweise angetan. Neu entstehende Arbeiten beziehen sich auf den japanischen Meister Utagawa Hiroshige, von dessen Farbholzschnitten Rieder die ablesbare Flächigkeit der einzelnen Siebe in seine Arbeit aufnimmt.

Philipp Schönborn, München, nimmt sich fotografisch die Epoche der Moderne zum Material, um bekannte Gemälde mit unverkennbaren Stilmerkmalen auf ihre Farben hin zuzuspitzen. Mit einem Minimum an Komposition lässt er aufleuchten, was die Moderne zwischen Jawlensky und Warhol an Kühnheit, Buntheit und Farbempfinden hervorgebracht hat. Er geht den Weg der fotografischen Abstraktion weiter. Seine 2017 begonnene Serie „Farben der Moderne“ führt seine älteren Serien zur Reflexion der Kunst radikal fort.

Besuch nur auf Anmeldung unter info@walderdorff.net oder 06435/5483110. Emmanuel Walderdorff Galerie / Hauptstraße 41 / 56414 Molsberg. www.walderdorff.net.

Der Molsberger Schlosspark entstand um 1785, verwilderte zwischen den Weltkriegen und wurde von 1999 bis 2010 wieder in Stand gesetzt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Mit seinen Blickachsen, Teichen, außergewöhnlichen Baumbestand (darunter sieben Mammutbäume) und dem weiten Blick in das Westerwälder Vorland zählt er zu einer der herausragenden Landschaftsgärten in Rheinland-Pfalz. Gerade jetzt in der Blüte des Rhododendrons ist er ein absoluter Hochgenuss.

Zur Blasiuskapelle laufen Sie vom Fuß des Berges keine 20 Minuten. Oben angekommen haben Sie einen herrlichen Ausblick auf den Westerwald von Molsberg bis nach Limburg. Die Kapelle selber ist ein Kleinod und lädt zu einem kurzen Insichgehen ein. Wer gerne länger geht kann die Wanderroute über die Dornburg und das ewige Eis ausweiten.

Links: pilgern.bistumlimburg.de/beitrag/blasiuskapelle/
www.outdooractive.com/de/route/ wanderung/westerwald/blasiussteig-amwatzenhahn/101964404/ (PM)
   
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