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Nachricht vom 31.03.2016
Region
Löst die Gemeinde Kundert die Probleme der SPD?
Landtags- und Bürgermeisterwahl zeigen viele offene Fragen auf und sorgen für bemerkenswerte Analysen. Sogar der renommierte Spiegel (Heft 13) hat sich mit der Westerwaldgemeinde Kundert und dem dort erzielten Landtagswahlergebnis auseinandergesetzt. Eine Empfehlung an Vizekanzler Siegmar Gabriel zur SPD-Rettung gab es gratis dazu.
Symbolfoto WW-Kurier.Westerwald/Kundert. Der mit Spannung erwartete Ausgang der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz hat der Westerwaldgemeinde Kundert zu überraschender Popularität verholfen. Dort hat die SPD fast 80 Prozent der Stimmen geholt. Das ist absolute Spitze in der kleinen Gemeinde und fiel deshalb dem bedeutenden Magazin auf. Dieses Wahlergebnis wurde sogar als Empfehlung für die Bundes-SPD analysiert und mit der Lösung der parteipolitischen Probleme für die in anderen Bundesländern schwächelnde Sozialdemokratie in Verbindung gebracht.

Wankelmütiges Taktieren und ständige Kurskorrekturen machen es den Wählern der SPD schwer an eine solide und zuverlässige und gerechte Volkspartei zu glauben. Vizekanzler Gabriel musste gerade im Osten der Republik schmerzliche Stimmenverluste hinnehmen. Nicht gerade gut, wenn er eines Tages als Kanzlerkandidat antreten will. Der bundesweite Stimmenverlust der SPD ist vor allen Dingen Folge eines Vertrauensverlustes, analysiert der Spiegel. „Natürlich ist Kundert nicht Deutschland“, so das Blatt weiter und empfiehlt gleichzeitig das Konzept des Kunderter SPD-Ortsvereins mit ihrer Vorsitzenden Renate Gwiss zu übernehmen.

Auch der wiedergewählte Landtagsabgeordnete Hendrik Hering wird im Spiegel erwähnt. „Ich brauche doch keine Trendforscher, die mir erzählen, was die Leute angeblich umtreibt“, sagt Hering: „Ich muss selbst mit den Leuten reden!“ In Kundert erhielt er fast 80 Prozent der Erststimmen, im ganzen Wahlkreis nur rund die Hälfte. Der Spiegel zeigte auch differenzierte Betrachtungsweisen in Grundsatzfragen zwischen Vizekanzler und Landeschefin Malu Dreyer auf. Dann schloss der Spiegel mit einer Empfehlung an die Adresse der Bundes-SPD: „Vielleicht sollte er (Gabriel) mal Renate Gwiss aus der SPD-Hochburg Kundert ins Willy-Brandt-Haus bitten“… Dazu hat die Westerwälderin ihre Zustimmung gegenüber den Journalisten bereits gegeben.

Auch die zeitgleich mit der Landtagswahl eingehenden Ergebnisse zur Wiederwahl des amtierenden Bürgermeisters der Verbandsgemeinde Hachenburg, Peter Klöckner, sind bemerkenswert. In seiner Heimatgemeinde Hachenburg, wo er auch einige Jahre zuvor in Personalunion als Stadtbürgermeister fungierte, erreichte er bei dieser Wahl nur eine Wahlbeteiligung von 68,13 Prozent. Von 4572 Wahlberechtigten zog es nur 3115 Wähler zur Urne. 3055 Wahlberechtigte stimmten mit ja, 861 mit nein. (Es gab keinen Gegenkandidaten).

Während in der Gemeinde Linden (132 Wahlberechtigte) nur 100 Wähler ihre Stimme abgaben und mit 90,82 Prozent für Peter Klöckner stimmten, konnte sich Peter Klöckner in der Gemeinde Heuzert (105 Wahlberechtigte) nur über 63,75 Prozent Jastimmen freuen. Insgesamt gesehen gab es in der VG Hachenburg bei der Bürgermeisterwahl von 19.207 Wahlberechtigten immerhin 13.615 abgegebene Stimmen (70,89 Prozent). 10.653 Jastimmen, 2722 Neinstimmen und 240 ungültige Stimmen. Davon allein in Hachenburg 60mal ein Nein.

Warum wird im Westerwald überhaupt die AfD gewählt? Sind es nur Protestwähler? Im bundesweiten Trend sind die Zahlen der AfD besorgniserregend. Aber wieso gerade in verschiedenen Westerwald-Gemeinden die AfD so gut abschneidet, ist bisher nicht erklärbar. Solange die „Programmlosen“ nur um die zehn Prozent der Stimmen abschöpfen, braucht sich niemand Sorge zu machen. Wenn aber in Niedersayn (VG Wirges) 21,4 Prozent AfD-Wähler auffallen, dann sollten die etablierten Demokraten mal Ursachenforschung betreiben. In den Verbandsgemeinden Montabaur, Verbandsgemeinde Ransbach-Baumbach, und Verbandsgemeinde Bad Marienberg kommen keine Gemeinden an diese 20Prozent-Marke heran. Lediglich Hergenroth (VG Westerburg) ist mit beachtlichen 24,6 Prozent AfD-Stimmen dabei. Lautzenbrücken (VG Bad Marienberg) verzeichnet 21,6 Prozent in diesem Lager. Und in der VG Rennerod gibt es sogar zwei Hochburgen in Elsoff 20,5 Prozent und in Homberg sogar 30,1 Prozent. Die VG Wallmerod hat nur in der Gemeinde Oberahr die 20 Prozent-Marke erreicht. In der VG Selters gibt es in der Statistik für die AfD sogar vier Gemeinden, die die 20-Prozent-Marke erreichen: Goddert 20,8 Prozent, Krümmel 24,6 Prozent, Steinen 22,4 Prozent und Wölferlingen mit 20,8 Prozent. Während es in der Verbandsgemeinde Hachenburg nur in Lochum 19,8 Prozent AfD-Wähler sind, geht die SPD-Hochburg Kundert mit gutem Beispiel voran und dort fallen nur 5,7 Prozent AfD-Wähler ins Gewicht, dem gegenüber aber fast 80 Prozent für den SPD-Landtagskandidaten Hering. repa
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