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Nachricht vom 21.01.2016
Region
Stegskopfgegner: Heiße Angst-Parolen bei Minusgraden
Rund 350 Teilnehmer demonstrierten dieses Mal in Rennerod gegen die Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber auf dem Stegskopf. Was bei der Kundgebung aber klar wurde: Es geht längst nicht mehr nur um Flüchtlinge, sondern um ein tief sitzendes Misstrauen gegen die Regierenden und die Medien.
Rund 350 Gegner der Flüchtlingspolitik kamen auf dem St-Hubertus-Platz in Rennerod zusammen. Fotos: Daniel PirkerRennerod. „Merkel muss weg!“ oder „Asylflut stoppen!“ – das sind nur zwei der Parolen, die lautstark und immer wieder aus der Menschenmasse drangen, die durch die Innenstadt Rennerods am Donnerstagabend bei Eiseskälte zog. Die Gruppierung „Bekenntnis zu Deutschland – Stegskopf wir sagen nein" hatte zur mittlerweile fünften Demonstration gegen die Erstaufnahmeeinrichtung eingeladen. Und rund 350 Teilnehmer waren laut Polizeiangaben gekommen, etwa 200 mehr als bei der Gegenkundgebung zu der Die Linke eingeladen hatte. Deren Teilnehmer hießen die Stegskopf-Kritiker an „Tini’s Blumernladen“ „willkommen“, um ein Zeichen zu setzen. Ein paar Meter weiter hatten sich am kath. Pfarrheim Anhänger der Antifa positioniert, abgeschirmt mit Zäunen. Aus ihren Reihen tönte es in Richtung der Demo zum Beispiel: „Es gibt kein Recht auf Nazi-Propaganda!“ oder auch „Geschissen auf Deutschland!“.

Die Antworten wiederum: „Wir kriegen euch alle!“ oder „Deutschland den Deutschen!“ Tatsächlich blieb es an dem Abend aber bei Wortgefechten über die Wiese hinweg, die die beiden Lager trennte. Wie die Polizei verdeutlicht, verlief der Abend ohne strafbare Handlungen. Über 100 Einsatzkräfte waren angerückt, um einen friedlichen Verlauf der beiden Kundgebungen zu gewährleisten.

Vor dem Spaziergang waren die Stegskopf-Gegner ordentlich angeheizt worden bei den etwa minus acht Grad, die in Rennerod an dem Abend auf dem St.-Hubertus Platz herrschten. Organisator Torsten Frank trat dieses Mal vor allem als Moderator auf. Das Reden übernahmen etwa Uwe Land, der nicht zum ersten Mal in Erscheinung trat. Sein Hauptangriffsziel waren wenig überraschend die sogenannten „Gutmenschen“. Er hob desweiteren seine Solidarität mit Ausländern hervor und unterstrich, dass er für Demokratie und Toleranz sei. Und diese Werte sehen in der Lesart von Land so aus: „Intolerant sind wir nur gegen Intolerante nach dem Grundsatz berechtigter Notwehr.“ Und Demokratie sei kein Freibrief „für jene, die unsere staatliche Grundordnung mit Hilfe illegaler Zuwanderung von Gewaltverbrechern und religiösen Fanatikern zu zerstören versuchen.“

Vor allem Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Bundeskanzlerin Angela Merkel griff der Redner vor diesem Hintergrund an. Er warf Dreyer Komplettversagen und Konzeptlosigkeit vor. Angesichts der aktuellen Debatte rund um das TV-Duell anlässlich der Landtagswahl verstecke sich die „Asyl-Mutti“ vor der Realität, weil sie die AfD ausschließe. Und in Richtung der Merkel-Regierung sagte Land: „Weder die Berliner Terror-Koalition, noch ein Wäller Bündnis für Dummheit und Ignoranz wird uns jemals diktieren, mit wem, wann wir und wo wir Solidarität empfinden.“

Solidarität – daran hängte sich Land im Besonderen auf. So werde diese ganz sicher nicht von „Asyl-Mutti“ Merkel diktiert. Stattdessen lobte Land die „östlichen Nachbarländer“ wie Polen, Ungarn oder Slowenien. Sie hätten sich vorbildlich positioniert im Kampf gegen illegale Masseneinwanderung, gegen Gewalttäter, gegen Vergewaltiger, aber auch gegen das Berliner „Asyl-Regime der Feldherrin Merkel“. Ebenfalls wenig überraschend: Breitseiten gegen die sogenannte „Lügenpresse“. Sie sei der Machtgarant der „herrschenden Klasse“. Lands rhetorische Frage, wie das denn angehen könne – immerhin sei die Pressefreiheit doch gesetzlich verankert – rief lautstarkes Gelächter aus den Reihen der Zuhörer hervor. Im Visier hatte der Redner daraufhin vor allem die SPD. Sie nehme durch verschiedene Medienbeteiligungen politischen Einfluss auf die Berichterstattung. Das zahle sich auch finanziell aus.

Immer wieder wurde Lands Vortrag von Applaus unterbrochen. Den erntete nicht minder Dunja Groos, die ihm folgte. Auch sie griff die „polit-manipulierten“ Medien an, die zuerst wahrheitsfremd über die Ereignisse in Köln während der Silvesternacht berichtet hätten. Als Schuldigen machte Groos zudem die Politik aus:„Was sich da die Polizei auf Geheiß von oben erlauben hat müssen, ist an korrupter Ekelhaftigkeit nicht mehr zu überbieten.“
Gejohle aus den Zuhörerreihen entfachte sie mit ihrer Behauptung, linker Faschismus sei mittlerweile extremer als rechter – werde aber vertuscht und geduldet. Immerhin: Aus der Perspektive von Groos scheint es auch unabhängige Medien zu geben. Dank ihnen werde man täglich über Vergewaltigungen, bewaffnete und unbewaffnete Übergriffe oder Diebstähle informiert.

Mittlerweile sei aus gutem Grund Unwohlsein der Begleiter vieler Frauen, Kinder und ebenso Männer normal – selbst am helllichten Tag. Für die Zukunft zeichnete Groos ein düsteres Bild: In wenigen Jahren werde es kaum noch eine deutsche kulturelle Veranstaltung geben ohne Polizeiaufgebot. Man werde sich dem Terror, der Gewalt und den Invasoren anpassen: „Als Dank für das Wegätzen unserer Kultur werden die ersten Feiertage unserer neuen Religion bekanntgegeben.“ Auch auf etwaige Belastungen für den Steuerzahler ging die Rednerin ein. So bekämen „andere“ Miete, Strom und Wasser geschenkt – und zwar vom Geld des „dummen Steuerzahlers“. Apropos Steuerzahler: Sie seien die „Hennen in einer Legebatterie“. In diesem Zusammenhang sprach sie auch das Geld an, das die Türkei von der EU zur Eindämmung des Flüchtlingsandrangs erhalten soll. „Was hätte man mit den drei Milliarden Euro nicht alles machen können?“, fragte sie rhetorisch – und gab gleich einen Verwendungsvorschlag zum Besten. So sei von dem Geld noch ein Grenzzaun „drin gewesen“.

Nach der Demonstration ging es dann in die gleiche Stoßrichtung weiter. Wieder war „Ed der Holländer“ alias Edwin Utrecht alias Edwin Wagensveld am Start. Der Waffenhändler aus Bastheim ist mittlerweile kein Unbekannter auf Pegida-Kundgebungen. Im Zentrum seiner Rede standen die Vorkommnisse der Silvesternacht in Köln. An die Adresse der Bundeskanzlerin sagte „Ed“: „Du hättest das verhindern können, wenn du das gewollt hättest.“ Denn Merkel habe die Grenzen weit offen stehen gelassen und trage deshalb eine Mitschuld an den Vergewaltigungen. Dafür müsse sie sich entschuldigen bei den Opfern. Und sicher, es gebe tatsächlich „echte Kriegsflüchtlinge, die Hilfe brauchen“. Aber anscheinend gilt dies aus Sicht des Holländers nicht für die Mehrheit der Asylbegehrenden. Viele von ihnen seien weder hochqualifiziert, noch könnten sie schreiben oder hätten Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Stattdessen handele es sich um junge Männer. Feiglinge seien sie, die ihre Frauen, Mutter und Kinder, im Stich gelassen hätten, mit dem Risiko, dass diese vergewaltigt oder ermordet werden.

Die Konsequenz für „Ed“ heißt schlicht: „Zuwanderung bringt nur Probleme. Und sie wird von Generation zu Generation schlimmer.“

Im Weiteren wurde er grundsätzlicher: Es sei Zeit, den „Tumor Islam“ aus der Gesellschaft zu entfernen. Denn Integration könne nicht mit dieser Religion funktionieren. So sagte er weiter: „Moscheen und Koranschulen, und was diese Ideologie verbreiten hilft, sollten verboten werden.“ Wie Groos sieht auch „Ed“ keine rosige Zukunft. Er äußerte die Befürchtung, dass „das Volk irgendwann selbst das Recht in die Hand nimmt.“ Deshalb forderte er die Politik zum Dialog auf mit Bewegungen wie die der Stegskopfgegner.

Und offensichtlich kam es zu genau diesem auf der jüngsten Info-Veranstaltung zur Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge auf dem Stegskopf in Bad Marienberg. Aber die Auseinandersetzung lief wohl nicht im Sinne von Uwe Land, der zum Schluss der Kundgebung abermals ans Rednerpult trat. So seien die Auseinandersetzungen, die auf dem Stegskopf kurz vor Weihnachten stattgefunden hatten, gar nicht erst angesprochen worden. Außerdem hatte Land laut eigener Aussage auf der Infoveranstaltung seine Einschätzung zum Zustand der Flüchtlinge erläutert. Diejenigen, die er in Bad Marienberg sehe, scheinen seiner Meinung nach fit zu sein, so dass sie ein Gewehr halten könnten. Weiter stellte er vor dem Hintergrund des Bundeswehreinsatzes in Syrien fest: „Wie kann das sein, dass junge, erwachsene Männer hier oben im Bett liegen, betreut und bespaßt werden und in der Muckibude sitzen – von Geld, wo wir für arbeiten?“

In vier Wochen wird eine weitere Kundgebung der Gruppierung „Bekenntnis zu Deutschland – Stegskopf wir sagen nein" stattfinden, wie Organisator Torsten Frank abschließend vor dem Anstimmen der Nationalhymne erklärte. (ddp)
       
   
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