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Nachricht vom 18.10.2015
Region
Bürgermeister in Bad Marienberg und Rennerod sind sauer
Es gibt eine gemeinsame Stellungnahme des Bürgermeisters der Verbandsgemeinde Bad Marienberg, Jürgen Schmidt, und des Bürgermeisters der Verbandsgemeinde Rennerod, Gerrit Müller, zur geplanten Einrichtung einer Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (AfA) des Landes Rheinland Pfalz im Lager Stegskopf des ehemaligen Truppenübungsplatzes Daaden.
Nur in Daaden gab es Informationsveranstaltung. Foto: Archiv AK-KurierBad Marienberg/Daaden. Emotionen und Sorgen kochen hoch, wenn es um die geplante Erstaufnahmeeinrichtung auf dem Stegskopf geht. Da sind die Vorbereitungen in vollem Gange. Die Politik der Landesregierung zum Thema bezüglich mangelnder Informationen steht auch in der Kritik der benachbarten Verbandsgemeinden Bad Marienberg und Rennerod.

Die Redaktion der Kuriere erreichte die gemeinsame Stellungnahme der Bürgermeister der Verbandsgemeinden Bad Marienberg und Rennerod, die wir ungekürzt veröffentlichen:

"Die vom Land Rheinland-Pfalz beabsichtigte Einrichtung der AfA Stegskopf wird aufgrund der Lage des Areals auch spürbare Auswirkungen auf die beiden unmittelbar benachbarten Verbandsgemeinden Bad Marienberg und Rennerod haben. Auch wenn das Lager Stegskopf in Emmerzhausen (Verbandsgemeinde Herdorf-Daaden) liegt, sind aus den beiden Anrainer-Verbandsgemeinden insbesondere die Ortsgemeinden Hof, Langenbach bei Kirburg und Lautzenbrücken (Verbandsgemeinde Bad Marienberg) und die Ortsgemeinden Stein-Neukirch und Liebenscheid (Verbandsgemeinde Rennerod) berührt. Denn der ehemalige Truppenübungsplatz erstreckt sich auch in großen Teilen auf deren Gemarkungen.

Bei den vom Land beabsichtigten Belegungsdimensionen von zunächst bis zu 3.000 Personen und der anvisierten Ausrichtung der Infrastruktur auf dem Stegskopf für 5.000 Personen wird die Erstaufnahmeeinrichtung in beide Verbandsgemeinden und wegen der Einkaufs-/Freizeit-/Versorgungsmöglichkeiten auch in die Städte Bad Marienberg sowie Rennerod hineinwirken.

Vor diesem Hintergrund haben sich die Verantwortlichen in beiden Verbandsgemeinden, die Ortsbürgermeister/-innen und die Mitglieder der kommunalen Gremien mit dieser für unsere Region nachhaltigen Veränderung durch die AfA-Einrichtung befasst. Dabei sind wir Bürgermeister in Abstimmung mit unseren Räten sowie zusätzlich der ausdrücklichen Unterstützung der Ortsbürgermeister/-innen beauftragt, die Position der betroffenen Kommunen zu dieser Frage öffentlich darzustellen.

Grundsätzliche Einigkeit besteht auch in unseren Verbandsgemeinden, dass die aktuelle Flüchtlingssituation nur durch Zusammenwirken aller Beteiligten in Bund, Land und Kommune zu stemmen ist. Das heißt auch, dass wir Flüchtlinge in unseren Kommunen aufnehmen und uns auch nicht gegen die Erstaufnahmeeinrichtung wehren. Im Fall Stegskopf macht es Sinn, hilfebedürftige Personen in den dort leerstehenden Häusern unterzubringen, bevor sie in widrigen Umständen in Zelten leben müssen. Dafür hat der Stegskopf bereits in der Vergangenheit, z.B. bei der Unterbringung von Flüchtlingen aus der ehemaligen DDR, gedient.

Bei aller Solidarität und allem Unterstützungswillen in unseren Verbands- und Ortsgemeinden darf die Einrichtung der AfA aber nicht zu einer Überlastung der Region und der hiesigen Möglichkeiten führen. Daher sagen wir „JA“ zur Hilfe, fordern aber nachdrücklich - im Einklang mit der Verbandsgemeinde Herdorf-Daaden - eine Belegungsbegrenzung in der künftigen AfA Stegskopf auf eine Größe von maximal 1.500 Personen. Alles andere, was darüber hinausgeht, halten wir für unsere Gemeinden für nicht verkraftbar. Schon allein aufgrund der geographisch abgeschiedenen Lage des Lagers Stegskopf sowie der angrenzenden kleineren Gemeinden - ohne oder mit nur geringer Versorgungsinfrastruktur - wird es bei einer Personenzahl über 1.500 zu einer Überforderung der Anrainer-Region kommen.

Dabei ist zu beachten, dass 1.500 Menschen auf dem Stegskopf schon die Einwohnerzahl jeder einzelnen Nachbargemeinde des Areals übersteigt. Größenordnungen von bis zu 5.000 Menschen liegen zwischen den Einwohnerzahlen der Städte Rennerod (rund 4.200 Einwohner) und Bad Marienberg (rund 5.800). Dies allein verdeutlicht die gewaltigen Dimensionen und die damit verbundenen Auswirkungen. Dabei ist auch zu beachten, dass der ehemalige Truppenübungsplatz in Teilen mit Kampfmitteln belastet und gesperrt ist. Es gibt deswegen derzeit keine direkten fußläufigen Verbindungen in die Nachbargemeinden in unseren Verbandsgemeinden.

Nicht zuletzt ist es für einen geregelten Ablauf der AfA und das soziale Miteinander dort in der abgelegenen, eingegrenzten Lage des Stegskopf auch zur Vermeidung von sozialen Spannungen unserer Erachtens unerlässlich, die vorgenannte Begrenzung auf 1.500 Personen vorzunehmen.

Nicht nur bei der Informationsveranstaltung in Daaden, sondern auch in vielen Gesprächen mit den Bürgern/-innen und kommunalen Verantwortlichen vor Ort spüren wir zudem, dass es viele Bedenken, Ängste sowie offene Fragen in der Bevölkerung gibt. Der Informationsfluss und die Transparenz von Seiten des Landes zu uns Anrainer-Kommunen waren demgegenüber bisher nur sehr gering bis gar nicht vorhanden. Eine Einbindung im Vorfeld der Entscheidung hat nicht stattgefunden. Daher fordern wir auch für den Bereich unserer Verbandsgemeinden einen engeren Dialog sowie gesonderte Informationsveranstaltungen über die Erstaufnahmeeinrichtung Stegskopf. Die Bürger/-innen in unseren Verbandsgemeinden sollten auch umfassend informiert werden.

Aufgrund der unvermeidlichen Belastungen durch die Erstaufnahmeeinrichtung in unsere Verbandsgemeinden Rennerod und Bad Marienberg hinein, die sich durch die geographische Grenzlage des Stegskopf besonders stark auswirkt, fordern wir das Land zudem auf, unsere Kommunen bei der weiteren Zuteilung von Asylbewerbern nachhaltig zu entlasten. Eine solche Erleichterung muss aufgrund der Ausnahmesituation im Bereich Stegskopf neben der Sitz-Verbandsgemeinde Herdorf-Daaden auch uns unmittelbar betroffenen Anrainer-Verbandsgemeinden zugestanden werden.

Wir fordern das zuständige Integrationsministerium auf, unser Vorbringen aufzugreifen und zeitnah in den Dialog mit uns zu treten. Hierzu betonen wir unsere Gesprächsbereitschaft, aber auch den gemeinsamen Willen, unseren berechtigten Forderungen Geltung zu verschaffen." Soweit die Pressemitteilung beider Bürgermeister.

Anmerkung der Redaktion: Nun hat aber bereits eine eher eigenwillige Facebook-Seite zur Demo und zum Widerstand gegen die Einrichtung aufgerufen. Schaut man sich die Initiatoren dieser Seite etwas genauer an gelangt man zur Erkenntnis, das sie mit dem Westerwald nichts zu tun haben, sondern einer rechts-radikalen Szene mit holländischen Wurzeln entstammen. Und ausgerechnet da postet eine Ministerin "Gefällt mir!". Warum auch immer - aber es steht nun mal da!

Nur zu gut sind die Neo-Nazi Umtriebe des Jahres 2014 im Bereich Unnau im Gedächtnis. Der Westerwald braucht das eigentlich nicht. Was die Region braucht: Eine Informationspolitik aller zuständigen Behörden über die Kreis- und VG-Grenzen hinweg. Ebenso muss man die Menschen, die hilfsbereit sind und zudem noch klug und menschlich denken und handeln, mitnehmen auf dem Weg der einer Region und einem ganzen Land bevorsteht. Mit einer Versammlung im Kreis Altenkirchen ist es nicht getan.

Wie derzeit unserer Redaktion bekannt ist, wird es am Donnerstag, 22. Oktober eine genehmigte Demonstration gegen die Aufnahmeeinrichtung in Bad Marienberg geben. Auch eine Gegendemonstration ist geplant. Wir werden berichten. Helga Wienand-Schmidt
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