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Nachricht vom 06.07.2015
Kultur
Perlen des Barock in Neunkirchen
Zu einem hochkarätigen Konzert mit Solisten, Chor und Orchester luden die „Capella Weilburgensis vocalis“ und die Kammersolisten Minsk am vergangenen Samstag in die evangelische Johanneskirche nach Neunkirchen ein.
Orchester in der evangelischen Johanniskirche Neunkirchen. Fotos: privat.Neunkirchen. Die Musik des Barock ist feingliedrig angelegt. Viele kleinere Melodiefiguren werden zu einem klar strukturierten Klangteppich verwoben, der – musikalisch betrachtet – in sehr unterschiedliche Richtungen gewendet werden kann wie jetzt bei dem Konzert mit dem Chor „Capella Weilburgensis voaclis“ und den Kammersolisten Minsk zu erleben war. „Perlen des Barock“ lautete der Titel der Soiree in der evangelischen Johanneskirche, die ihrerseits ein Schatzkästchen ist. Der schlicht ausgestattete, helle Innenraum offenbart eine angenehme Akustik. Keine Schnörkel lenken den Ton ab oder zerstreuen Gedanken. Werke, die hier musiziert werden, berühren den Zuhörer unmittelbar.

Etwa bei Henry Purcells im Hochbarock entstandener „Chaconne“ in g-Moll, einem zarten Orchesterwerk mit Streichern und Truhenorgel. Hier befinden sich die Instrumente zunächst in einem prägnanten Dialog, der immer inniger zu werden scheint und sich schließlich zu einer Stimme vereinigt. Präsentiert wurde dieses Werk von großartig aufspielenden Solisten, herrlich intonierenden hohen und tiefen Streichern und dem Organisten Dmitri Subow, dem Leiter der aus Weißrussland angereisten Kammersolisten, der sich ungemein einfühlsam in diese Musik versenkte.

Ebenfalls mit fürstlicher Opulenz dargeboten wurde Johann Sebastian Bachs fünftes Brandenburgisches Konzert, das der Komponist zu Beginn des 18ten Jahrhunderts dem Markgrafen Christian Ludwig von Brandenburg widmete. Dieses für Cembalo-Solo (Dmitri Subow) und Orchester konzipierte Werk zeigt ein bemerkenswertes, ausgezeichnet ausgewogenes Miteinander von Solist und Ensemble, das darüber hinaus der Traversflöte eine besonders exponierte Position einräumt. Dieser warme Klang des Holzblasinstruments entfaltete eine den Raum sanft einhüllende Harmonie, die auch noch so rasante Sprünge und energische Passagen weich auffing und damit dem fulminanten Finale am Ende des dritten Satzes zusätzlichen Glanz verlieh. Das fünfte Brandenburgische Konzert gehört zu den Höhepunkten barocker Musik. Wer diese Interpretation in der Johanneskirche hörte, kann das nachempfinden.

Als weiteres Orchesterstück hatten die Kammersolisten Minsk Georg Friedrich Händels wundervolle Suite aus der Oper „Alcina“ vorbereitet. Die Oper erzählt die Geschichte einer Zauberin, die einen christlichen Ritter verführt. Der vergisst über diese Affäre seine ritterlichen Pflichten, droht ins Elend zu stürzen und wird schließlich durch einen Gegenzauber doch gerettet. Musikalisch unterlegt klingt dieser Stoff so mitreißend, dass man die emotionale Wellenbewegung des Ritters im eigenen Inneren zu spüren meint - etwa bei der virtuosen Flöten-Passage der Sarabande und mehr noch beim kraftvollen Ringen der „Songes funestre“ und „Songes agréable“, das in ein spannendes, dennoch wohldosiertes „Combat“ beider Strömungen mündet.

Diesen Instrumentalstücken gegenüber gestellt waren Werke für Orchester und Gesang etwa die zunächst ruhige, sich ins freudig Bewegte steigernde Bach-Kantate „Ich habe genug“ (BWV 82), die Sopranistin und Chorleiterin Doris Hagel ausdrucksstark präsentierte. Ebenso expressiv geriet auch das geistliche Konzert „De profundis clamavi“ von Nikolaus Bruhns für Solo-Bass, zwei Violinen und Basso Continuo. Mit wunderbar warmem Timbre gelang dem Bariton Bernard Weese diese in lateinischer Sprache vorgetragene Vertonung des 130. Psalms, „Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir“.

Auch das geistliche Konzert für Soli, Chor und Orchester, „Hemmet eure Thränenflut“, wurde von Nikolaus Bruhns geschaffen. Der von Doris Hagel geleitete prächtige, wenngleich kleine Chor „Capella Weilburgensis vocalis“ präsentierte sich hier mit einer großartigen Altistin Ute Schäfer sowie mit Peter Kertesz (Tenor) und Andreas Schneider (Bass). Ansprechend nuanciert und mit beeindruckender Klang-Varianz lieferte die Sänger ein berückendes Werk.

Der Höhepunkt des Konzerts war indes die eher selten zu hörende Kantate „Mein Freund ist mein“ des Komponisten und Organisten Georg Böhm. Dieses klar strukturierte Werk, dessen Sing-Partien durch Instrumental-Passagen gegliedert werden, bewies die auch mehrstimmig voluminöse Klangtiefe des Chores, die präzise austarierten Solo-Stimmen von Sopran (Doris Hagel), Alt (Ute Schäfer), Tenor (Peter Kertesz) und Bass (Andreas Schneider) sowie die atemberaubende Virtuosität der Kammersolisten Minsk. Anken Bohnhorst-Vollmer
   
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