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Nachricht vom 05.11.2014
Region
Zeitwertkonten als Alternative diskutiert
Die Oktoberveranstaltung der regionalen Gruppe Südwestfalen/LDK-Nord/Westerwald des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) beschäftigte sich mit Arbeitszeitmodellen und deren Vorteilen für Unternehmen und Mitarbeiter in seinem „BVMW Meeting Mittelstand“.
Von links: Dr. jur. Thomas Haßlöcher, netvisory GmbH, Frankfurt, Christoph Lindenschmidt, Lindenschmidt KG und Rainer Jung vom BVMW. Foto: prKrombach. Rainer Jung, Bezirksgeschäftsführer des Verbandes begrüßte zu dem Thema „Zeitwertkonten – nützlich für die Unternehmen, gut für die Mitarbeiter“ eine große Gruppe interessierter Mittelständler diesmal bei der Lindenschmidt KG in Krombach.

Dessen Geschäftsführer Christoph Lindenschmidt hieß die heimischen Unternehmer im Informationszentrum willkommen und überraschte sie mit dem interessanten Bericht über den in der dritten Generation geführten Entsorger für kontaminierte Stoffe und seine über 50-jährige Firmengeschichte. Rainer Jung kritisierte eingangs die bisweilen unflexiblen, bürokratischen Regelungen der Tarifverträge und die arbeitsrechtlichen Einschränkungen. Sie stünden der Flexibilität notwendiger, intelligenter und vor allem langfristiger (Lebens-) Arbeitszeitregelungen gerade dem Mittelstand im Wege.

Als Referent zum Thema stellte der Geschäftsführer der Frankfurter netvisory GmbH, Dr. jur. Thomas Haßlöcher, sein System der Zeitwertkonten als wichtige Ergänzung zur Altersversorgung dar. Bei dem durch den demografischen Wandel bestehenden Umbruch in der Arbeitswelt muss für ihn statt der bisherigen, starren Regelungen zum Renteneintritt eine Regelung über die Lebensarbeitszeit her. Er nennt „Zeitwertkonten ein Muss für jedes Unternehmen, da sie ein Gewinn für Mitarbeiter, Unternehmen und Staat gleichermaßen sind“.
Mit dem Gießkannen-Prinzip der „Nahles-Rente“, der Mütterrente und der abschlagsfreien Rente ab 63 Jahren sieht Dr. Haßlöcher die Bundesregierung auf dem falschen Weg. Gebraucht wird nach seinen Worten eine flexibilisierte Arbeitswelt mit einer dynamischen Finanzierung der veränderten Bedürfnisse. Flexibel muss sie einerseits im Sinne der Unternehmen in Bezug auf Auftragsspitzen und Auftragsdellen und andererseits für Mitarbeiter auf deren individuelle Bedürfnisse und Lebensphasen bezogen sein. Dies hat weiterhin für den Arbeitgeber den Vorteil, dass sein Unternehmen attraktiver wird und
Krankenstände der alternden Mitarbeiter gesenkt werden.

Das Plus für die Mitarbeiter ist, dass sie auf Wunsch frühzeitiger in Teilzeitarbeit und ohne Rentenabzüge in Rente gehen und/oder (z. B. für die Pflege von Angehörigen) zwischenzeitlich eine Auszeit nehmen können. Wenn durch die demografische Entwicklung die Zahl der unter 60-jährigen fällt und die der über 80-jährigen rapide steigt, hilft für den Juristen kein Wegschauen. Für ihn heißen stattdessen die Kitas von morgen Pflegeheime. Und natürlich: längere Lebensarbeitszeit – sofern nicht frühzeitig vorgesorgt wird.
Während sich bei Ausstieg aus dem Berufsleben mit 63 statt 67 Jahren ein Abschlag von 0,3 Prozent/Monat errechnet, kann dies mit einem Zeitwertkonto z. B. ohne Verluste doch realisiert werden. Also heißt es, die eigene „Flexrente“ oder eine „Pflegeauszeit“ zu planen. Anhand von Beispielen erklärte Dr. Haßlöcher, wie dies etwa über Gehaltsrückstellungen sowie Verrechnung von Überstunden und/oder Urlaub mittels einer, für alle Beteiligten transparenten, webbasierten Plattform, geschehen kann.

„Zeitwertkonten“, so abschließend der Jurist, „sind besser als jede privat finanzierte Auszeit, denn mit einem Zeitwertkonto erhalten Mitarbeiter nicht nur Gehalt ohne zu arbeiten, sie zahlen auch weiter in die betriebliche Altersvorsorge und Rentenkasse ein und bleiben zudem krankenversichert. Dieser Vorteil kann mit keiner Anlage als Rendite erwirtschaftet werden“.
Nach einem Imbiss endete das Unternehmertreffen mit der Bus-Rundfahrt über das mehr als 100.000 Quadratmer große Unternehmensgelände. Die Unternehmer lernten dabei den Weg der Abfälle von deren Eingang über die Trennung sowie die Wiederverwertung und Teilentsorgung kennen. Daneben nutzen die Unternehmer mit vielen kollegialen Gesprächen das Treffen zur Erweiterung und Vertiefung ihres Unternehmernetzwerkes.

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