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Nachricht vom 27.01.2014
Region
Ausbilden und damit die Zukunft sichern
Interview mit Heike Strack, der Chefin der Arbeitsagentur in Montabaur. Jugendliche sollen sich vor dem Start ins Berufsleben früh und gründlich informieren, rät die Arbeitsagentur. Für das kommende Ausbildungsjahr gibt es im Westerwaldkreis noch 850 Ausbildungsplätze.
Heike Strack im Interview. Foto: ArbeitsagenturMontabaur. Fachkräftebedarf und demografischer Wandel sind vorherrschende Themen auch in unserer Region. Das bedeutet doch „goldene Zeiten“ für junge Leute, die eine Ausbildung machen wollen?

Ihre Chancen sind tatsächlich von Jahr zu Jahr gewachsen – rein quantitativ betrachtet. Einerseits schmelzen die Schulabgängerzahlen, andererseits nähern sich immer mehr qualifizierte Kräfte dem Rentenalter. Bei der Bilanz des Ausbildungsjahres 2012/13 haben wir festgestellt, dass es zum Stichtag 30. September 2013 im Agenturbezirk Montabaur mehr offene Lehrstellen als unversorgte Bewerber gab. Die heimischen Betriebe haben zunehmend Mühe, geeigneten Nachwuchs zu finden. Das heißt im Umkehrschluss aber nicht, dass aus Bewerbersicht alles perfekt wäre. Angebot und Nachfrage passen aus vielen Gründen nicht wie Puzzleteile ineinander. Und das wird immer so sein.

Den Betrieben muss daran gelegen sein, sich das knappe Potenzial zu sichern. Was ist hier die beste Strategie?

Ganz wichtig ist, die Akquise so früh wie möglich zu beginnen, um aus einem möglichst großen Bewerberpool schöpfen zu können. Ich weiß, dass die Azubi-Suche aufreibend und manchmal frustrierend sein kann. Aber es wäre fatal, zu resignieren und keine Lehrlinge einzustellen. Nichts sichert die Zukunft eines Unternehmens nachhaltiger als der Nachwuchs, den man sich selbst heranzieht. Bei der Rekrutierung und Auswahl von Auszubildenden bieten wir den Betrieben fachliche Hilfe durch unseren Arbeitgeberservice. Wir ermuntern auch, den Blick auf vermeintlich schwächere Kandidaten zu richten. Die Erfahrung lehrt: Zeugnisnoten haben nur eine bedingte Aussagekraft, und mancher Jugendliche, der sich durch die Schule gequält hat, blüht in der Praxis und im betrieblichen Alltag auf.

Was raten Sie jungen Leuten auf Lehrstellensuche?

Das oberste Gebot lautet: Orientieren Sie sich zeitig. Dabei können Sie auf unsere Berufsberater zählen. Jede Schülerin und jeder Schüler kommt mit ihnen in Kontakt, denn sie besuchen alle Vorentlassklassen. Darüber hinaus können Einzelgespräche vereinbart werden – gerne auch mit den Eltern. Riesige Infopools bieten unser Berufsinformationszentrum und unsere Internetseiten. Der gesamte Service ist übrigens kostenlos.

Gibt es denn noch Stellen für das neue Ausbildungsjahr, das nach den Sommerferien beginnt?

Jede Menge. Wenn ich die Zahlen für unseren Agenturbezirk mit seinen beiden Landkreisen nenne, stoße ich immer wieder auf Erstaunen: Derzeit sind für den Westerwaldkreis etwa 850 Ausbildungsplätze veröffentlicht, für den Rhein-Lahn-Kreis etwa 500.

Wo sehen Sie Schwierigkeiten?

Ein großes Problem unserer Region ist die ländliche Struktur mit schlechten ÖPNV-Verbindungen. Sie können vor allem für Bewerber, die noch nicht volljährig sind, zur unüberwindbaren Hürde werden. Wie soll das 16jährige Mädchen aus Hachenburg zu einer Firma nach Höhr-Grenzhausen kommen, die die ersehnte Lehrstelle anbietet und die junge Frau gerne einstellen würde?

Auf einem anderen Blatt steht, dass manche Berufe Jugendlichen nicht reizvoll erscheinen. Viel zu wenige wollen zum Beispiel Bäcker oder Fleischer werden. Im Hotel- und Gaststättengewerbe schrecken die Arbeitszeiten ab; man möchte nicht am Samstagabend Dienst schieben, während die Clique zusammen feiert. Auch in den Pflegeberufen und im Handwerk klafft eine Lücke zwischen Bedarf und Bewerbern - dabei sprechen wir hier von zwei Branchen mit Zukunft, in denen Berufsstarter die Basis für ein erfolgreiches (Berufs)Leben legen können.

Wie lässt sich gegensteuern und die Situation verbessern?

Zum einen sollten junge Leute nicht gleich abwinken, wenn ihnen ein Berufsbild nicht auf Anhieb passt, sondern sich erst einmal informieren. Manches Vorurteil entpuppt sich als haltlos, und mancher Nachteil lässt sich ausgleichen: So kann es durchaus entspannend sein, nach einer Abendschicht den nächsten Vormittag mit einem Einkaufsbummel zu verbringen, wenn die Läden nicht überfüllt sind. Auf der anderen Seite können Arbeitgeber manches tun, um Interesse an ihrem Unternehmen mit dessen Ausbildungsgängen zu wecken und betrieblichen Nachwuchs zu gewinnen – zum Beispiel durch interne Förderung, attraktive Aufstiegschancen und ein gutes Betriebsklima. Übrigens; wenn es bei allem guten Willen in der Ausbildung hakt, kann die Arbeitsagentur ausbildungsbegleitende Hilfen finanzieren.

Und wie sieht es in der Arbeitsagentur Montabaur in punkto Ausbildung aus?

Selbstverständlich leben wir den Grundsatz, den wir nach außen propagieren: Eigener Nachwuchs legt das Fundament für die Zukunft. Die Arbeitsagentur Montabaur stellt zum 1. September 2014 zwei junge Leute ein, um sie zu Fachangestellten für Arbeitsmarktdienstleistungen auszubilden. Bewerbungen sind herzlich willkommen! Interessenten sollten sich jedoch möglichst schnell melden.

Unter dieser Telefonnummer melden Arbeitgeber ihre Ausbildungsstellen und bekommen Unterstützung bei der Azubi-Suche: 0800 4 5555 20. Junge Leute, die einen Termin für die Berufsberatung und/oder eine Lehrstelle suchen, wählen die 0800 4 5555 00. Beide Servicenummern sind kostenfrei.
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