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Nachricht vom 14.04.2013
Region
Braucht man langfristig noch Förderschulen?
Die SPD-Kreistagsfraktion gibt in einer Pressemitteilung einen Blick auf die Förderschulen im Westerwaldkreis und fragt nach deren Zukunft. Inklusion, das bedeutet Wahlfreiheit für die Eltern behinderter Kinder. Ob Förderschulen, derzeit gibt es acht im Westerwaldkreis, geschlossen werden müssten, hänge von den Eltern ab und der Arbeit der Schwerpunktschulen.
Westerwaldkreis. Eltern behinderter Kinder haben ab dem Schuljahr 2014/2015 die volle Wahlfreiheit: Förderschule oder Integrative Regelschule. Dazu verpflichtet uns die UN-Behindertenrechtskonvention.
Dadurch wird auch im Westerwaldkreis der Bedarf an Plätzen in Förderschulen zurückgehen, der Bedarf an inklusiver Förderung in Regelschulen dagegen zunehmen. Wie wird im Westerwald auf diese große bildungspolitische Herausforderung reagiert? Die Kreisverwaltung hat jetzt auf SPD-Anfrage erstmals dazu Stellung genommen.

Als sozialpolitischer Sprecher der SPD-Kreistagsfraktion hatte Uli Schmidt aus Horbach Landrat Achim Schwickert einen umfassenden Fragenkatalog zur inklusiven Bildung auf Kreisebene zugeleitet.
Der Landrat wies zunächst auf ein dichtes Netz von acht Förderschulen hin, die alle als Ganztagsschule betrieben werden. Die Schülerzahl sei mit derzeit 736 stabil und bei den Förderschwerpunkten ganzheitliche und motorische Entwicklung sowie Sprache seien sogar stetige Steigerungen zu verzeichnen.

„Aus meiner Sicht ist diese hohe Akzeptanz der Förderschulen durch die Eltern neben dem pädagogischen Wirken vor Ort auch darauf zurückzuführen, dass der Westerwaldkreis in den vergangenen zwölf Jahren seine Aufgabe als Schulträger sehr ernst genommen hat und diese Einrichtungen systematisch baulich und einrichtungstechnisch optimiert hat“, so die Einschätzung des Kreischefs. Belege dafür seien der Neubau der Schule am Rothenberg in Hachenburg sowie der Berggarten-Schule in Siershahn. Die SPD stimmt dieser positiven Bewertung ausdrücklich zu.

Die Verwaltung äußerte die Hoffnung, dass die gute Ausstattung, die optimalen Klassenmesszahlen und die pädagogische Kompetenz gewichtige Argumente sind, um nicht massenhaft aus der Förderschule zu flüchten. Trotzdem ist die Frage berechtigt, ob durch das freie Elternwahlrecht Förderschulstandorte mittelfristig gefährdet sind. „Beim Förderschwerpunkt Lernen bleibt abzuwarten“, so Schwickert, „ob die Erziehungsberechtigten das Angebot der Inklusion in einem solchen Maße annehmen, dass Schulschließungen notwendig werden“.

Dies hängt natürlich auch davon ab, wie erfolgreich die für die inklusive Bildung zuständigen „Schwerpunktschulen“, wie beispielsweise die Herschbacher Astrid-Lindgren-Schule, künftig arbeiten. „Die Schließung einer guten Förderschule allein ist noch kein Akt der Inklusion, wenn die Regelschule den Kindern mit und ohne Behinderung nicht die Bedingungen für individuell erfolgreiches Lernen bieten kann“, so Uli Schmidt. Trotzdem, so der SPD-Sozialpolitiker, erfordere eine konsequente Inklusion im Sinne der UN-Konvention alle Sondereinrichtungen auch im Bildungsbereich langfristig in Frage zu stellen. Davon seien auch die Förderschulen nicht ausgenommen.

Eine weitere Frage galt dem künftigen Bedarf an Integrationshelferinnen und –helfern an den Regelschulen. Nach Auskunft der Kreisverwaltung werden derzeit für 41 Schülerinnen und Schüler Integrationshilfen im Rahmen der Sozial- und Jugendhilfe bereitgestellt. Die Tendenz sei eindeutig steigend.

Der Landrat äußerte in diesem Zusammenhang die Hoffnung, die inklusive Schulpolitik dürfe finanziell nicht allein zu Lasten der Kommune gehen.

Schmidt stellt abschließend fest: „Die Erwartungen an die inklusive Schule sind so groß wie die erkennbaren Schwierigkeiten. Wir müssen in den kommenden Jahren Erfahrungen sammeln und die Weichen dann richtig, also inklusiv, stellen“, heißt es in der Pressemitteilung.
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